Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.Das II. Capitel wenigste weniger Schmertzen/ glückliche Geburten und ge-sunde Kinder haben. Geschiehet es nun nicht/ so wird die Schuld auff die Weh-Mutter geleget. Es ist mir selbst bey mei- ner vielen Mühe und grossem Fleiß also begegnet. Aber was ist bey solchen unvernünfftigen Leuten mehr zu thun nöhtig/ als Ge- dult und ein gutes Gewissen zu haben. Ich habe mir itzo vor- genommen/ und pflege es auch zu sagen/ wenn mich eine Frau/ die ich zuvor nicht bedienet/ verlanget: Wenn ihr ein rechtes Ver- trauen zu mir habt/ so bin ich euch schuldig Gewissens wegen zu dienen; Aber ihr müsset keine irrige Meinung von mir haben/ daß ihr leichter und glücklicher Geburt haben wollet/ als ihr gehabt/ und GOtt haben wollen. Es geschiehet offters/ daß manche Frau unterschiedene schwere Geburten nacheinander gehabt/ wenn ihr Leib nicht recht geschickt zum gebähren ist/ daß sich die Kinder wegen vieler Ursachen hemmen. Wenn aber solches mit guter Wissenschafft durch Gottes Segen abgewendet wird/ so kommt eine solche Frau freylich leichter davon/ als zuvor gesche- hen. Hingegen geschiehet es auch wol/ daß eine oder die andere Frau fünff/ sechs auch wol mehr glückliche und leichte Geburten gehabt/ und GOtt schicket ihr doch hernach was hartes zu/ daß Sie das Leben drüber lassen muß/ sonderlich bey einer Weh-Mut- ter/ die das Wenden nicht verstehet. Und wenn gleich die Weh- Mutter wenden kan/ dennoch solche unrecht-liegende Kinder das Leben dabey lassen müssen/ und die Frau sehr harte und schwere Geburt hat/ daß Sie ihr Leben kaum zur Ausbeute davon brin- get. Ob mir zwar noch alle Kinder bey den gebährenden Frau- en/ (wiewol eines leichter als das ander) möglich von Mutter- leibe zu bringen gewesen/ und mir also keine Frau mit dem Kinde hat dürffen untergehen/ wenn Sie sich nur regieren lassen wil/ (dafür ich auch dem höchsten Gott dancke) jedennoch kan ich keiner Frauen dafür gut seyn/ wenn GOTT über Sie oder ihr Kind dem Tode gebieten möchte/ daß ich sie retten wolle. GOtt kan die
Das II. Capitel wenigſte weniger Schmertzen/ gluͤckliche Geburten und ge-ſunde Kinder haben. Geſchiehet es nun nicht/ ſo wird die Schuld auff die Weh-Mutter geleget. Es iſt mir ſelbſt bey mei- ner vielen Muͤhe und groſſem Fleiß alſo begegnet. Aber was iſt bey ſolchen unvernuͤnfftigen Leuten mehr zu thun noͤhtig/ als Ge- dult und ein gutes Gewiſſen zu haben. Ich habe mir itzo vor- genommen/ und pflege es auch zu ſagen/ wenn mich eine Frau/ die ich zuvor nicht bedienet/ verlanget: Wenn ihr ein rechtes Ver- trauen zu mir habt/ ſo bin ich euch ſchuldig Gewiſſens wegen zu dienen; Aber ihr muͤſſet keine irrige Meinung von mir haben/ daß ihr leichter und gluͤcklicher Geburt haben wollet/ als ihr gehabt/ und GOtt haben wollen. Es geſchiehet offters/ daß manche Frau unterſchiedene ſchwere Geburten nacheinander gehabt/ wenn ihr Leib nicht recht geſchickt zum gebaͤhren iſt/ daß ſich die Kinder wegen vieler Urſachen hemmen. Wenn aber ſolches mit guter Wiſſenſchafft durch Gottes Segen abgewendet wird/ ſo kommt eine ſolche Frau freylich leichter davon/ als zuvor geſche- hen. Hingegen geſchiehet es auch wol/ daß eine oder die andere Frau fuͤnff/ ſechs auch wol mehr gluͤckliche und leichte Geburten gehabt/ und GOtt ſchicket ihr doch hernach was hartes zu/ daß Sie das Leben druͤber laſſen muß/ ſonderlich bey einer Weh-Mut- ter/ die das Wenden nicht verſtehet. Und wenn gleich die Weh- Mutter wenden kan/ dennoch ſolche unrecht-liegende Kinder das Leben dabey laſſen muͤſſen/ und die Frau ſehr harte und ſchwere Geburt hat/ daß Sie ihr Leben kaum zur Ausbeute davon brin- get. Ob mir zwar noch alle Kinder bey den gebaͤhrenden Frau- en/ (wiewol eines leichter als das ander) moͤglich von Mutter- leibe zu bringen geweſen/ und mir alſo keine Frau mit dem Kinde hat duͤrffen untergehen/ wenn Sie ſich nur regieren laſſen wil/ (dafuͤr ich auch dem hoͤchſten Gott dancke) jedennoch kan ich keiner Frauen dafuͤr gut ſeyn/ wenn GOTT uͤber Sie oder ihr Kind dem Tode gebieten moͤchte/ daß ich ſie retten wolle. GOtt kan die
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Das II. Capitel
wenigſte weniger Schmertzen/ gluͤckliche Geburten und ge-
ſunde Kinder haben. Geſchiehet es nun nicht/ ſo wird die
Schuld auff die Weh-Mutter geleget. Es iſt mir ſelbſt bey mei-
ner vielen Muͤhe und groſſem Fleiß alſo begegnet. Aber was iſt
bey ſolchen unvernuͤnfftigen Leuten mehr zu thun noͤhtig/ als Ge-
dult und ein gutes Gewiſſen zu haben. Ich habe mir itzo vor-
genommen/ und pflege es auch zu ſagen/ wenn mich eine Frau/
die ich zuvor nicht bedienet/ verlanget: Wenn ihr ein rechtes Ver-
trauen zu mir habt/ ſo bin ich euch ſchuldig Gewiſſens wegen zu
dienen; Aber ihr muͤſſet keine irrige Meinung von mir haben/ daß
ihr leichter und gluͤcklicher Geburt haben wollet/ als ihr gehabt/
und GOtt haben wollen. Es geſchiehet offters/ daß manche
Frau unterſchiedene ſchwere Geburten nacheinander gehabt/
wenn ihr Leib nicht recht geſchickt zum gebaͤhren iſt/ daß ſich die
Kinder wegen vieler Urſachen hemmen. Wenn aber ſolches mit
guter Wiſſenſchafft durch Gottes Segen abgewendet wird/ ſo
kommt eine ſolche Frau freylich leichter davon/ als zuvor geſche-
hen. Hingegen geſchiehet es auch wol/ daß eine oder die andere
Frau fuͤnff/ ſechs auch wol mehr gluͤckliche und leichte Geburten
gehabt/ und GOtt ſchicket ihr doch hernach was hartes zu/ daß
Sie das Leben druͤber laſſen muß/ ſonderlich bey einer Weh-Mut-
ter/ die das Wenden nicht verſtehet. Und wenn gleich die Weh-
Mutter wenden kan/ dennoch ſolche unrecht-liegende Kinder das
Leben dabey laſſen muͤſſen/ und die Frau ſehr harte und ſchwere
Geburt hat/ daß Sie ihr Leben kaum zur Ausbeute davon brin-
get. Ob mir zwar noch alle Kinder bey den gebaͤhrenden Frau-
en/ (wiewol eines leichter als das ander) moͤglich von Mutter-
leibe zu bringen geweſen/ und mir alſo keine Frau mit dem Kinde
hat duͤrffen untergehen/ wenn Sie ſich nur regieren laſſen wil/
(dafuͤr ich auch dem hoͤchſten Gott dancke) jedennoch kan ich keiner
Frauen dafuͤr gut ſeyn/ wenn GOTT uͤber Sie oder ihr Kind
dem Tode gebieten moͤchte/ daß ich ſie retten wolle. GOtt kan
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