Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.Das VII. Capitel es nun/ sage ich/ bald zu rücke zu bringen mir angegangen/ sosind die Kinder lebendig und gesund gebohren worden/ ob schon die Geburt etwas hart und schwer erfolget. Hingegen/ wenn solche Nabelschnure langsam und schwer zu erhalten gewesen/ sind die Kinder auch sehr schwach und theils todt kommen/ ob gleich die Geburt nicht all zu schwer gewesen. Als ich nun sol- ches gewahr worden; so habe ich/ so bald es immer möglich/ das Wasser gesprenget/ und dieses Mittel zur Hand genommen/ nehmlich: Ein zart weiches Tüchlein mit Oele beschmieret/ und solches mit einem Spadel in den Leib mit der lincken Hand/ zwischen des Kindes Haupt auf der Seiten/ wo die Nabelschnure vorgeschoben/ vorgestecket/ dadurch sich denn die Nabelschnure halten laßen. Habe ich denn die Zu- rückbleibung des Tüchleins gefürchtet/ (welches doch kein mahl geschehen/)so babe ich einen starcken Faden durch ge- zogen/ welcher mit dem einen Ende vor dem Leibe geblie- ben/ um solches zurück zu bringen. Es ist mir aber nicht nöthig gewesen. So verhütet auch solch frühes/ aber zeitiges Wasserspren- gen/ die Vorschiebung des Händleins über des Kindes Haupt/ welches eben wie mit der Nabelschnure zu geschehen pfleget/ wenn es die Wehe-Mutter gewahr wird/ ehe es die gantze Hand gewinnet. Denn wenn sie das Waßer sprenget/ so findet sie das Händlein bloß/ und läßt sich gar leicht zurück bringen. So bald nun das Händlein weg ist/ so dränget sich der Kopff ein/ und lässet das Händlein nicht mehr herfür kommen; weil dem Kinde das Wasser entgehet/ und die Natur es zur Geburt mit dem Haupte fördert/ welches ich vielmahl bey dergleichen Bege- benheiten versuchet/ darauf auch glückliche Geburten erfolget seyn. Ich hoffe/ du wirst dieser so genanten frühen/ aber doch nö- thigen Wassersprengung bey nachdencklichem Angriffe kundig wer- den. Ich rathe dirnicht/ daß du es unbedachtsam thun sollst/ dich da- mit
Das VII. Capitel es nun/ ſage ich/ bald zu ruͤcke zu bringen mir angegangen/ ſoſind die Kinder lebendig und geſund gebohren worden/ ob ſchon die Geburt etwas hart und ſchwer erfolget. Hingegen/ wenn ſolche Nabelſchnure langſam und ſchwer zu erhalten geweſen/ ſind die Kinder auch ſehr ſchwach und theils todt kommen/ ob gleich die Geburt nicht all zu ſchwer geweſen. Als ich nun ſol- ches gewahr worden; ſo habe ich/ ſo bald es immer moͤglich/ das Waſſer geſprenget/ und dieſes Mittel zur Hand genommen/ nehmlich: Ein zart weiches Tuͤchlein mit Oele beſchmieret/ und ſolches mit einem Spadel in den Leib mit der lincken Hand/ zwiſchen des Kindes Haupt auf der Seiten/ wo die Nabelſchnure vorgeſchoben/ vorgeſtecket/ dadurch ſich denn die Nabelſchnure halten laßen. Habe ich denn die Zu- ruͤckbleibung des Tuͤchleins gefuͤrchtet/ (welches doch kein mahl geſchehen/)ſo babe ich einen ſtarcken Faden durch ge- zogen/ welcher mit dem einen Ende vor dem Leibe geblie- ben/ um ſolches zuruͤck zu bringen. Es iſt mir aber nicht noͤthig geweſen. So verhuͤtet auch ſolch fruͤhes/ aber zeitiges Waſſerſpren- gen/ die Vorſchiebung des Haͤndleins uͤber des Kindes Haupt/ welches eben wie mit der Nabelſchnure zu geſchehen pfleget/ wenn es die Wehe-Mutter gewahr wird/ ehe es die gantze Hand gewinnet. Denn wenn ſie das Waßer ſprenget/ ſo findet ſie das Haͤndlein bloß/ und laͤßt ſich gar leicht zuruͤck bringen. So bald nun das Haͤndlein weg iſt/ ſo draͤnget ſich der Kopff ein/ und laͤſſet das Haͤndlein nicht mehr herfuͤr kommen; weil dem Kinde das Waſſer entgehet/ und die Natur es zur Geburt mit dem Haupte foͤrdert/ welches ich vielmahl bey dergleichen Bege- benheiten verſuchet/ darauf auch gluͤckliche Geburten erfolget ſeyn. Ich hoffe/ du wirſt dieſer ſo genanten fruͤhen/ aber doch noͤ- thigen Waſſerſprengung bey nachdencklichem Angriffe kundig wer- den. Ich rathe dirnicht/ daß du es unbedachtſam thun ſollſt/ dich da- mit
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#just"> <p><pb facs="#f0269" n="142"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Das</hi><hi rendition="#aq">VII.</hi><hi rendition="#fr">Capitel</hi></fw><lb/> es nun/ ſage ich/ bald zu ruͤcke zu bringen mir angegangen/ ſo<lb/> ſind die Kinder lebendig und geſund gebohren worden/ ob ſchon<lb/> die Geburt etwas hart und ſchwer erfolget. Hingegen/ wenn<lb/> ſolche Nabelſchnure langſam und ſchwer zu erhalten geweſen/<lb/> ſind die Kinder auch ſehr ſchwach und theils todt kommen/ ob<lb/> gleich die Geburt nicht all zu ſchwer geweſen. Als ich nun ſol-<lb/> ches gewahr worden; ſo habe ich/ ſo bald es immer moͤglich/ das<lb/> Waſſer geſprenget/ und dieſes Mittel zur Hand genommen/<lb/> nehmlich: <hi rendition="#fr">Ein zart weiches Tuͤchlein mit Oele beſchmieret/<lb/> und ſolches mit einem Spadel in den Leib mit der lincken<lb/> Hand/ zwiſchen des Kindes Haupt auf der Seiten/ wo<lb/> die Nabelſchnure vorgeſchoben/ vorgeſtecket/ dadurch ſich<lb/> denn die Nabelſchnure halten laßen. Habe ich denn die Zu-<lb/> ruͤckbleibung des Tuͤchleins gefuͤrchtet/ (welches doch kein<lb/> mahl geſchehen/)ſo babe ich einen ſtarcken Faden durch ge-<lb/> zogen/ welcher mit dem einen Ende vor dem Leibe geblie-<lb/> ben/ um ſolches zuruͤck zu bringen. Es iſt mir aber nicht<lb/> noͤthig geweſen.</hi></p><lb/> <p>So verhuͤtet auch ſolch fruͤhes/ aber zeitiges Waſſerſpren-<lb/> gen/ die Vorſchiebung des Haͤndleins uͤber des Kindes Haupt/<lb/> welches eben wie mit der Nabelſchnure zu geſchehen pfleget/<lb/> wenn es die Wehe-Mutter gewahr wird/ ehe es die gantze Hand<lb/> gewinnet. Denn wenn ſie das Waßer ſprenget/ ſo findet ſie<lb/> das Haͤndlein bloß/ und laͤßt ſich gar leicht zuruͤck bringen. So<lb/> bald nun das Haͤndlein weg iſt/ ſo draͤnget ſich der Kopff ein/<lb/> und laͤſſet das Haͤndlein nicht mehr herfuͤr kommen; weil dem<lb/> Kinde das Waſſer entgehet/ und die Natur es zur Geburt mit<lb/> dem Haupte foͤrdert/ welches ich vielmahl bey dergleichen Bege-<lb/> benheiten verſuchet/ darauf auch gluͤckliche Geburten erfolget<lb/> ſeyn. Ich hoffe/ du wirſt dieſer ſo genanten fruͤhen/ aber doch noͤ-<lb/> thigen Waſſerſprengung bey nachdencklichem Angriffe kundig wer-<lb/> den. Ich rathe dirnicht/ daß du es unbedachtſam thun ſollſt/ dich da-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [142/0269]
Das VII. Capitel
es nun/ ſage ich/ bald zu ruͤcke zu bringen mir angegangen/ ſo
ſind die Kinder lebendig und geſund gebohren worden/ ob ſchon
die Geburt etwas hart und ſchwer erfolget. Hingegen/ wenn
ſolche Nabelſchnure langſam und ſchwer zu erhalten geweſen/
ſind die Kinder auch ſehr ſchwach und theils todt kommen/ ob
gleich die Geburt nicht all zu ſchwer geweſen. Als ich nun ſol-
ches gewahr worden; ſo habe ich/ ſo bald es immer moͤglich/ das
Waſſer geſprenget/ und dieſes Mittel zur Hand genommen/
nehmlich: Ein zart weiches Tuͤchlein mit Oele beſchmieret/
und ſolches mit einem Spadel in den Leib mit der lincken
Hand/ zwiſchen des Kindes Haupt auf der Seiten/ wo
die Nabelſchnure vorgeſchoben/ vorgeſtecket/ dadurch ſich
denn die Nabelſchnure halten laßen. Habe ich denn die Zu-
ruͤckbleibung des Tuͤchleins gefuͤrchtet/ (welches doch kein
mahl geſchehen/)ſo babe ich einen ſtarcken Faden durch ge-
zogen/ welcher mit dem einen Ende vor dem Leibe geblie-
ben/ um ſolches zuruͤck zu bringen. Es iſt mir aber nicht
noͤthig geweſen.
So verhuͤtet auch ſolch fruͤhes/ aber zeitiges Waſſerſpren-
gen/ die Vorſchiebung des Haͤndleins uͤber des Kindes Haupt/
welches eben wie mit der Nabelſchnure zu geſchehen pfleget/
wenn es die Wehe-Mutter gewahr wird/ ehe es die gantze Hand
gewinnet. Denn wenn ſie das Waßer ſprenget/ ſo findet ſie
das Haͤndlein bloß/ und laͤßt ſich gar leicht zuruͤck bringen. So
bald nun das Haͤndlein weg iſt/ ſo draͤnget ſich der Kopff ein/
und laͤſſet das Haͤndlein nicht mehr herfuͤr kommen; weil dem
Kinde das Waſſer entgehet/ und die Natur es zur Geburt mit
dem Haupte foͤrdert/ welches ich vielmahl bey dergleichen Bege-
benheiten verſuchet/ darauf auch gluͤckliche Geburten erfolget
ſeyn. Ich hoffe/ du wirſt dieſer ſo genanten fruͤhen/ aber doch noͤ-
thigen Waſſerſprengung bey nachdencklichem Angriffe kundig wer-
den. Ich rathe dirnicht/ daß du es unbedachtſam thun ſollſt/ dich da-
mit
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/269 |
Zitationshilfe: | Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/269>, abgerufen am 27.07.2024. |