durch die Erwärmung zu schliessen, überzeugte mich jedoch später, dass diese Erscheinung durch Elektrolyse der Glasmasse herbeigeführt wurde.
Es ist bereits durch die Untersuchungen von Buff und Beetz festgestellt, dass das Glas schon bei geringen Erhitzungen leitend wird. Die Ladungsströme mussten daher scheinbar grösser werden, da das Galvanometer gleichzeitig die Stärke des durch das Glas gehenden Stromes angab. Die Entladungsströme mussten dagegen durch Leitung der Glasmasse geschwächt werden, da die Ladung sich nicht allein durch das Galvanometer, sondern auch noch durch die Glasmasse hindurch ausgleichen konnte. Die beobachtete grosse Verstärkung der Entladungsströme scheint daher nur in der elektrolytischen Ausscheidung von metallischem Kalium oder Natrium an der als negative Anode auftretenden Belegung gesucht werden zu können. Ein ganz ähnliches Ver- halten zeigte geschmolzenes Kochsalz und andere elektrolytische Salze. Es traten auch bei diesen sehr kräftige Polarisationser- scheinungen auf, die noch fortdauerten, als die Salzmasse schon wieder ganz erstarrt war, und erst aufhörten, als sie vollstän- dig abgekühlt war. Hartes Kaliglas begann bei etwa 40 °C. schon leitend zu werden. Weiches weisses Natronglas noch viel früher. Ich fand bei einer solchen Glasplatte sogar bis -- 5° geringe Abnahme der Entladungsablenkung der Nadel. Bei Glimmerplatten war die Erwärmung ganz ohne Einfluss auf die Ladung, und die Isolirung blieb auch bei der grössten an- wendbaren Erhitzung noch vollkommen. Dagegen erhielt Gutta- percha schon durch geringe Erwärmung eine beträchtliche Leitungsfähigkeit. Als ich einen mit Guttapercha bekleideten Kupferdraht von 5 dm Länge bis auf die freistehenden Enden in ein Gefäss mit kaltem Wasser tauchte, zeigte er sich voll- kommen isolirt. Tauchte ich ihn dagegen in Wasser, welches etwa 40 °C. warm war, so zeigte das Galvanometer kurz darauf eine Ablenkung von 6°, welche gänzlich wieder verschwand, wenn das warme Wasser wieder durch kaltes ersetzt wurde. Die Vergrösserung der Ladungsströme war dagegen hier sehr viel schwächer, wie bei erwärmten Glastafeln, was sich dadurch erklärt, dass Kalium und Natrium viel höher in der elektrischen Spannungsreihe stehen wie Wasserstoff.
durch die Erwärmung zu schliessen, überzeugte mich jedoch später, dass diese Erscheinung durch Elektrolyse der Glasmasse herbeigeführt wurde.
Es ist bereits durch die Untersuchungen von Buff und Beetz festgestellt, dass das Glas schon bei geringen Erhitzungen leitend wird. Die Ladungsströme mussten daher scheinbar grösser werden, da das Galvanometer gleichzeitig die Stärke des durch das Glas gehenden Stromes angab. Die Entladungsströme mussten dagegen durch Leitung der Glasmasse geschwächt werden, da die Ladung sich nicht allein durch das Galvanometer, sondern auch noch durch die Glasmasse hindurch ausgleichen konnte. Die beobachtete grosse Verstärkung der Entladungsströme scheint daher nur in der elektrolytischen Ausscheidung von metallischem Kalium oder Natrium an der als negative Anode auftretenden Belegung gesucht werden zu können. Ein ganz ähnliches Ver- halten zeigte geschmolzenes Kochsalz und andere elektrolytische Salze. Es traten auch bei diesen sehr kräftige Polarisationser- scheinungen auf, die noch fortdauerten, als die Salzmasse schon wieder ganz erstarrt war, und erst aufhörten, als sie vollstän- dig abgekühlt war. Hartes Kaliglas begann bei etwa 40 °C. schon leitend zu werden. Weiches weisses Natronglas noch viel früher. Ich fand bei einer solchen Glasplatte sogar bis — 5° geringe Abnahme der Entladungsablenkung der Nadel. Bei Glimmerplatten war die Erwärmung ganz ohne Einfluss auf die Ladung, und die Isolirung blieb auch bei der grössten an- wendbaren Erhitzung noch vollkommen. Dagegen erhielt Gutta- percha schon durch geringe Erwärmung eine beträchtliche Leitungsfähigkeit. Als ich einen mit Guttapercha bekleideten Kupferdraht von 5 dm Länge bis auf die freistehenden Enden in ein Gefäss mit kaltem Wasser tauchte, zeigte er sich voll- kommen isolirt. Tauchte ich ihn dagegen in Wasser, welches etwa 40 °C. warm war, so zeigte das Galvanometer kurz darauf eine Ablenkung von 6°, welche gänzlich wieder verschwand, wenn das warme Wasser wieder durch kaltes ersetzt wurde. Die Vergrösserung der Ladungsströme war dagegen hier sehr viel schwächer, wie bei erwärmten Glastafeln, was sich dadurch erklärt, dass Kalium und Natrium viel höher in der elektrischen Spannungsreihe stehen wie Wasserstoff.
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durch die Erwärmung zu schliessen, überzeugte mich jedoch
später, dass diese Erscheinung durch Elektrolyse der Glasmasse
herbeigeführt wurde.
Es ist bereits durch die Untersuchungen von Buff und Beetz
festgestellt, dass das Glas schon bei geringen Erhitzungen leitend
wird. Die Ladungsströme mussten daher scheinbar grösser
werden, da das Galvanometer gleichzeitig die Stärke des durch
das Glas gehenden Stromes angab. Die Entladungsströme mussten
dagegen durch Leitung der Glasmasse geschwächt werden, da
die Ladung sich nicht allein durch das Galvanometer, sondern
auch noch durch die Glasmasse hindurch ausgleichen konnte.
Die beobachtete grosse Verstärkung der Entladungsströme scheint
daher nur in der elektrolytischen Ausscheidung von metallischem
Kalium oder Natrium an der als negative Anode auftretenden
Belegung gesucht werden zu können. Ein ganz ähnliches Ver-
halten zeigte geschmolzenes Kochsalz und andere elektrolytische
Salze. Es traten auch bei diesen sehr kräftige Polarisationser-
scheinungen auf, die noch fortdauerten, als die Salzmasse schon
wieder ganz erstarrt war, und erst aufhörten, als sie vollstän-
dig abgekühlt war. Hartes Kaliglas begann bei etwa 40 °C.
schon leitend zu werden. Weiches weisses Natronglas noch
viel früher. Ich fand bei einer solchen Glasplatte sogar bis
— 5° geringe Abnahme der Entladungsablenkung der Nadel.
Bei Glimmerplatten war die Erwärmung ganz ohne Einfluss auf
die Ladung, und die Isolirung blieb auch bei der grössten an-
wendbaren Erhitzung noch vollkommen. Dagegen erhielt Gutta-
percha schon durch geringe Erwärmung eine beträchtliche
Leitungsfähigkeit. Als ich einen mit Guttapercha bekleideten
Kupferdraht von 5 dm Länge bis auf die freistehenden Enden
in ein Gefäss mit kaltem Wasser tauchte, zeigte er sich voll-
kommen isolirt. Tauchte ich ihn dagegen in Wasser, welches
etwa 40 °C. warm war, so zeigte das Galvanometer kurz darauf
eine Ablenkung von 6°, welche gänzlich wieder verschwand,
wenn das warme Wasser wieder durch kaltes ersetzt wurde.
Die Vergrösserung der Ladungsströme war dagegen hier sehr
viel schwächer, wie bei erwärmten Glastafeln, was sich dadurch
erklärt, dass Kalium und Natrium viel höher in der elektrischen
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/190>, abgerufen am 25.11.2024.
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