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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Gattung: Trutta.
Reife gelangen könnten. Es ist bekannt, dass die meisten unserer essbaren
Fische kurz vor Eintritt der Laichzeit am fettesten und schmackhaftesten sind,
und dass sie während der Laichperiode nicht fressen, daher diese Fische nach
Vollendung des Laichgeschäftes abgemagert und als Speise wenig geeignet
sind. Ganz ähnliche Verhältnisse finden bei dem Lachs statt, welcher zu
Berg gehend als fetter Fisch mit rothem Fleische ausserordentlich geschätzt
wird und in diesem Zustande unter dem Namen "Rheinlachs" ein berühmter
Handelsartikel ist, während derselbe Fisch, zu Thal gehend, wegen seines
abgemagerten und blassen Fleisches wenig geachtet und mit dem Namen
"Rheinsalm" bezeichnet wird. In solchen abgemagerten Zuständen verändert
der Lachs seine äussere Körperform in so hohem Grade, dass er kaum wieder
zu erkennen ist.

Die Wanderungen zu Berge beginnen bei dem Rheinlachs im Mai und
dauern bis zum November fort; die kleinsten Rheinlachse, welche den Rhein
hinaufwandern, haben, nach Aussage der Rheinfischer, eine Schwere von
zwei Pfund. Die jungen Lachse, nachdem sie die Eihäute verlassen, bleiben
fast ein ganzes Jahr an ihrer Geburtsstätte und wandern erst zu Thale nach
dem Meere hin, wenn sie fingerslang ausgewachsen sind. In diesem Alters-
zustande tragen die Lachse dasselbe Jugendkleid, womit die meisten übrigen
jungen Salmoneer bekleidet sind, das heisst, ihr Körper ist an den Seiten mit
den bereits erwähnten 8 bis 12 grossen schwarzen und ovalen Flecken be-
setzt, welche in der Tiefe ihrer Haut angebracht sind und welche unterhalb
der Seitenlinie gegen die silberglänzenden Bauchseiten auffallend abstechen,
während die vielen auf dem dunkeln Rücken angebrachten kleinen schwar-
zen Flecke weniger in die Augen springen. In diesem Jugendkleide hat schon
Gesner den Lachs gekannt und abgebildet 1), daher man sich wundern muss,
wie man in England bis auf die neuere Zeit den jungen seitenfleckigen Lachs
unter dem Namen "Parr" für eine besondere Lachsart hat ansehen können 2).

1) Vergl. dessen: Histor. animal. lib. IV. pag. 971 oder dessen Fischbuch. pag. 183.
Auch Sander (Beiträge zur Naturgeschichte der Fische im Rhein. a. a. O. pag. 174) war mit
den Jungen des Rheinlachses sehr wohl bekannt und berichtete von ihnen, dass sie im
Rheinstrom in ungeheurer Menge gefangen werden. Diese Sälmlinge werden leider noch
jetzt am Rhein verspeist, ich selbst überzeugte mich vor fünf Jahren in Strassburg, dass
auf dem dortigen Fischmarkte im Monat April diese Lachsbrut mit einer Länge von 4 Zoll
als Leckerbissen feil geboten wurde. Wenn auf diese Weise schon die Brut des Lachses der
Habgier und Genusssucht des Menschen verfällt, kann man sich alsdann wundern, dass die
Menge der Lachse im Rhein von Jahr zu Jahr abnimmt?
2) Erst in den Jahren 1836 bis 1840 hat sich Shaw Mühe gegeben, mit Hülfe der künst-
lichen Befruchtung den Beweis zu liefern, dass der "Parr" nichts anderes als die Brut des
Lachses ist, wodurch diesem bisher als besondere Salmoneer-Species verfolgten jungen
Lachs Schutz und Schonung verschafft wurde. Vergleiche Shaw: an Account of some Ex-
periments and Observations on the Parr, and on the Ova of the Salmon, proving the Parr
to be the young of the Salmon (in the Edinburgh new philosophical Journal. Vol. 21. 1836.

Gattung: Trutta.
Reife gelangen könnten. Es ist bekannt, dass die meisten unserer essbaren
Fische kurz vor Eintritt der Laichzeit am fettesten und schmackhaftesten sind,
und dass sie während der Laichperiode nicht fressen, daher diese Fische nach
Vollendung des Laichgeschäftes abgemagert und als Speise wenig geeignet
sind. Ganz ähnliche Verhältnisse finden bei dem Lachs statt, welcher zu
Berg gehend als fetter Fisch mit rothem Fleische ausserordentlich geschätzt
wird und in diesem Zustande unter dem Namen »Rheinlachs« ein berühmter
Handelsartikel ist, während derselbe Fisch, zu Thal gehend, wegen seines
abgemagerten und blassen Fleisches wenig geachtet und mit dem Namen
»Rheinsalm« bezeichnet wird. In solchen abgemagerten Zuständen verändert
der Lachs seine äussere Körperform in so hohem Grade, dass er kaum wieder
zu erkennen ist.

Die Wanderungen zu Berge beginnen bei dem Rheinlachs im Mai und
dauern bis zum November fort; die kleinsten Rheinlachse, welche den Rhein
hinaufwandern, haben, nach Aussage der Rheinfischer, eine Schwere von
zwei Pfund. Die jungen Lachse, nachdem sie die Eihäute verlassen, bleiben
fast ein ganzes Jahr an ihrer Geburtsstätte und wandern erst zu Thale nach
dem Meere hin, wenn sie fingerslang ausgewachsen sind. In diesem Alters-
zustande tragen die Lachse dasselbe Jugendkleid, womit die meisten übrigen
jungen Salmoneer bekleidet sind, das heisst, ihr Körper ist an den Seiten mit
den bereits erwähnten 8 bis 12 grossen schwarzen und ovalen Flecken be-
setzt, welche in der Tiefe ihrer Haut angebracht sind und welche unterhalb
der Seitenlinie gegen die silberglänzenden Bauchseiten auffallend abstechen,
während die vielen auf dem dunkeln Rücken angebrachten kleinen schwar-
zen Flecke weniger in die Augen springen. In diesem Jugendkleide hat schon
Gesner den Lachs gekannt und abgebildet 1), daher man sich wundern muss,
wie man in England bis auf die neuere Zeit den jungen seitenfleckigen Lachs
unter dem Namen »Parr« für eine besondere Lachsart hat ansehen können 2).

1) Vergl. dessen: Histor. animal. lib. IV. pag. 971 oder dessen Fischbuch. pag. 183.
Auch Sander (Beiträge zur Naturgeschichte der Fische im Rhein. a. a. O. pag. 174) war mit
den Jungen des Rheinlachses sehr wohl bekannt und berichtete von ihnen, dass sie im
Rheinstrom in ungeheurer Menge gefangen werden. Diese Sälmlinge werden leider noch
jetzt am Rhein verspeist, ich selbst überzeugte mich vor fünf Jahren in Strassburg, dass
auf dem dortigen Fischmarkte im Monat April diese Lachsbrut mit einer Länge von 4 Zoll
als Leckerbissen feil geboten wurde. Wenn auf diese Weise schon die Brut des Lachses der
Habgier und Genusssucht des Menschen verfällt, kann man sich alsdann wundern, dass die
Menge der Lachse im Rhein von Jahr zu Jahr abnimmt?
2) Erst in den Jahren 1836 bis 1840 hat sich Shaw Mühe gegeben, mit Hülfe der künst-
lichen Befruchtung den Beweis zu liefern, dass der »Parr« nichts anderes als die Brut des
Lachses ist, wodurch diesem bisher als besondere Salmoneer-Species verfolgten jungen
Lachs Schutz und Schonung verschafft wurde. Vergleiche Shaw: an Account of some Ex-
periments and Observations on the Parr, and on the Ova of the Salmon, proving the Parr
to be the young of the Salmon (in the Edinburgh new philosophical Journal. Vol. 21. 1836.
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[299/0312] Gattung: Trutta. Reife gelangen könnten. Es ist bekannt, dass die meisten unserer essbaren Fische kurz vor Eintritt der Laichzeit am fettesten und schmackhaftesten sind, und dass sie während der Laichperiode nicht fressen, daher diese Fische nach Vollendung des Laichgeschäftes abgemagert und als Speise wenig geeignet sind. Ganz ähnliche Verhältnisse finden bei dem Lachs statt, welcher zu Berg gehend als fetter Fisch mit rothem Fleische ausserordentlich geschätzt wird und in diesem Zustande unter dem Namen »Rheinlachs« ein berühmter Handelsartikel ist, während derselbe Fisch, zu Thal gehend, wegen seines abgemagerten und blassen Fleisches wenig geachtet und mit dem Namen »Rheinsalm« bezeichnet wird. In solchen abgemagerten Zuständen verändert der Lachs seine äussere Körperform in so hohem Grade, dass er kaum wieder zu erkennen ist. Die Wanderungen zu Berge beginnen bei dem Rheinlachs im Mai und dauern bis zum November fort; die kleinsten Rheinlachse, welche den Rhein hinaufwandern, haben, nach Aussage der Rheinfischer, eine Schwere von zwei Pfund. Die jungen Lachse, nachdem sie die Eihäute verlassen, bleiben fast ein ganzes Jahr an ihrer Geburtsstätte und wandern erst zu Thale nach dem Meere hin, wenn sie fingerslang ausgewachsen sind. In diesem Alters- zustande tragen die Lachse dasselbe Jugendkleid, womit die meisten übrigen jungen Salmoneer bekleidet sind, das heisst, ihr Körper ist an den Seiten mit den bereits erwähnten 8 bis 12 grossen schwarzen und ovalen Flecken be- setzt, welche in der Tiefe ihrer Haut angebracht sind und welche unterhalb der Seitenlinie gegen die silberglänzenden Bauchseiten auffallend abstechen, während die vielen auf dem dunkeln Rücken angebrachten kleinen schwar- zen Flecke weniger in die Augen springen. In diesem Jugendkleide hat schon Gesner den Lachs gekannt und abgebildet 1), daher man sich wundern muss, wie man in England bis auf die neuere Zeit den jungen seitenfleckigen Lachs unter dem Namen »Parr« für eine besondere Lachsart hat ansehen können 2). 1) Vergl. dessen: Histor. animal. lib. IV. pag. 971 oder dessen Fischbuch. pag. 183. Auch Sander (Beiträge zur Naturgeschichte der Fische im Rhein. a. a. O. pag. 174) war mit den Jungen des Rheinlachses sehr wohl bekannt und berichtete von ihnen, dass sie im Rheinstrom in ungeheurer Menge gefangen werden. Diese Sälmlinge werden leider noch jetzt am Rhein verspeist, ich selbst überzeugte mich vor fünf Jahren in Strassburg, dass auf dem dortigen Fischmarkte im Monat April diese Lachsbrut mit einer Länge von 4 Zoll als Leckerbissen feil geboten wurde. Wenn auf diese Weise schon die Brut des Lachses der Habgier und Genusssucht des Menschen verfällt, kann man sich alsdann wundern, dass die Menge der Lachse im Rhein von Jahr zu Jahr abnimmt? 2) Erst in den Jahren 1836 bis 1840 hat sich Shaw Mühe gegeben, mit Hülfe der künst- lichen Befruchtung den Beweis zu liefern, dass der »Parr« nichts anderes als die Brut des Lachses ist, wodurch diesem bisher als besondere Salmoneer-Species verfolgten jungen Lachs Schutz und Schonung verschafft wurde. Vergleiche Shaw: an Account of some Ex- periments and Observations on the Parr, and on the Ova of the Salmon, proving the Parr to be the young of the Salmon (in the Edinburgh new philosophical Journal. Vol. 21. 1836.

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/312>, abgerufen am 28.11.2024.