Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.

Bild:
<< vorherige Seite
Von der Nachgeburt.
ret euch nicht/ GOtt läßt sich nicht spotten. Eben so gedencke ich ü-
ber diese Leute/ welche so übel und unwissend von mir reden/ sie
werden es schwer verantworten müssen. Ich hoffe/ es werde
niemand was unbilliches in meiner gegebenen Lehre finden/ die
ich aus gutem Gemüthe allen Menschen zum Besten/ aus täg-
licher Ubung und möglichstem Fleiße angemercket/ und auf Ver-
langen vieler gottseligen Kreisterinnen/ endlich in den Druck ge-
hen lassen. Der höchste GOtt segne das Werck/ und laße es
zu seinen Ehren und dem Nechsten zum Besten ausschlagen/ so
werden sie mich wieder alle Verläumder vertheidigen/ die
unchristliche und unverantwortliche Meinungen von mir haben/
als wäre meine Hülffe unnatürlich/ und also teufelisch. Ich hof-
fe aber nicht/ daß was unnatürliches oder unchristliches in meiner
vielen und schweren Arbeit wird zu finden und daraus zu schließen
seyn Jedoch muß ich gedencken andas Sprichwort: Besser Neider/
als Mitleider GOtt bekehre alle Sünder/ fördere die Gerechten/
und sey uns allen gnädig! Daß aber alle Wehe-Mütter meh-
rentheils zu rechte kommen und kommen können/ folget nicht aus
ihrer Wissenschafft/ sondern aus GOttes Gnade. Weil Er der
Schöpffer und Erhalter des menschlichen Geschlechts ist; so re-
gieret Er die Geburt ohne alle Vernunfft der Menschen. Die-
weil aber der liebe GOtt auch den Menschen die Vernunfft ge-
geben/ und einem jeden sein Ambt und Beruff aufgeleget/ ei-
nem dis/ dem andern ein anders; So soll der Mensch auch
seinen Beruff wol in acht nehmen/ wil er Christlich leben und
selig sterben/ und sonderlich die Wehe-Mütter/ in dem diese Ar-
beit der Frauen und der Kinder Leib und Leben/ so wol auch
der Frauen Gesundheit anlanget. Darum ist zu beklagen/ daß
wenig Wehe-Mütter seyn/ die es bedencken/ und mehr nicht
wissen/ auch mehr nicht wissen wollen/ als ein Kind zu nehmen/
wenn es ihnen in die Hände fället/ und zu lösen. Um weiter be-
kümmern sie sich auch nicht/ streiten auch wol auf das hefftigste/
daß
Q 3
Von der Nachgeburt.
ret euch nicht/ GOtt laͤßt ſich nicht ſpotten. Eben ſo gedencke ich uͤ-
ber dieſe Leute/ welche ſo uͤbel und unwiſſend von mir reden/ ſie
werden es ſchwer verantworten muͤſſen. Ich hoffe/ es werde
niemand was unbilliches in meiner gegebenen Lehre finden/ die
ich aus gutem Gemuͤthe allen Menſchen zum Beſten/ aus taͤg-
licher Ubung und moͤglichſtem Fleiße angemercket/ und auf Ver-
langen vieler gottſeligen Kreiſterinnen/ endlich in den Druck ge-
hen laſſen. Der hoͤchſte GOtt ſegne das Werck/ und laße es
zu ſeinen Ehren und dem Nechſten zum Beſten ausſchlagen/ ſo
werden ſie mich wieder alle Verlaͤumder vertheidigen/ die
unchriſtliche und unverantwortliche Meinungen von mir haben/
als waͤre meine Huͤlffe unnatuͤrlich/ und alſo teufeliſch. Ich hof-
fe aber nicht/ daß was unnatuͤrliches oder unchriſtliches in meiner
vielen und ſchweren Arbeit wird zu finden und daraus zu ſchließen
ſeyn Jedoch muß ich gedencken andas Sprichwort: Beſſer Neider/
als Mitleider GOtt bekehre alle Suͤnder/ foͤrdere die Gerechten/
und ſey uns allen gnaͤdig! Daß aber alle Wehe-Muͤtter meh-
rentheils zu rechte kommen und kommen koͤnnen/ folget nicht aus
ihrer Wiſſenſchafft/ ſondern aus GOttes Gnade. Weil Er der
Schoͤpffer und Erhalter des menſchlichen Geſchlechts iſt; ſo re-
gieret Er die Geburt ohne alle Vernunfft der Menſchen. Die-
weil aber der liebe GOtt auch den Menſchen die Vernunfft ge-
geben/ und einem jeden ſein Ambt und Beruff aufgeleget/ ei-
nem dis/ dem andern ein anders; So ſoll der Menſch auch
ſeinen Beruff wol in acht nehmen/ wil er Chriſtlich leben und
ſelig ſterben/ und ſonderlich die Wehe-Muͤtter/ in dem dieſe Ar-
beit der Frauen und der Kinder Leib und Leben/ ſo wol auch
der Frauen Geſundheit anlanget. Darum iſt zu beklagen/ daß
wenig Wehe-Muͤtter ſeyn/ die es bedencken/ und mehr nicht
wiſſen/ auch mehr nicht wiſſen wollen/ als ein Kind zu nehmen/
wenn es ihnen in die Haͤnde faͤllet/ und zu loͤſen. Um weiter be-
kuͤmmern ſie ſich auch nicht/ ſtreiten auch wol auf das hefftigſte/
daß
Q 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#just">
            <p><pb facs="#f0252" n="125"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Von der Nachgeburt.</hi></fw><lb/>
ret euch nicht/ GOtt la&#x0364;ßt &#x017F;ich nicht &#x017F;potten. Eben &#x017F;o gedencke ich u&#x0364;-<lb/>
ber die&#x017F;e Leute/ welche &#x017F;o u&#x0364;bel und unwi&#x017F;&#x017F;end von mir reden/ &#x017F;ie<lb/>
werden es &#x017F;chwer verantworten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Ich hoffe/ es werde<lb/>
niemand was unbilliches in meiner gegebenen Lehre finden/ die<lb/>
ich aus gutem Gemu&#x0364;the allen Men&#x017F;chen zum Be&#x017F;ten/ aus ta&#x0364;g-<lb/>
licher Ubung und mo&#x0364;glich&#x017F;tem Fleiße angemercket/ und auf Ver-<lb/>
langen vieler gott&#x017F;eligen Krei&#x017F;terinnen/ endlich in den Druck ge-<lb/>
hen la&#x017F;&#x017F;en. Der ho&#x0364;ch&#x017F;te GOtt &#x017F;egne das Werck/ und laße es<lb/>
zu &#x017F;einen Ehren und dem Nech&#x017F;ten zum Be&#x017F;ten aus&#x017F;chlagen/ &#x017F;o<lb/>
werden &#x017F;ie mich wieder alle Verla&#x0364;umder vertheidigen/ die<lb/>
unchri&#x017F;tliche und unverantwortliche Meinungen von mir haben/<lb/>
als wa&#x0364;re meine Hu&#x0364;lffe unnatu&#x0364;rlich/ und al&#x017F;o teufeli&#x017F;ch. Ich hof-<lb/>
fe aber nicht/ daß was unnatu&#x0364;rliches oder unchri&#x017F;tliches in meiner<lb/>
vielen und &#x017F;chweren Arbeit wird zu finden und daraus zu &#x017F;chließen<lb/>
&#x017F;eyn Jedoch muß ich gedencken andas Sprichwort: Be&#x017F;&#x017F;er Neider/<lb/>
als Mitleider GOtt bekehre alle Su&#x0364;nder/ fo&#x0364;rdere die Gerechten/<lb/>
und &#x017F;ey uns allen gna&#x0364;dig! Daß aber alle Wehe-Mu&#x0364;tter meh-<lb/>
rentheils zu rechte kommen und kommen ko&#x0364;nnen/ folget nicht aus<lb/>
ihrer Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft/ &#x017F;ondern aus GOttes Gnade. Weil Er der<lb/>
Scho&#x0364;pffer und Erhalter des men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;chlechts i&#x017F;t; &#x017F;o re-<lb/>
gieret Er die Geburt ohne alle Vernunfft der Men&#x017F;chen. Die-<lb/>
weil aber der liebe GOtt auch den Men&#x017F;chen die Vernunfft ge-<lb/>
geben/ und einem jeden &#x017F;ein Ambt und Beruff aufgeleget/ ei-<lb/>
nem dis/ dem andern ein anders; So &#x017F;oll der Men&#x017F;ch auch<lb/>
&#x017F;einen Beruff wol in acht nehmen/ wil er Chri&#x017F;tlich leben und<lb/>
&#x017F;elig &#x017F;terben/ und &#x017F;onderlich die Wehe-Mu&#x0364;tter/ in dem die&#x017F;e Ar-<lb/>
beit der Frauen und der Kinder Leib und Leben/ &#x017F;o wol auch<lb/>
der Frauen Ge&#x017F;undheit anlanget. Darum i&#x017F;t zu beklagen/ daß<lb/>
wenig Wehe-Mu&#x0364;tter &#x017F;eyn/ die es bedencken/ und mehr nicht<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en/ auch mehr nicht wi&#x017F;&#x017F;en wollen/ als ein Kind zu nehmen/<lb/>
wenn es ihnen in die Ha&#x0364;nde fa&#x0364;llet/ und zu lo&#x0364;&#x017F;en. Um weiter be-<lb/>
ku&#x0364;mmern &#x017F;ie &#x017F;ich auch nicht/ &#x017F;treiten auch wol auf das hefftig&#x017F;te/<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q 3</fw><fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[125/0252] Von der Nachgeburt. ret euch nicht/ GOtt laͤßt ſich nicht ſpotten. Eben ſo gedencke ich uͤ- ber dieſe Leute/ welche ſo uͤbel und unwiſſend von mir reden/ ſie werden es ſchwer verantworten muͤſſen. Ich hoffe/ es werde niemand was unbilliches in meiner gegebenen Lehre finden/ die ich aus gutem Gemuͤthe allen Menſchen zum Beſten/ aus taͤg- licher Ubung und moͤglichſtem Fleiße angemercket/ und auf Ver- langen vieler gottſeligen Kreiſterinnen/ endlich in den Druck ge- hen laſſen. Der hoͤchſte GOtt ſegne das Werck/ und laße es zu ſeinen Ehren und dem Nechſten zum Beſten ausſchlagen/ ſo werden ſie mich wieder alle Verlaͤumder vertheidigen/ die unchriſtliche und unverantwortliche Meinungen von mir haben/ als waͤre meine Huͤlffe unnatuͤrlich/ und alſo teufeliſch. Ich hof- fe aber nicht/ daß was unnatuͤrliches oder unchriſtliches in meiner vielen und ſchweren Arbeit wird zu finden und daraus zu ſchließen ſeyn Jedoch muß ich gedencken andas Sprichwort: Beſſer Neider/ als Mitleider GOtt bekehre alle Suͤnder/ foͤrdere die Gerechten/ und ſey uns allen gnaͤdig! Daß aber alle Wehe-Muͤtter meh- rentheils zu rechte kommen und kommen koͤnnen/ folget nicht aus ihrer Wiſſenſchafft/ ſondern aus GOttes Gnade. Weil Er der Schoͤpffer und Erhalter des menſchlichen Geſchlechts iſt; ſo re- gieret Er die Geburt ohne alle Vernunfft der Menſchen. Die- weil aber der liebe GOtt auch den Menſchen die Vernunfft ge- geben/ und einem jeden ſein Ambt und Beruff aufgeleget/ ei- nem dis/ dem andern ein anders; So ſoll der Menſch auch ſeinen Beruff wol in acht nehmen/ wil er Chriſtlich leben und ſelig ſterben/ und ſonderlich die Wehe-Muͤtter/ in dem dieſe Ar- beit der Frauen und der Kinder Leib und Leben/ ſo wol auch der Frauen Geſundheit anlanget. Darum iſt zu beklagen/ daß wenig Wehe-Muͤtter ſeyn/ die es bedencken/ und mehr nicht wiſſen/ auch mehr nicht wiſſen wollen/ als ein Kind zu nehmen/ wenn es ihnen in die Haͤnde faͤllet/ und zu loͤſen. Um weiter be- kuͤmmern ſie ſich auch nicht/ ſtreiten auch wol auf das hefftigſte/ daß Q 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/252
Zitationshilfe: Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/252>, abgerufen am 17.05.2024.