Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.Familie: Salmonoidei. ob nicht der "Alpken" des Lucerner Sees und der "Buz" des Züricher Seesebenfalls hieher gehörten. Noch hat kein schweizer Zoolog durch genauere Untersuchung sich hierüber Auskunft zu verschaffen gesucht, und auch Schinz 1) lässt es zweifelhaft, ob der Kilch des Bodensees sich noch in ande- ren Seen findet. Rapp (Nr. 41: pag. 24) hat anfangs geglaubt, dass Jurine's 2) Coreg. hiemalis (la Gravenche) mit seinem Coreg. acronius identisch sei, bis ihm hierüber Heckel eine andere Meinung beibrachte, die ihn veranlasste, den Kilch des Bodensees als Coreg. acronius von dem Kilch des Genfer Sees zu trennen. Ich muss gestehen, dass auch mir von Anfang an die "Gravenche" des Genfer Sees und der "Kilch" des Bodensees als ein und dieselbe Species erschienen waren, obgleich Heckel ein von Jurine selbst bestimmtes Exem- plar des Coreg. hiemalis mit Rapp's Coreg. acronius vergleichen und zwischen beiden einen Unterschied finden konnte; mir blieb immer die Frage aufzu- werfen übrig, ob nicht die Unterschiede, welche Heckel zwischen diesen bei- den Coregonen erkannt haben will, sich auf solche Formabweichungen bezo- gen, welche vielleicht nur durch eigenthümliche von den verschiedenen Auf- enthaltsorten abhängige Localeinflüsse an dem Kilch hervorgerufen waren, wie ich ja selbst die Kilche des Ammersees in mancher Beziehung von den Kilchen des Bodensees etwas verschieden gebildet gefunden habe. Ich würde in der That schon früher bei der Betrachtung der von Jurine gelieferten Ab- bildung der "Gravenche" keinen Anstand genommen haben, den Coreg. hie- malis mit Coreg. acronius zu vereinigen, hätte nicht Jurine über die Lebens- weise der "Gravenche" so auffallende Mittheilungen gemacht, die mit der Na- tur des Kilch ganz und gar im Widerspruch stehen. Jurine 3) behauptete näm- lich von der "Gravenche", dass dieser Fisch eilf Monate in der Tiefe des Gen- fer Sees verborgen lebe, aber im December um zu laichen sich in Gesell- schaften dem Ufer nähere, wobei er dicht an der Oberfläche des Wassers durch abwechselndes Oeffnen und Schliessen des Maules ein dem Enten-Ge- schnatter ähnliches Geräusch erzeuge. Jetzt, nachdem ich durch die Güte des Herrn Dr. Schleiss v. Löwen- 1) S. dessen: Europäische Fauna. Bd. II. pag. 355. 2) S. dessen: Hist. d. poissons du lac Leman a. a. O. pag. 200. Coregonus hiemalis. Pl. VIII. 3) A. a. O. pag. 202.
Familie: Salmonoidei. ob nicht der »Alpken« des Lucerner Sees und der »Buz« des Züricher Seesebenfalls hieher gehörten. Noch hat kein schweizer Zoolog durch genauere Untersuchung sich hierüber Auskunft zu verschaffen gesucht, und auch Schinz 1) lässt es zweifelhaft, ob der Kilch des Bodensees sich noch in ande- ren Seen findet. Rapp (Nr. 41: pag. 24) hat anfangs geglaubt, dass Jurine’s 2) Coreg. hiemalis (la Gravenche) mit seinem Coreg. acronius identisch sei, bis ihm hierüber Heckel eine andere Meinung beibrachte, die ihn veranlasste, den Kilch des Bodensees als Coreg. acronius von dem Kilch des Genfer Sees zu trennen. Ich muss gestehen, dass auch mir von Anfang an die »Gravenche« des Genfer Sees und der »Kilch« des Bodensees als ein und dieselbe Species erschienen waren, obgleich Heckel ein von Jurine selbst bestimmtes Exem- plar des Coreg. hiemalis mit Rapp’s Coreg. acronius vergleichen und zwischen beiden einen Unterschied finden konnte; mir blieb immer die Frage aufzu- werfen übrig, ob nicht die Unterschiede, welche Heckel zwischen diesen bei- den Coregonen erkannt haben will, sich auf solche Formabweichungen bezo- gen, welche vielleicht nur durch eigenthümliche von den verschiedenen Auf- enthaltsorten abhängige Localeinflüsse an dem Kilch hervorgerufen waren, wie ich ja selbst die Kilche des Ammersees in mancher Beziehung von den Kilchen des Bodensees etwas verschieden gebildet gefunden habe. Ich würde in der That schon früher bei der Betrachtung der von Jurine gelieferten Ab- bildung der »Gravenche« keinen Anstand genommen haben, den Coreg. hie- malis mit Coreg. acronius zu vereinigen, hätte nicht Jurine über die Lebens- weise der »Gravenche« so auffallende Mittheilungen gemacht, die mit der Na- tur des Kilch ganz und gar im Widerspruch stehen. Jurine 3) behauptete näm- lich von der »Gravenche«, dass dieser Fisch eilf Monate in der Tiefe des Gen- fer Sees verborgen lebe, aber im December um zu laichen sich in Gesell- schaften dem Ufer nähere, wobei er dicht an der Oberfläche des Wassers durch abwechselndes Oeffnen und Schliessen des Maules ein dem Enten-Ge- schnatter ähnliches Geräusch erzeuge. Jetzt, nachdem ich durch die Güte des Herrn Dr. Schleiss v. Löwen- 1) S. dessen: Europäische Fauna. Bd. II. pag. 355. 2) S. dessen: Hist. d. poissons du lac Léman a. a. O. pag. 200. Coregonus hiemalis. Pl. VIII. 3) A. a. O. pag. 202.
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Familie: Salmonoidei.
ob nicht der »Alpken« des Lucerner Sees und der »Buz« des Züricher Sees
ebenfalls hieher gehörten. Noch hat kein schweizer Zoolog durch genauere
Untersuchung sich hierüber Auskunft zu verschaffen gesucht, und auch
Schinz 1) lässt es zweifelhaft, ob der Kilch des Bodensees sich noch in ande-
ren Seen findet. Rapp (Nr. 41: pag. 24) hat anfangs geglaubt, dass Jurine’s 2)
Coreg. hiemalis (la Gravenche) mit seinem Coreg. acronius identisch sei, bis
ihm hierüber Heckel eine andere Meinung beibrachte, die ihn veranlasste, den
Kilch des Bodensees als Coreg. acronius von dem Kilch des Genfer Sees zu
trennen. Ich muss gestehen, dass auch mir von Anfang an die »Gravenche«
des Genfer Sees und der »Kilch« des Bodensees als ein und dieselbe Species
erschienen waren, obgleich Heckel ein von Jurine selbst bestimmtes Exem-
plar des Coreg. hiemalis mit Rapp’s Coreg. acronius vergleichen und zwischen
beiden einen Unterschied finden konnte; mir blieb immer die Frage aufzu-
werfen übrig, ob nicht die Unterschiede, welche Heckel zwischen diesen bei-
den Coregonen erkannt haben will, sich auf solche Formabweichungen bezo-
gen, welche vielleicht nur durch eigenthümliche von den verschiedenen Auf-
enthaltsorten abhängige Localeinflüsse an dem Kilch hervorgerufen waren,
wie ich ja selbst die Kilche des Ammersees in mancher Beziehung von den
Kilchen des Bodensees etwas verschieden gebildet gefunden habe. Ich würde
in der That schon früher bei der Betrachtung der von Jurine gelieferten Ab-
bildung der »Gravenche« keinen Anstand genommen haben, den Coreg. hie-
malis mit Coreg. acronius zu vereinigen, hätte nicht Jurine über die Lebens-
weise der »Gravenche« so auffallende Mittheilungen gemacht, die mit der Na-
tur des Kilch ganz und gar im Widerspruch stehen. Jurine 3) behauptete näm-
lich von der »Gravenche«, dass dieser Fisch eilf Monate in der Tiefe des Gen-
fer Sees verborgen lebe, aber im December um zu laichen sich in Gesell-
schaften dem Ufer nähere, wobei er dicht an der Oberfläche des Wassers
durch abwechselndes Oeffnen und Schliessen des Maules ein dem Enten-Ge-
schnatter ähnliches Geräusch erzeuge.
Jetzt, nachdem ich durch die Güte des Herrn Dr. Schleiss v. Löwen-
feld mehrere Exemplare der »Gravenche« des Genfer Sees erhalten hatte und
eine genaue Vergleichung derselben mit den Kilchen des Bodensees habe an-
stellen können, bin ich zu der Ueberzeugung gekommen, dass zwischen die-
sen beiden Coregonen kein eigentlicher specifischer Unterschied zu finden ist.
In Bezug auf Jurine’s abweichende Angaben über die Laichzeit der »Gravenche«
muss ich der Vermuthung Raum geben, dass Jurine wahrscheinlich die Laich-
1) S. dessen: Europäische Fauna. Bd. II. pag. 355.
2) S. dessen: Hist. d. poissons du lac Léman a. a. O. pag. 200. Coregonus hiemalis.
Pl. VIII.
3) A. a. O. pag. 202.
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