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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Einleitung.
Farbenwechsel mancher Fische vielfach zur Sprache gebracht worden ist.
Bei einer solchen Unkenntniss jener wichtigen Structur-Verhältnisse der
Fischhaut konnte es nicht ausbleiben, dass über die Farbenveränderungen
vieler Fische bisher die widersprechendsten Ansichten geltend gemacht
wurden.

Die intensive und über den ganzen Körper weit verbreitete dunkle
Färbung, welche zur Laichzeit sich bei vielen Fischen, oft aber nur bei den
männlichen Individuen bemerkbar macht, rührt von den äusserst zahlreichen
und expandirten schwarzen Chromatophoren her. Bei gewissen Fischen wer-
den aber auch durch expandirte rothe Chromatophoren brillante Hautfärbun-
gen während der Laichzeit erzeugt. Alle diese intensiven Färbungen der
Haut verschwinden nach dem überstandenen Fortpflanzungsgeschäfte wieder,
und verrathen ihre frühere Anwesenheit nur durch zurückbleibende mit Hülfe
der Lupe erkennbare winzige schwarze oder rothe Pigmentpuncte, zu wel-
chen sich die vorher in breiten oft wunderschön sternförmigen Figuren ex-
pandirten Chromatophoren zusammengezogen haben. Ausserdem hat die
verschiedene Beschaffenheit des Wassers, in welchem die Fische heran-
wachsen, gewiss einen ganz besonderen Einfluss auf die Entwicklung und
Expansion der Chromatophoren 1), und der Farbenwechsel sehr dunkel ge-
färbter Fische, welcher sich nach ihrer Gefangennehmung gewöhnlich als ein
sehr schnelles Verbleichen bemerkbar macht, mag darin seinen Grund ha-
ben, dass der mit einer solchen Gefangenschaft verbundene Wechsel, na-
mentlich Temperaturwechsel des Wassers, die Chromatophoren zur Con-
traction bringt. Wenn daher Agassiz, Ayres und Storer 2) von gewissen Sal-
moneern angeben, dass ihre Grundfarbe nach der verschiedenen Beschaffen-
heit des Bodens ihres Aufenthaltes variire, so können sie wohl nur die
dadurch bedingte Verschiedenheit des Wassers als Ursache des Farben-
wechsels gemeint haben. Auch mechanische Einwirkungen, z. B. Drücken
und Reiben der Haut, können bei einem lebenden Fische plötzlich Verände-
rungen in dem Contractions- und Expansions-Zustande der Chromatophoren
hervorbringen. Hiervon rührt jedenfalls das dunkelscheckige Ansehen man-
cher mit der Angel gefangenen Forelle her, indem die von der Hand des

1) Ein sehr merkwürdiges Beispiel dieser Art liefert die als Scardinius hesperidicus be-
kannt gewordene Varietät des messinggelbglänzenden rothflossigen Scardinius erythroph-
thalmus
, welche jenseits der Alpen in den südeuropäischen Gewässern mit schwärzlichen Flos-
sen vorkömmt. Eine ähnliche schwarzflossige Varietät des Sc. erythrophthalmus mit über und
über schwärzlich gefärbtem Leibe bewohnt den diesseit der Alpen gelegenen Achensee. Da
dieser See ebenso tief ultramarinblau gefärbt ist, wie die transalpinischen Seen, während
alle übrigen benachbarten Alpenseen eine meergrüne Farbe besitzen, so ist es wahrschein-
lich, dass diese Farbenverschiedenheit des Wassers auf Erzeugung dieser Fischvarietät
irgend einen Einfluss geübt hat.
2) Vergl. Proceedings of the Boston society of natural history. Vol. III. 1851. pag. 62.

Einleitung.
Farbenwechsel mancher Fische vielfach zur Sprache gebracht worden ist.
Bei einer solchen Unkenntniss jener wichtigen Structur-Verhältnisse der
Fischhaut konnte es nicht ausbleiben, dass über die Farbenveränderungen
vieler Fische bisher die widersprechendsten Ansichten geltend gemacht
wurden.

Die intensive und über den ganzen Körper weit verbreitete dunkle
Färbung, welche zur Laichzeit sich bei vielen Fischen, oft aber nur bei den
männlichen Individuen bemerkbar macht, rührt von den äusserst zahlreichen
und expandirten schwarzen Chromatophoren her. Bei gewissen Fischen wer-
den aber auch durch expandirte rothe Chromatophoren brillante Hautfärbun-
gen während der Laichzeit erzeugt. Alle diese intensiven Färbungen der
Haut verschwinden nach dem überstandenen Fortpflanzungsgeschäfte wieder,
und verrathen ihre frühere Anwesenheit nur durch zurückbleibende mit Hülfe
der Lupe erkennbare winzige schwarze oder rothe Pigmentpuncte, zu wel-
chen sich die vorher in breiten oft wunderschön sternförmigen Figuren ex-
pandirten Chromatophoren zusammengezogen haben. Ausserdem hat die
verschiedene Beschaffenheit des Wassers, in welchem die Fische heran-
wachsen, gewiss einen ganz besonderen Einfluss auf die Entwicklung und
Expansion der Chromatophoren 1), und der Farbenwechsel sehr dunkel ge-
färbter Fische, welcher sich nach ihrer Gefangennehmung gewöhnlich als ein
sehr schnelles Verbleichen bemerkbar macht, mag darin seinen Grund ha-
ben, dass der mit einer solchen Gefangenschaft verbundene Wechsel, na-
mentlich Temperaturwechsel des Wassers, die Chromatophoren zur Con-
traction bringt. Wenn daher Agassiz, Ayres und Storer 2) von gewissen Sal-
moneern angeben, dass ihre Grundfarbe nach der verschiedenen Beschaffen-
heit des Bodens ihres Aufenthaltes variire, so können sie wohl nur die
dadurch bedingte Verschiedenheit des Wassers als Ursache des Farben-
wechsels gemeint haben. Auch mechanische Einwirkungen, z. B. Drücken
und Reiben der Haut, können bei einem lebenden Fische plötzlich Verände-
rungen in dem Contractions- und Expansions-Zustande der Chromatophoren
hervorbringen. Hiervon rührt jedenfalls das dunkelscheckige Ansehen man-
cher mit der Angel gefangenen Forelle her, indem die von der Hand des

1) Ein sehr merkwürdiges Beispiel dieser Art liefert die als Scardinius hesperidicus be-
kannt gewordene Varietät des messinggelbglänzenden rothflossigen Scardinius erythroph-
thalmus
, welche jenseits der Alpen in den südeuropäischen Gewässern mit schwärzlichen Flos-
sen vorkömmt. Eine ähnliche schwarzflossige Varietät des Sc. erythrophthalmus mit über und
über schwärzlich gefärbtem Leibe bewohnt den diesseit der Alpen gelegenen Achensee. Da
dieser See ebenso tief ultramarinblau gefärbt ist, wie die transalpinischen Seen, während
alle übrigen benachbarten Alpenseen eine meergrüne Farbe besitzen, so ist es wahrschein-
lich, dass diese Farbenverschiedenheit des Wassers auf Erzeugung dieser Fischvarietät
irgend einen Einfluss geübt hat.
2) Vergl. Proceedings of the Boston society of natural history. Vol. III. 1851. pag. 62.
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[15/0028] Einleitung. Farbenwechsel mancher Fische vielfach zur Sprache gebracht worden ist. Bei einer solchen Unkenntniss jener wichtigen Structur-Verhältnisse der Fischhaut konnte es nicht ausbleiben, dass über die Farbenveränderungen vieler Fische bisher die widersprechendsten Ansichten geltend gemacht wurden. Die intensive und über den ganzen Körper weit verbreitete dunkle Färbung, welche zur Laichzeit sich bei vielen Fischen, oft aber nur bei den männlichen Individuen bemerkbar macht, rührt von den äusserst zahlreichen und expandirten schwarzen Chromatophoren her. Bei gewissen Fischen wer- den aber auch durch expandirte rothe Chromatophoren brillante Hautfärbun- gen während der Laichzeit erzeugt. Alle diese intensiven Färbungen der Haut verschwinden nach dem überstandenen Fortpflanzungsgeschäfte wieder, und verrathen ihre frühere Anwesenheit nur durch zurückbleibende mit Hülfe der Lupe erkennbare winzige schwarze oder rothe Pigmentpuncte, zu wel- chen sich die vorher in breiten oft wunderschön sternförmigen Figuren ex- pandirten Chromatophoren zusammengezogen haben. Ausserdem hat die verschiedene Beschaffenheit des Wassers, in welchem die Fische heran- wachsen, gewiss einen ganz besonderen Einfluss auf die Entwicklung und Expansion der Chromatophoren 1), und der Farbenwechsel sehr dunkel ge- färbter Fische, welcher sich nach ihrer Gefangennehmung gewöhnlich als ein sehr schnelles Verbleichen bemerkbar macht, mag darin seinen Grund ha- ben, dass der mit einer solchen Gefangenschaft verbundene Wechsel, na- mentlich Temperaturwechsel des Wassers, die Chromatophoren zur Con- traction bringt. Wenn daher Agassiz, Ayres und Storer 2) von gewissen Sal- moneern angeben, dass ihre Grundfarbe nach der verschiedenen Beschaffen- heit des Bodens ihres Aufenthaltes variire, so können sie wohl nur die dadurch bedingte Verschiedenheit des Wassers als Ursache des Farben- wechsels gemeint haben. Auch mechanische Einwirkungen, z. B. Drücken und Reiben der Haut, können bei einem lebenden Fische plötzlich Verände- rungen in dem Contractions- und Expansions-Zustande der Chromatophoren hervorbringen. Hiervon rührt jedenfalls das dunkelscheckige Ansehen man- cher mit der Angel gefangenen Forelle her, indem die von der Hand des 1) Ein sehr merkwürdiges Beispiel dieser Art liefert die als Scardinius hesperidicus be- kannt gewordene Varietät des messinggelbglänzenden rothflossigen Scardinius erythroph- thalmus, welche jenseits der Alpen in den südeuropäischen Gewässern mit schwärzlichen Flos- sen vorkömmt. Eine ähnliche schwarzflossige Varietät des Sc. erythrophthalmus mit über und über schwärzlich gefärbtem Leibe bewohnt den diesseit der Alpen gelegenen Achensee. Da dieser See ebenso tief ultramarinblau gefärbt ist, wie die transalpinischen Seen, während alle übrigen benachbarten Alpenseen eine meergrüne Farbe besitzen, so ist es wahrschein- lich, dass diese Farbenverschiedenheit des Wassers auf Erzeugung dieser Fischvarietät irgend einen Einfluss geübt hat. 2) Vergl. Proceedings of the Boston society of natural history. Vol. III. 1851. pag. 62.

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/28>, abgerufen am 21.11.2024.