der dänischen Küste hat sich für Drewsen1) und Kröyer2) die Gelegenheit geboten über die im Mai und Juni vor sich gehenden Wanderungen von vielen Millionen junger Aale aus dem Kattegat in das süsse Wasser Beobachtungen anzustellen.
Es ist auffallend, dass von solchen Einwanderungen der jungen Aale aus der Nord- und Ostsee von deutschen Ichthyologen und Faunisten nirgends eine Erwähnung geschieht, obwohl Aale vom Rhein bis zur Memel in allen Flussgebieten der Nord- und Ostseeküsten Deutschlands angetroffen werden. Um so weniger will ich hier eine Beobachtung unerwähnt lassen, welche Herr Dr. Ehlers aus Hannover mir kürzlich mitgetheilt hat und welche die oben erwähnte Lücke sehr gut auszufüllen im Stande ist, indem sich dieselbe auf das Einwandern von Aalbrut in die Elbe bezicht. Da Herr Ehlers selbst Augenzeuge einer solchen Aalwanderung war, möge er mir gestatten, die von ihm beobachtete Erscheinung mit seinen eigenen Worten, wie hier folgt, mitzutheilen. "Die Angaben, welche ich über eine beobachtete Wanderung junger Aale geben kann, basiren auf einer Beobachtung, die gleichzeitig mit mir von vielen Augenzeugen constatirt wurde. Schriftliche Aufzeichnungen wurden damals nicht gemacht, und kann ich leider über die Zeit und sonstige Verhältnisse keine so genauen Angaben machen, wie sie wünschenswerth wären. Die ganze Erscheinung steht aber, da sie eine so wunderbare war und so lange beobachtet werden konnte, mir lebhaft noch vor der Seele. Es war vor ungefähr zehn Jahren, im Dorf Drennhausen, Amts Wiesen, im Kö- nigreich Hannover, als wir eines Morgens Ende Juni oder Anfang Juli auf den dort unmittelbar an die Elbe stossenden Deich tretend sahen, dass sich am ganzen Ufer entlang ein dunkler Streif fortbewegte. Wie für die Bewohner der dortigen Elbmarsch alles, was sich auf und in der Elbe ereignet, von In- teresse ist, so zog auch diese Erscheinung sofort die Aufmerksamkeit auf sich und es ergab sich, dass dieser dunkle Streif von einer unzähligen Menge jun- ger Aale gebildet wurde, die dicht aneinandergedrängt an der Oberfläche des Flusses stromaufwärts zogen und sich dabei stets so nahe und unmittel- bar am Ufer hielten, dass sie alle Krümmungen und Ausbuchtungen desselben mitmachten. Die Breite dieses aus Fischen gebildeten Streifens mochte an der Stelle, wo er beobachtet wurde und wo die Elbe eine bedeutende Tiefe hatte, etwa einen Fuss breit sein, wie gross die Mächtigkeit desselben nach unten sei, wurde nicht beobachtet. So dicht gedrängt aber schwammen hier die jungen Aale, dass man bei jedem Zuge, den man mit einem Gefässe durch's Wasser that, eine grosse Menge der Fische erhielt, und diese für die Anwohner der Elbe insoweit lästig wurden, als sie, so lange der Zug der
1) S. dessen Beobachtung: Om de unge Aals Vandringer, in Kröyer's Naturhistorisk Tidskrift. Bd. I. 1837. pag. 21.
2) Ebenda. pag. 24.
Familie: Muraenoidei.
der dänischen Küste hat sich für Drewsen1) und Krøyer2) die Gelegenheit geboten über die im Mai und Juni vor sich gehenden Wanderungen von vielen Millionen junger Aale aus dem Kattegat in das süsse Wasser Beobachtungen anzustellen.
Es ist auffallend, dass von solchen Einwanderungen der jungen Aale aus der Nord- und Ostsee von deutschen Ichthyologen und Faunisten nirgends eine Erwähnung geschieht, obwohl Aale vom Rhein bis zur Memel in allen Flussgebieten der Nord- und Ostseeküsten Deutschlands angetroffen werden. Um so weniger will ich hier eine Beobachtung unerwähnt lassen, welche Herr Dr. Ehlers aus Hannover mir kürzlich mitgetheilt hat und welche die oben erwähnte Lücke sehr gut auszufüllen im Stande ist, indem sich dieselbe auf das Einwandern von Aalbrut in die Elbe bezicht. Da Herr Ehlers selbst Augenzeuge einer solchen Aalwanderung war, möge er mir gestatten, die von ihm beobachtete Erscheinung mit seinen eigenen Worten, wie hier folgt, mitzutheilen. »Die Angaben, welche ich über eine beobachtete Wanderung junger Aale geben kann, basiren auf einer Beobachtung, die gleichzeitig mit mir von vielen Augenzeugen constatirt wurde. Schriftliche Aufzeichnungen wurden damals nicht gemacht, und kann ich leider über die Zeit und sonstige Verhältnisse keine so genauen Angaben machen, wie sie wünschenswerth wären. Die ganze Erscheinung steht aber, da sie eine so wunderbare war und so lange beobachtet werden konnte, mir lebhaft noch vor der Seele. Es war vor ungefähr zehn Jahren, im Dorf Drennhausen, Amts Wiesen, im Kö- nigreich Hannover, als wir eines Morgens Ende Juni oder Anfang Juli auf den dort unmittelbar an die Elbe stossenden Deich tretend sahen, dass sich am ganzen Ufer entlang ein dunkler Streif fortbewegte. Wie für die Bewohner der dortigen Elbmarsch alles, was sich auf und in der Elbe ereignet, von In- teresse ist, so zog auch diese Erscheinung sofort die Aufmerksamkeit auf sich und es ergab sich, dass dieser dunkle Streif von einer unzähligen Menge jun- ger Aale gebildet wurde, die dicht aneinandergedrängt an der Oberfläche des Flusses stromaufwärts zogen und sich dabei stets so nahe und unmittel- bar am Ufer hielten, dass sie alle Krümmungen und Ausbuchtungen desselben mitmachten. Die Breite dieses aus Fischen gebildeten Streifens mochte an der Stelle, wo er beobachtet wurde und wo die Elbe eine bedeutende Tiefe hatte, etwa einen Fuss breit sein, wie gross die Mächtigkeit desselben nach unten sei, wurde nicht beobachtet. So dicht gedrängt aber schwammen hier die jungen Aale, dass man bei jedem Zuge, den man mit einem Gefässe durch’s Wasser that, eine grosse Menge der Fische erhielt, und diese für die Anwohner der Elbe insoweit lästig wurden, als sie, so lange der Zug der
1) S. dessen Beobachtung: Om de unge Aals Vandringer, in Krøyer’s Naturhistorisk Tidskrift. Bd. I. 1837. pag. 21.
2) Ebenda. pag. 24.
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Familie: Muraenoidei.
der dänischen Küste hat sich für Drewsen 1) und Krøyer 2) die Gelegenheit
geboten über die im Mai und Juni vor sich gehenden Wanderungen von vielen
Millionen junger Aale aus dem Kattegat in das süsse Wasser Beobachtungen
anzustellen.
Es ist auffallend, dass von solchen Einwanderungen der jungen Aale aus
der Nord- und Ostsee von deutschen Ichthyologen und Faunisten nirgends
eine Erwähnung geschieht, obwohl Aale vom Rhein bis zur Memel in allen
Flussgebieten der Nord- und Ostseeküsten Deutschlands angetroffen werden.
Um so weniger will ich hier eine Beobachtung unerwähnt lassen, welche
Herr Dr. Ehlers aus Hannover mir kürzlich mitgetheilt hat und welche die
oben erwähnte Lücke sehr gut auszufüllen im Stande ist, indem sich dieselbe
auf das Einwandern von Aalbrut in die Elbe bezicht. Da Herr Ehlers selbst
Augenzeuge einer solchen Aalwanderung war, möge er mir gestatten, die
von ihm beobachtete Erscheinung mit seinen eigenen Worten, wie hier folgt,
mitzutheilen. »Die Angaben, welche ich über eine beobachtete Wanderung
junger Aale geben kann, basiren auf einer Beobachtung, die gleichzeitig mit
mir von vielen Augenzeugen constatirt wurde. Schriftliche Aufzeichnungen
wurden damals nicht gemacht, und kann ich leider über die Zeit und sonstige
Verhältnisse keine so genauen Angaben machen, wie sie wünschenswerth
wären. Die ganze Erscheinung steht aber, da sie eine so wunderbare war
und so lange beobachtet werden konnte, mir lebhaft noch vor der Seele. Es
war vor ungefähr zehn Jahren, im Dorf Drennhausen, Amts Wiesen, im Kö-
nigreich Hannover, als wir eines Morgens Ende Juni oder Anfang Juli auf den
dort unmittelbar an die Elbe stossenden Deich tretend sahen, dass sich am
ganzen Ufer entlang ein dunkler Streif fortbewegte. Wie für die Bewohner
der dortigen Elbmarsch alles, was sich auf und in der Elbe ereignet, von In-
teresse ist, so zog auch diese Erscheinung sofort die Aufmerksamkeit auf sich
und es ergab sich, dass dieser dunkle Streif von einer unzähligen Menge jun-
ger Aale gebildet wurde, die dicht aneinandergedrängt an der Oberfläche
des Flusses stromaufwärts zogen und sich dabei stets so nahe und unmittel-
bar am Ufer hielten, dass sie alle Krümmungen und Ausbuchtungen desselben
mitmachten. Die Breite dieses aus Fischen gebildeten Streifens mochte an
der Stelle, wo er beobachtet wurde und wo die Elbe eine bedeutende Tiefe
hatte, etwa einen Fuss breit sein, wie gross die Mächtigkeit desselben nach
unten sei, wurde nicht beobachtet. So dicht gedrängt aber schwammen hier
die jungen Aale, dass man bei jedem Zuge, den man mit einem Gefässe
durch’s Wasser that, eine grosse Menge der Fische erhielt, und diese für die
Anwohner der Elbe insoweit lästig wurden, als sie, so lange der Zug der
1) S. dessen Beobachtung: Om de unge Aals Vandringer, in Krøyer’s Naturhistorisk
Tidskrift. Bd. I. 1837. pag. 21.
2) Ebenda. pag. 24.
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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/369>, abgerufen am 16.02.2025.
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