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Siegmeyer, Johann Gottlieb: Theorie der Tonsetzkunst. Berlin, 1822.

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[Musik]
so könnten noch sehr viel Beispiele angeführt werden, auf welche Weise die Harmonie
melodisch zergliedert werden kann, wenn es der Raum gestattete.

Es muß überhaupt der Einsicht des Componisten überlassen bleiben, auf welche
Weise er seine Melodie rhythmisch zusammensetzen will; eine gute Symetrie wird er
aber doch beobachten müssen, denn heterogene Formen können nur bizarre Wirkung thun.

VI. Da ich die Symetrie der rhythmischen Formen erwähnt habe, die mit dem
Versbau der Poesie zu vergleichen ist, so wage ich es, sie so viel wie möglich deutlich
zu machen.

Mehrere rhythmische Formen machen einen Satz aus, den man mit der ersten Zeile
eines Gedichts vergleichen kann, worüber schon zu Anfange dieses Kapitel etwas er-
wähnt ist. Es wird ihm darauf ein ähnlicher, gewöhnlich von gleicher Länge entgegen-
gesetzt. Beide Sätze machen eine Periode oder einen Vers von zwei Zeilen aus, der ei-
nen vollständigen Sinn hat und metrisch richtig ist. Nachstehendes Beispiel wird dies
deutlicher machen:

[Musik]


S


[Musik]
ſo koͤnnten noch ſehr viel Beiſpiele angefuͤhrt werden, auf welche Weiſe die Harmonie
melodiſch zergliedert werden kann, wenn es der Raum geſtattete.

Es muß uͤberhaupt der Einſicht des Componiſten uͤberlaſſen bleiben, auf welche
Weiſe er ſeine Melodie rhythmiſch zuſammenſetzen will; eine gute Symetrie wird er
aber doch beobachten muͤſſen, denn heterogene Formen koͤnnen nur bizarre Wirkung thun.

VI. Da ich die Symetrie der rhythmiſchen Formen erwaͤhnt habe, die mit dem
Versbau der Poeſie zu vergleichen iſt, ſo wage ich es, ſie ſo viel wie moͤglich deutlich
zu machen.

Mehrere rhythmiſche Formen machen einen Satz aus, den man mit der erſten Zeile
eines Gedichts vergleichen kann, woruͤber ſchon zu Anfange dieſes Kapitel etwas er-
waͤhnt iſt. Es wird ihm darauf ein aͤhnlicher, gewoͤhnlich von gleicher Laͤnge entgegen-
geſetzt. Beide Saͤtze machen eine Periode oder einen Vers von zwei Zeilen aus, der ei-
nen vollſtaͤndigen Sinn hat und metriſch richtig iſt. Nachſtehendes Beiſpiel wird dies
deutlicher machen:

[Musik]


S
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[137/0155] [Abbildung] ſo koͤnnten noch ſehr viel Beiſpiele angefuͤhrt werden, auf welche Weiſe die Harmonie melodiſch zergliedert werden kann, wenn es der Raum geſtattete. Es muß uͤberhaupt der Einſicht des Componiſten uͤberlaſſen bleiben, auf welche Weiſe er ſeine Melodie rhythmiſch zuſammenſetzen will; eine gute Symetrie wird er aber doch beobachten muͤſſen, denn heterogene Formen koͤnnen nur bizarre Wirkung thun. VI. Da ich die Symetrie der rhythmiſchen Formen erwaͤhnt habe, die mit dem Versbau der Poeſie zu vergleichen iſt, ſo wage ich es, ſie ſo viel wie moͤglich deutlich zu machen. Mehrere rhythmiſche Formen machen einen Satz aus, den man mit der erſten Zeile eines Gedichts vergleichen kann, woruͤber ſchon zu Anfange dieſes Kapitel etwas er- waͤhnt iſt. Es wird ihm darauf ein aͤhnlicher, gewoͤhnlich von gleicher Laͤnge entgegen- geſetzt. Beide Saͤtze machen eine Periode oder einen Vers von zwei Zeilen aus, der ei- nen vollſtaͤndigen Sinn hat und metriſch richtig iſt. Nachſtehendes Beiſpiel wird dies deutlicher machen: [Abbildung] S

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Zitationshilfe: Siegmeyer, Johann Gottlieb: Theorie der Tonsetzkunst. Berlin, 1822, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegmeyer_tonsetzkunst_1822/155>, abgerufen am 08.05.2024.