Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.Das VI. Capitel verhält es sich denn/ wenn ein jedes Kind in seiner eigenenNachgeburt lieget/ gehet denn die erste Nachgeburt des er- sten Kindes bald dem Kinde nach/ oder bleibet sie zu rü- cke/ bis die Kinder beyde gebohren sind/ ist auch was dabey zu versehen? Just. Es liegen zwar Zwillinge in einer Nachgeburt/ und haben nur ein Netze oder Häutchen zum Unterscheid/ aber doch ein jedes hat sein eigen Wasser/ weiln das Mittel-Häutchen des andern Kindes Wasser beschließen hilfft. Wenn also das erste Kind gebohren ist/ so folget die völlige Wasserblase des andern Kindes/ wie bey angehender Geburt des ersten Kindes/ und muß eben so springen/ es sey viel oder wenig Wasser bey den Kin- dern. Es geschiehet zwar/ daß zwey Kinder in einem Wasser und einer Nachgeburt beysammen liegen/ und kein Netze dar- zwischen ist/ aber sehr selten/ da ich doch viel Zwillingen geholf- fen habe/ alsdenn springet das Wasser nur einmahl/ und fol- gen die Kinder bald eines dem andern nach. So liegen auch viel Zwillinge ein jedes in einer eigenen Nachgeburt/ dabey sprin- get das Wasser auch zweymahl/ als wenn das erste gebohren worden/ so spännet sich das andere Wasser an/ wie das erste/ bis es springet/ wenn es wol in acht genommen und recht tra- ctiret wird; Christ. Du sprichst/ daß die andere Wasserblase bald dem ersten Kinde nachfolget/ wenn das Kind gebohren worden/ und recht tractiret und in acht genommen wird? Wie sol ich denn das rechte tractiren und wol in acht neh- men verstehen? Erkläre mir es doch/ worinnen es be- stehet? Just. Das rechte tractiren bestehet in einem vernünfftigen und gründlichen Angriffe/ der wird dir zeigen/ ob noch ein Kind verhanden ist oder nicht/ und wie es lieget. Der äußerliche An- griff zeiget dir zwar auch/ ob noch ein Kind vorhanden ist/ aber nicht
Das VI. Capitel verhaͤlt es ſich denn/ wenn ein jedes Kind in ſeiner eigenenNachgeburt lieget/ gehet denn die erſte Nachgeburt des er- ſten Kindes bald dem Kinde nach/ oder bleibet ſie zu ruͤ- cke/ bis die Kinder beyde gebohren ſind/ iſt auch was dabey zu verſehen? Juſt. Es liegen zwar Zwillinge in einer Nachgeburt/ und haben nur ein Netze oder Haͤutchen zum Unterſcheid/ aber doch ein jedes hat ſein eigen Waſſer/ weiln das Mittel-Haͤutchen des andern Kindes Waſſer beſchließen hilfft. Wenn alſo das erſte Kind gebohren iſt/ ſo folget die voͤllige Waſſerblaſe des andern Kindes/ wie bey angehender Geburt des erſten Kindes/ und muß eben ſo ſpringen/ es ſey viel oder wenig Waſſer bey den Kin- dern. Es geſchiehet zwar/ daß zwey Kinder in einem Waſſer und einer Nachgeburt beyſammen liegen/ und kein Netze dar- zwiſchen iſt/ aber ſehr ſelten/ da ich doch viel Zwillingen geholf- fen habe/ alsdenn ſpringet das Waſſer nur einmahl/ und fol- gen die Kinder bald eines dem andern nach. So liegen auch viel Zwillinge ein jedes in einer eigenen Nachgeburt/ dabey ſprin- get das Waſſer auch zweymahl/ als wenn das erſte gebohren worden/ ſo ſpaͤnnet ſich das andere Waſſer an/ wie das erſte/ bis es ſpringet/ wenn es wol in acht genommen und recht tra- ctiret wird; Chriſt. Du ſprichſt/ daß die andere Waſſerblaſe bald dem erſten Kinde nachfolget/ wenn das Kind gebohren worden/ und recht tractiret und in acht genommen wird? Wie ſol ich denn das rechte tractiren und wol in acht neh- men verſtehen? Erklaͤre mir es doch/ worinnen es be- ſtehet? Juſt. Das rechte tractiren beſtehet in einem vernuͤnfftigen und gruͤndlichen Angriffe/ der wird dir zeigen/ ob noch ein Kind verhanden iſt oder nicht/ und wie es lieget. Der aͤußerliche An- griff zeiget dir zwar auch/ ob noch ein Kind vorhanden iſt/ aber nicht
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#christ"> <p> <pb facs="#f0247" n="120"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Das</hi> <hi rendition="#aq">VI.</hi> <hi rendition="#fr">Capitel</hi> </fw><lb/> <hi rendition="#fr">verhaͤlt es ſich denn/ wenn ein jedes Kind in ſeiner eigenen<lb/> Nachgeburt lieget/ gehet denn die erſte Nachgeburt des er-<lb/> ſten Kindes bald dem Kinde nach/ oder bleibet ſie zu ruͤ-<lb/> cke/ bis die Kinder beyde gebohren ſind/ iſt auch was dabey<lb/> zu verſehen?</hi> </p> </sp><lb/> <sp who="#just"> <speaker> <hi rendition="#aq">Juſt.</hi> </speaker> <p>Es liegen zwar Zwillinge in einer Nachgeburt/<lb/> und haben nur ein Netze oder Haͤutchen zum Unterſcheid/ aber doch<lb/> ein jedes hat ſein eigen Waſſer/ weiln das Mittel-Haͤutchen des<lb/> andern Kindes Waſſer beſchließen hilfft. Wenn alſo das erſte<lb/> Kind gebohren iſt/ ſo folget die voͤllige Waſſerblaſe des andern<lb/> Kindes/ wie bey angehender Geburt des erſten Kindes/ und<lb/> muß eben ſo ſpringen/ es ſey viel oder wenig Waſſer bey den Kin-<lb/> dern. Es geſchiehet zwar/ daß zwey Kinder in einem Waſſer<lb/> und einer Nachgeburt beyſammen liegen/ und kein Netze dar-<lb/> zwiſchen iſt/ aber ſehr ſelten/ da ich doch viel Zwillingen geholf-<lb/> fen habe/ alsdenn ſpringet das Waſſer nur einmahl/ und fol-<lb/> gen die Kinder bald eines dem andern nach. So liegen auch viel<lb/> Zwillinge ein jedes in einer eigenen Nachgeburt/ dabey ſprin-<lb/> get das Waſſer auch zweymahl/ als wenn das erſte gebohren<lb/> worden/ ſo ſpaͤnnet ſich das andere Waſſer an/ wie das erſte/<lb/> bis es ſpringet/ wenn es wol in acht genommen und recht <hi rendition="#aq">tra-<lb/> ctiret</hi> wird;</p> </sp><lb/> <sp who="#christ"> <speaker> <hi rendition="#aq">Chriſt.</hi> </speaker> <p> <hi rendition="#fr">Du ſprichſt/ daß die andere Waſſerblaſe bald<lb/> dem erſten Kinde nachfolget/ wenn das Kind gebohren<lb/> worden/ und recht</hi> <hi rendition="#aq">tractir</hi> <hi rendition="#fr">et und in acht genommen wird?<lb/> Wie ſol ich denn das rechte</hi> <hi rendition="#aq">tractir</hi> <hi rendition="#fr">en und wol in acht neh-<lb/> men verſtehen? Erklaͤre mir es doch/ worinnen es be-<lb/> ſtehet?</hi> </p> </sp><lb/> <sp who="#just"> <speaker> <hi rendition="#aq">Juſt.</hi> </speaker> <p>Das rechte <hi rendition="#aq">tractir</hi>en beſtehet in einem vernuͤnfftigen<lb/> und gruͤndlichen Angriffe/ der wird dir zeigen/ ob noch ein Kind<lb/> verhanden iſt oder nicht/ und wie es lieget. Der aͤußerliche An-<lb/> griff zeiget dir zwar auch/ ob noch ein Kind vorhanden iſt/ aber<lb/> <fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [120/0247]
Das VI. Capitel
verhaͤlt es ſich denn/ wenn ein jedes Kind in ſeiner eigenen
Nachgeburt lieget/ gehet denn die erſte Nachgeburt des er-
ſten Kindes bald dem Kinde nach/ oder bleibet ſie zu ruͤ-
cke/ bis die Kinder beyde gebohren ſind/ iſt auch was dabey
zu verſehen?
Juſt. Es liegen zwar Zwillinge in einer Nachgeburt/
und haben nur ein Netze oder Haͤutchen zum Unterſcheid/ aber doch
ein jedes hat ſein eigen Waſſer/ weiln das Mittel-Haͤutchen des
andern Kindes Waſſer beſchließen hilfft. Wenn alſo das erſte
Kind gebohren iſt/ ſo folget die voͤllige Waſſerblaſe des andern
Kindes/ wie bey angehender Geburt des erſten Kindes/ und
muß eben ſo ſpringen/ es ſey viel oder wenig Waſſer bey den Kin-
dern. Es geſchiehet zwar/ daß zwey Kinder in einem Waſſer
und einer Nachgeburt beyſammen liegen/ und kein Netze dar-
zwiſchen iſt/ aber ſehr ſelten/ da ich doch viel Zwillingen geholf-
fen habe/ alsdenn ſpringet das Waſſer nur einmahl/ und fol-
gen die Kinder bald eines dem andern nach. So liegen auch viel
Zwillinge ein jedes in einer eigenen Nachgeburt/ dabey ſprin-
get das Waſſer auch zweymahl/ als wenn das erſte gebohren
worden/ ſo ſpaͤnnet ſich das andere Waſſer an/ wie das erſte/
bis es ſpringet/ wenn es wol in acht genommen und recht tra-
ctiret wird;
Chriſt. Du ſprichſt/ daß die andere Waſſerblaſe bald
dem erſten Kinde nachfolget/ wenn das Kind gebohren
worden/ und recht tractiret und in acht genommen wird?
Wie ſol ich denn das rechte tractiren und wol in acht neh-
men verſtehen? Erklaͤre mir es doch/ worinnen es be-
ſtehet?
Juſt. Das rechte tractiren beſtehet in einem vernuͤnfftigen
und gruͤndlichen Angriffe/ der wird dir zeigen/ ob noch ein Kind
verhanden iſt oder nicht/ und wie es lieget. Der aͤußerliche An-
griff zeiget dir zwar auch/ ob noch ein Kind vorhanden iſt/ aber
nicht
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/247 |
Zitationshilfe: | Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/247>, abgerufen am 27.07.2024. |