Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.

Bild:
<< vorherige Seite
Das III. Capitel
Rath zu suchen/ und darff sie niemand darumb bitten/ sie kom-
men wol von sich selbst. Welche Frauen aber erträgliches Krei-
sten haben/ bedürffen solcher Fürsorge nicht. Doch ist es aber
besser sich wol vorzusehen/ als so sicher zu gehen. Es geschiehet
manchmahl/ daß eine Frau drey und mehr Kinder glücklich hat/
es kombt doch hernach was hartes über sie. Ich rathe dir
noch einmahl/ suche in Zeiten den Mutter-Mund/ damit
du wissen mögest/ ob die Frucht auch gewiß recht stehet.
Christ. Was sol ich verstehen durch das Suchen in
Zeiten/ es trifft sich/ daß manche Frau wunderlich ist/ und
sich nicht gerne angreiffen lassen wil/ bis die größte Noth
vorhanden.
Just. Vor der Zeit die Frau zu quälen ist unnöthig/ wie
es denn auch keine geschehen lassen wird ohne Kreisten; Aber
wenn Kreisten und Schmertzen vorhanden/ so warte auch nicht
zu lange/ es seyen rechte oder unrechte Wehen/ weil du sie wirst
durch den Angriff unterscheiden/ und Nachricht geben können/
was dabey zuthun ist. Solte es aber eine wunderliche Frau
treffen/ die sich bey ankommender Angst nicht wolte anrühren lassen/
so stehet es bey ihr/ auff Glück und Unglück zu warten/ und
darff hernach nicht schreyen über die Wehe-Mutter/ wenn was
unglückliches folget. Wem nicht zu rathen/ dem ist auch nicht
zuhelffen. Es fänget eine Frau nicht leicht an zu Kreisten ohne et-
was eröffnetem Mutter-Munde/ (wie bereits im ersten Capitel
gemeldet/) und ist diese Oeffnung auch bey den allerschweresten
Kreisterinnen im Anfange des Kreistens doch so viel/ daß man mit
zwey Fingern gar wol zu ihnen kommen kan/ es wäre denn eine
Erstlinge/ wie oben gedacht/ oder eine Weh-Mutter mit gar zu
ungeschickten Fingern/ die auch nicht gut seyn.
Christ. Wenn ich nun Oeffnung finde/ wie erfahre
ich/ ob das Kindrecht mit dem Kopffe zur Geburt kommt/
oder ob sichs wo damit angesetzet hat?
Just.
Das III. Capitel
Rath zu ſuchen/ und darff ſie niemand darumb bitten/ ſie kom-
men wol von ſich ſelbſt. Welche Frauen aber ertraͤgliches Krei-
ſten haben/ beduͤrffen ſolcher Fuͤrſorge nicht. Doch iſt es aber
beſſer ſich wol vorzuſehen/ als ſo ſicher zu gehen. Es geſchiehet
manchmahl/ daß eine Frau drey und mehr Kinder gluͤcklich hat/
es kombt doch hernach was hartes uͤber ſie. Ich rathe dir
noch einmahl/ ſuche in Zeiten den Mutter-Mund/ damit
du wiſſen moͤgeſt/ ob die Frucht auch gewiß recht ſtehet.
Chriſt. Was ſol ich verſtehen durch das Suchen in
Zeiten/ es trifft ſich/ daß manche Frau wunderlich iſt/ und
ſich nicht gerne angreiffen laſſen wil/ bis die groͤßte Noth
vorhanden.
Juſt. Vor der Zeit die Frau zu quaͤlen iſt unnoͤthig/ wie
es denn auch keine geſchehen laſſen wird ohne Kreiſten; Aber
wenn Kreiſten und Schmertzen vorhanden/ ſo warte auch nicht
zu lange/ es ſeyen rechte oder unrechte Wehen/ weil du ſie wirſt
durch den Angriff unterſcheiden/ und Nachricht geben koͤnnen/
was dabey zuthun iſt. Solte es aber eine wunderliche Frau
treffen/ die ſich bey ankom̃ender Angſt nicht wolte anruͤhren laſſen/
ſo ſtehet es bey ihr/ auff Gluͤck und Ungluͤck zu warten/ und
darff hernach nicht ſchreyen uͤber die Wehe-Mutter/ wenn was
ungluͤckliches folget. Wem nicht zu rathen/ dem iſt auch nicht
zuhelffen. Es faͤnget eine Frau nicht leicht an zu Kreiſten ohne et-
was eroͤffnetem Mutter-Munde/ (wie bereits im erſten Capitel
gemeldet/) und iſt dieſe Oeffnung auch bey den allerſchwereſten
Kreiſterinnen im Anfange des Kreiſtens doch ſo viel/ daß man mit
zwey Fingern gar wol zu ihnen kommen kan/ es waͤre denn eine
Erſtlinge/ wie oben gedacht/ oder eine Weh-Mutter mit gar zu
ungeſchickten Fingern/ die auch nicht gut ſeyn.
Chriſt. Wenn ich nun Oeffnung finde/ wie erfahre
ich/ ob das Kindrecht mit dem Kopffe zur Geburt kom̃t/
oder ob ſichs wo damit angeſetzet hat?
Juſt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#just">
            <p><pb facs="#f0091" n="26"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Das</hi><hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#fr">Capitel</hi></fw><lb/>
Rath zu &#x017F;uchen/ und darff &#x017F;ie niemand darumb bitten/ &#x017F;ie kom-<lb/>
men wol von &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t. Welche Frauen aber ertra&#x0364;gliches Krei-<lb/>
&#x017F;ten haben/ bedu&#x0364;rffen &#x017F;olcher Fu&#x0364;r&#x017F;orge nicht. Doch i&#x017F;t es aber<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ich wol vorzu&#x017F;ehen/ als &#x017F;o &#x017F;icher zu gehen. Es ge&#x017F;chiehet<lb/>
manchmahl/ daß eine Frau drey und mehr Kinder glu&#x0364;cklich hat/<lb/>
es kombt doch hernach was hartes u&#x0364;ber &#x017F;ie. <hi rendition="#fr">Ich rathe dir<lb/>
noch einmahl/ &#x017F;uche in Zeiten den Mutter-Mund/ damit<lb/>
du wi&#x017F;&#x017F;en mo&#x0364;ge&#x017F;t/ ob die Frucht auch gewiß recht &#x017F;tehet.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#christ">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Chri&#x017F;t.</hi> </speaker>
            <p> <hi rendition="#fr">Was &#x017F;ol ich ver&#x017F;tehen durch das Suchen in<lb/>
Zeiten/ es trifft &#x017F;ich/ daß manche Frau wunderlich i&#x017F;t/ und<lb/>
&#x017F;ich nicht gerne angreiffen la&#x017F;&#x017F;en wil/ bis die gro&#x0364;ßte Noth<lb/>
vorhanden.</hi> </p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#just">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Ju&#x017F;t.</hi> </speaker>
            <p>Vor der Zeit die Frau zu qua&#x0364;len i&#x017F;t unno&#x0364;thig/ wie<lb/>
es denn auch keine ge&#x017F;chehen la&#x017F;&#x017F;en wird ohne Krei&#x017F;ten; Aber<lb/>
wenn Krei&#x017F;ten und Schmertzen vorhanden/ &#x017F;o warte auch nicht<lb/>
zu lange/ es &#x017F;eyen rechte oder unrechte Wehen/ weil du &#x017F;ie wir&#x017F;t<lb/>
durch den Angriff unter&#x017F;cheiden/ und Nachricht geben ko&#x0364;nnen/<lb/>
was dabey zuthun i&#x017F;t. Solte es aber eine wunderliche Frau<lb/>
treffen/ die &#x017F;ich bey ankom&#x0303;ender Ang&#x017F;t nicht wolte anru&#x0364;hren la&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
&#x017F;o &#x017F;tehet es bey ihr/ auff Glu&#x0364;ck und Unglu&#x0364;ck zu warten/ und<lb/>
darff hernach nicht &#x017F;chreyen u&#x0364;ber die Wehe-Mutter/ wenn was<lb/>
unglu&#x0364;ckliches folget. Wem nicht zu rathen/ dem i&#x017F;t auch nicht<lb/>
zuhelffen. Es fa&#x0364;nget eine Frau nicht leicht an zu Krei&#x017F;ten ohne et-<lb/>
was ero&#x0364;ffnetem Mutter-Munde/ (wie bereits im er&#x017F;ten Capitel<lb/>
gemeldet/) und i&#x017F;t die&#x017F;e Oeffnung auch bey den aller&#x017F;chwere&#x017F;ten<lb/>
Krei&#x017F;terinnen im Anfange des Krei&#x017F;tens doch &#x017F;o viel/ daß man mit<lb/>
zwey Fingern gar wol zu ihnen kommen kan/ es wa&#x0364;re denn eine<lb/>
Er&#x017F;tlinge/ wie oben gedacht/ oder eine Weh-Mutter mit gar zu<lb/>
unge&#x017F;chickten Fingern/ die auch nicht gut &#x017F;eyn.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#christ">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Chri&#x017F;t.</hi> </speaker>
            <p> <hi rendition="#fr">Wenn ich nun Oeffnung finde/ wie erfahre<lb/>
ich/ ob das Kindrecht mit dem Kopffe zur Geburt kom&#x0303;t/<lb/>
oder ob &#x017F;ichs wo damit ange&#x017F;etzet hat?</hi> </p>
          </sp><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Ju&#x017F;t.</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0091] Das III. Capitel Rath zu ſuchen/ und darff ſie niemand darumb bitten/ ſie kom- men wol von ſich ſelbſt. Welche Frauen aber ertraͤgliches Krei- ſten haben/ beduͤrffen ſolcher Fuͤrſorge nicht. Doch iſt es aber beſſer ſich wol vorzuſehen/ als ſo ſicher zu gehen. Es geſchiehet manchmahl/ daß eine Frau drey und mehr Kinder gluͤcklich hat/ es kombt doch hernach was hartes uͤber ſie. Ich rathe dir noch einmahl/ ſuche in Zeiten den Mutter-Mund/ damit du wiſſen moͤgeſt/ ob die Frucht auch gewiß recht ſtehet. Chriſt. Was ſol ich verſtehen durch das Suchen in Zeiten/ es trifft ſich/ daß manche Frau wunderlich iſt/ und ſich nicht gerne angreiffen laſſen wil/ bis die groͤßte Noth vorhanden. Juſt. Vor der Zeit die Frau zu quaͤlen iſt unnoͤthig/ wie es denn auch keine geſchehen laſſen wird ohne Kreiſten; Aber wenn Kreiſten und Schmertzen vorhanden/ ſo warte auch nicht zu lange/ es ſeyen rechte oder unrechte Wehen/ weil du ſie wirſt durch den Angriff unterſcheiden/ und Nachricht geben koͤnnen/ was dabey zuthun iſt. Solte es aber eine wunderliche Frau treffen/ die ſich bey ankom̃ender Angſt nicht wolte anruͤhren laſſen/ ſo ſtehet es bey ihr/ auff Gluͤck und Ungluͤck zu warten/ und darff hernach nicht ſchreyen uͤber die Wehe-Mutter/ wenn was ungluͤckliches folget. Wem nicht zu rathen/ dem iſt auch nicht zuhelffen. Es faͤnget eine Frau nicht leicht an zu Kreiſten ohne et- was eroͤffnetem Mutter-Munde/ (wie bereits im erſten Capitel gemeldet/) und iſt dieſe Oeffnung auch bey den allerſchwereſten Kreiſterinnen im Anfange des Kreiſtens doch ſo viel/ daß man mit zwey Fingern gar wol zu ihnen kommen kan/ es waͤre denn eine Erſtlinge/ wie oben gedacht/ oder eine Weh-Mutter mit gar zu ungeſchickten Fingern/ die auch nicht gut ſeyn. Chriſt. Wenn ich nun Oeffnung finde/ wie erfahre ich/ ob das Kindrecht mit dem Kopffe zur Geburt kom̃t/ oder ob ſichs wo damit angeſetzet hat? Juſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/91
Zitationshilfe: Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/91>, abgerufen am 25.11.2024.