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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Gattung: Alosa.

die Kiemenbögen sind an ihrer concaven Seite mit nicht
sehr zahlreichen einzeln stehenden kurzen und dicken Fort-
sätzen besetzt. (Dicht hinter der Kiemenspalte auf der
Schulter ein verwischter dunkler Fleck, dem oft noch 5 bis
6 ähnliche Seitenflecke folgen.)

D. 4--5/15--16, P. 1/14--15, V. 1/8, A. 3/20--24, C. 19.

Erst seitdem Troschel (a. a. O.) durch genauere Untersuchungen der
von Cuvier auseinander gehaltenen Alosa vulgaris und Alosa Finta bestimmte
Charaktere für dieselben festgestellt hat, ist es möglich geworden, die Finte
von dem Maifisch sicher zu unterscheiden. Obwohl schon vorher verschie-
dene Ichthyologen und Faunisten nach Cuvier's Schilderung diese beiden
Alosa-Arten von einander gesondert hatten, so konnte man sich auf diese An-
gaben nicht verlassen, weil weder die Bezahnung der Kiefer noch die Anwe-
senheit und Zahl der Seitenflecken, auf welche man die Unterschiede dieser
beiden Alosa-Arten gründen wollte, nach Troschel's Erfahrung als specifische
Merkmale gelten können. Da Valenciennes (a. a. O.) auch an den Flossen, an
der Beschuppung und im inneren anatomischen Baue nicht den geringsten
Unterschied zwischen diesen beiden Alosen hatte auffinden können, so war
also ohne Troschel's Untersuchungsmethode die Feststellung des Maifisches
und der Finte nicht möglich gewesen, deshalb muss ich befürchten, dass die
von mir aufgeführten Citate als Belege für die geographische Verbreitung der
beiden Alosa-Arten nicht ganz zuverlässig sind.

Gegen den Maifisch sticht die Finte durch die Zahl und Form der Bezah-
nung ihrer Kiemenbogen ausserordentlich ab, indem dieselbe auf dem ersten
und zweiten Bogen 39 bis 43 kurze und dicke Dornen trägt, welche auf dem
dritten Bogen nur in der Zahl von 33 bis 34 und auf dem vierten Bogen nur
in der Zahl von 23 bis 27 vorhanden sind. Auch die Schwimmblase fällt bei
der Finte durch ihre geringere Weite auf.

In Grösse und Gewicht steht die Finte dem Maifische bei weitem nach,
indem dieselbe nur die Länge von 16 Zoll und die Schwere von 2 Pfund er-
reichen kann.

Die Finte ist ebenfalls ein Wanderfisch und steigt, um zu laichen, aus
der Nord- und Ostsee die Flüsse hinauf. Diese Reise wird aber von der Finte
erst vier Wochen nach der Einwanderung des Maifisches angetreten.

Obwohl auch die Finten wie die Maifische bei diesen Wanderungen Gegen-
stand des Fischfangs sind, so werden doch die letzteren wegen ihrer Wohl-
genährtheit und Schmackhaftigkeit besonders geschätzt und die ersteren sogar
als übelriechend, mager und nicht wohlschmeckend verachtet. Hier möchte
ich aber doch die Frage aufwerfen, ob diese Verschiedenheit des Fleisches
der Finte und des Maifisches, auf welche Schaefer und Troschel besonders

Gattung: Alosa.

die Kiemenbögen sind an ihrer concaven Seite mit nicht
sehr zahlreichen einzeln stehenden kurzen und dicken Fort-
sätzen besetzt. (Dicht hinter der Kiemenspalte auf der
Schulter ein verwischter dunkler Fleck, dem oft noch 5 bis
6 ähnliche Seitenflecke folgen.)

D. 4—5/15—16, P. 1/14—15, V. 1/8, A. 3/20—24, C. 19.

Erst seitdem Troschel (a. a. O.) durch genauere Untersuchungen der
von Cuvier auseinander gehaltenen Alosa vulgaris und Alosa Finta bestimmte
Charaktere für dieselben festgestellt hat, ist es möglich geworden, die Finte
von dem Maifisch sicher zu unterscheiden. Obwohl schon vorher verschie-
dene Ichthyologen und Faunisten nach Cuvier’s Schilderung diese beiden
Alosa-Arten von einander gesondert hatten, so konnte man sich auf diese An-
gaben nicht verlassen, weil weder die Bezahnung der Kiefer noch die Anwe-
senheit und Zahl der Seitenflecken, auf welche man die Unterschiede dieser
beiden Alosa-Arten gründen wollte, nach Troschel’s Erfahrung als specifische
Merkmale gelten können. Da Valenciennes (a. a. O.) auch an den Flossen, an
der Beschuppung und im inneren anatomischen Baue nicht den geringsten
Unterschied zwischen diesen beiden Alosen hatte auffinden können, so war
also ohne Troschel’s Untersuchungsmethode die Feststellung des Maifisches
und der Finte nicht möglich gewesen, deshalb muss ich befürchten, dass die
von mir aufgeführten Citate als Belege für die geographische Verbreitung der
beiden Alosa-Arten nicht ganz zuverlässig sind.

Gegen den Maifisch sticht die Finte durch die Zahl und Form der Bezah-
nung ihrer Kiemenbogen ausserordentlich ab, indem dieselbe auf dem ersten
und zweiten Bogen 39 bis 43 kurze und dicke Dornen trägt, welche auf dem
dritten Bogen nur in der Zahl von 33 bis 34 und auf dem vierten Bogen nur
in der Zahl von 23 bis 27 vorhanden sind. Auch die Schwimmblase fällt bei
der Finte durch ihre geringere Weite auf.

In Grösse und Gewicht steht die Finte dem Maifische bei weitem nach,
indem dieselbe nur die Länge von 16 Zoll und die Schwere von 2 Pfund er-
reichen kann.

Die Finte ist ebenfalls ein Wanderfisch und steigt, um zu laichen, aus
der Nord- und Ostsee die Flüsse hinauf. Diese Reise wird aber von der Finte
erst vier Wochen nach der Einwanderung des Maifisches angetreten.

Obwohl auch die Finten wie die Maifische bei diesen Wanderungen Gegen-
stand des Fischfangs sind, so werden doch die letzteren wegen ihrer Wohl-
genährtheit und Schmackhaftigkeit besonders geschätzt und die ersteren sogar
als übelriechend, mager und nicht wohlschmeckend verachtet. Hier möchte
ich aber doch die Frage aufwerfen, ob diese Verschiedenheit des Fleisches
der Finte und des Maifisches, auf welche Schaefer und Troschel besonders

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[333/0346] Gattung: Alosa. die Kiemenbögen sind an ihrer concaven Seite mit nicht sehr zahlreichen einzeln stehenden kurzen und dicken Fort- sätzen besetzt. (Dicht hinter der Kiemenspalte auf der Schulter ein verwischter dunkler Fleck, dem oft noch 5 bis 6 ähnliche Seitenflecke folgen.) D. 4—5/15—16, P. 1/14—15, V. 1/8, A. 3/20—24, C. 19. Erst seitdem Troschel (a. a. O.) durch genauere Untersuchungen der von Cuvier auseinander gehaltenen Alosa vulgaris und Alosa Finta bestimmte Charaktere für dieselben festgestellt hat, ist es möglich geworden, die Finte von dem Maifisch sicher zu unterscheiden. Obwohl schon vorher verschie- dene Ichthyologen und Faunisten nach Cuvier’s Schilderung diese beiden Alosa-Arten von einander gesondert hatten, so konnte man sich auf diese An- gaben nicht verlassen, weil weder die Bezahnung der Kiefer noch die Anwe- senheit und Zahl der Seitenflecken, auf welche man die Unterschiede dieser beiden Alosa-Arten gründen wollte, nach Troschel’s Erfahrung als specifische Merkmale gelten können. Da Valenciennes (a. a. O.) auch an den Flossen, an der Beschuppung und im inneren anatomischen Baue nicht den geringsten Unterschied zwischen diesen beiden Alosen hatte auffinden können, so war also ohne Troschel’s Untersuchungsmethode die Feststellung des Maifisches und der Finte nicht möglich gewesen, deshalb muss ich befürchten, dass die von mir aufgeführten Citate als Belege für die geographische Verbreitung der beiden Alosa-Arten nicht ganz zuverlässig sind. Gegen den Maifisch sticht die Finte durch die Zahl und Form der Bezah- nung ihrer Kiemenbogen ausserordentlich ab, indem dieselbe auf dem ersten und zweiten Bogen 39 bis 43 kurze und dicke Dornen trägt, welche auf dem dritten Bogen nur in der Zahl von 33 bis 34 und auf dem vierten Bogen nur in der Zahl von 23 bis 27 vorhanden sind. Auch die Schwimmblase fällt bei der Finte durch ihre geringere Weite auf. In Grösse und Gewicht steht die Finte dem Maifische bei weitem nach, indem dieselbe nur die Länge von 16 Zoll und die Schwere von 2 Pfund er- reichen kann. Die Finte ist ebenfalls ein Wanderfisch und steigt, um zu laichen, aus der Nord- und Ostsee die Flüsse hinauf. Diese Reise wird aber von der Finte erst vier Wochen nach der Einwanderung des Maifisches angetreten. Obwohl auch die Finten wie die Maifische bei diesen Wanderungen Gegen- stand des Fischfangs sind, so werden doch die letzteren wegen ihrer Wohl- genährtheit und Schmackhaftigkeit besonders geschätzt und die ersteren sogar als übelriechend, mager und nicht wohlschmeckend verachtet. Hier möchte ich aber doch die Frage aufwerfen, ob diese Verschiedenheit des Fleisches der Finte und des Maifisches, auf welche Schaefer und Troschel besonders

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/346>, abgerufen am 23.11.2024.