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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Familie: Salmonoidei.
Länge von 141/2 Zoll. Von Ammersee erhielt ich nur Kilche von 81/2 bis 91/2
Zoll Länge.

Die Laichzeit des Kilch beginnt gegen Ende des September und währt
bis in den October hinein. Um diese Zeit bedecken sich die Schuppen der
Milchner und Rogener dieses Fisches mit demselben Hautausschlag, den ich
bereits von dem laichenden Coreg. Wartmanni beschrieben habe 1).

Da der Kilch, wie es scheint, unter allen unseren Renken, die tiefsten
Stellen der Seen bewohnt, so wird derselbe auch am leichtesten trommelsüch-
tig (Taf. II), wenn er aus der Tiefe seines Aufenthalts mit Netzen an das Tages-
licht gezogen wird 2). Wegen dieser Eigenschaft hat derselbe am Bodensee
auch den Namen "Kropffelchen" erhalten. Es beschränkt sich aber diese
Trommelsucht nicht blos auf den Coreg. hiemalis, sie kann sich in jedem mit
einer Schwimmblase versehenen und in grosser Tiefe lebenden Fische ent-
wickeln, je nachdem die Wandungen der Schwimmblase oder die Bauchwan-
dungen des Fisches der in der Schwimmblase sich ausdehnenden Luft mehr
oder weniger Widerstand leisten, wie sich dies aus folgenden Wahrnehmun-
gen 3) ergiebt. "In einer Tiefe von 40 Klafter haben die Kilche und ihre mit
Luft gefüllte Schwimmblase einen Druck von ungefähr 71/2 Atmosphären aus-
zuhalten. Werden diese Fische nun aus ihrem natürlichen Aufenthaltsorte
hinauf an die Wasseroberfläche gebracht, wo der Druck von nur 1 Atmosphäre
von aussen auf sie einwirkt, so wird die in ihrer Schwimmblase eingeschlos-
sene Luft, welche bisher unter dem Drucke von 71/2 Atmosphären gestanden
hat, bei dem Heraufziehen der gefangenen Fische allmählich eine Druckvermin-
derung um 61/2 Atmosphären erleiden und sich in gleichem Verhältnisse aus-
dehnen; indem aber einer solchen Ausdehnung die dünnen Wände der
Schwimmblase, sowie die nachgiebigen Bauchwandungen des Kilch nicht wi-
derstehen können, muss der Bauch des Fisches auf diese Weise sich ausdeh-
nen und die obenerwähnte unförmliche Gestalt annehmen, wodurch eine so
starke Zerrung und Verschiebung der Baucheingeweide veranlasst und zu-
gleich ein so heftiger Druck auf die Blutgefässe derselben ausgeübt wird, dass
der baldige Tod eines solchen trommelsüchtig gewordenen Fisches unausbleib-
lich erfolgen muss." Der Kilch des Ammersees muss übrigens zarter gebaut
sein, als der Kilch des Bodensees, da bei ersterem der ausgedehnte Bauch,

1) Wenn Schinz (in Cuvier's Thierreich Bd. II. pag. 276) von fünf deutlich gezeichne-
ten Punktreihen spricht, welche dieser Fisch statt einer einfachen Seitenlinie besitzen soll,
so beruht dies gewiss auf einer unrichtigen Auffassung des eben erwähnten Hautausschlags,
der in regelmässigen mit der Seitenlinie parallel verlaufenden Reihen die Schuppen besetzt
hält.
2) Es hängt diese trommelsüchtige Auftreibung des Bauches der Kilche nicht im ge-
ringsten mit der Laichzeit zusammen, wie dies Wartmann (a. a. O. p. 431) unrichtig aus-
gesprochen hat.
3) Vergl. meine Mittheilungen über den Kilch des Bodensees a. a. O.

Familie: Salmonoidei.
Länge von 14½ Zoll. Von Ammersee erhielt ich nur Kilche von 8½ bis 9½
Zoll Länge.

Die Laichzeit des Kilch beginnt gegen Ende des September und währt
bis in den October hinein. Um diese Zeit bedecken sich die Schuppen der
Milchner und Rogener dieses Fisches mit demselben Hautausschlag, den ich
bereits von dem laichenden Coreg. Wartmanni beschrieben habe 1).

Da der Kilch, wie es scheint, unter allen unseren Renken, die tiefsten
Stellen der Seen bewohnt, so wird derselbe auch am leichtesten trommelsüch-
tig (Taf. II), wenn er aus der Tiefe seines Aufenthalts mit Netzen an das Tages-
licht gezogen wird 2). Wegen dieser Eigenschaft hat derselbe am Bodensee
auch den Namen »Kropffelchen« erhalten. Es beschränkt sich aber diese
Trommelsucht nicht blos auf den Coreg. hiemalis, sie kann sich in jedem mit
einer Schwimmblase versehenen und in grosser Tiefe lebenden Fische ent-
wickeln, je nachdem die Wandungen der Schwimmblase oder die Bauchwan-
dungen des Fisches der in der Schwimmblase sich ausdehnenden Luft mehr
oder weniger Widerstand leisten, wie sich dies aus folgenden Wahrnehmun-
gen 3) ergiebt. »In einer Tiefe von 40 Klafter haben die Kilche und ihre mit
Luft gefüllte Schwimmblase einen Druck von ungefähr 7½ Atmosphären aus-
zuhalten. Werden diese Fische nun aus ihrem natürlichen Aufenthaltsorte
hinauf an die Wasseroberfläche gebracht, wo der Druck von nur 1 Atmosphäre
von aussen auf sie einwirkt, so wird die in ihrer Schwimmblase eingeschlos-
sene Luft, welche bisher unter dem Drucke von 7½ Atmosphären gestanden
hat, bei dem Heraufziehen der gefangenen Fische allmählich eine Druckvermin-
derung um 6½ Atmosphären erleiden und sich in gleichem Verhältnisse aus-
dehnen; indem aber einer solchen Ausdehnung die dünnen Wände der
Schwimmblase, sowie die nachgiebigen Bauchwandungen des Kilch nicht wi-
derstehen können, muss der Bauch des Fisches auf diese Weise sich ausdeh-
nen und die obenerwähnte unförmliche Gestalt annehmen, wodurch eine so
starke Zerrung und Verschiebung der Baucheingeweide veranlasst und zu-
gleich ein so heftiger Druck auf die Blutgefässe derselben ausgeübt wird, dass
der baldige Tod eines solchen trommelsüchtig gewordenen Fisches unausbleib-
lich erfolgen muss.« Der Kilch des Ammersees muss übrigens zarter gebaut
sein, als der Kilch des Bodensees, da bei ersterem der ausgedehnte Bauch,

1) Wenn Schinz (in Cuvier’s Thierreich Bd. II. pag. 276) von fünf deutlich gezeichne-
ten Punktreihen spricht, welche dieser Fisch statt einer einfachen Seitenlinie besitzen soll,
so beruht dies gewiss auf einer unrichtigen Auffassung des eben erwähnten Hautausschlags,
der in regelmässigen mit der Seitenlinie parallel verlaufenden Reihen die Schuppen besetzt
hält.
2) Es hängt diese trommelsüchtige Auftreibung des Bauches der Kilche nicht im ge-
ringsten mit der Laichzeit zusammen, wie dies Wartmann (a. a. O. p. 431) unrichtig aus-
gesprochen hat.
3) Vergl. meine Mittheilungen über den Kilch des Bodensees a. a. O.
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[256/0269] Familie: Salmonoidei. Länge von 14½ Zoll. Von Ammersee erhielt ich nur Kilche von 8½ bis 9½ Zoll Länge. Die Laichzeit des Kilch beginnt gegen Ende des September und währt bis in den October hinein. Um diese Zeit bedecken sich die Schuppen der Milchner und Rogener dieses Fisches mit demselben Hautausschlag, den ich bereits von dem laichenden Coreg. Wartmanni beschrieben habe 1). Da der Kilch, wie es scheint, unter allen unseren Renken, die tiefsten Stellen der Seen bewohnt, so wird derselbe auch am leichtesten trommelsüch- tig (Taf. II), wenn er aus der Tiefe seines Aufenthalts mit Netzen an das Tages- licht gezogen wird 2). Wegen dieser Eigenschaft hat derselbe am Bodensee auch den Namen »Kropffelchen« erhalten. Es beschränkt sich aber diese Trommelsucht nicht blos auf den Coreg. hiemalis, sie kann sich in jedem mit einer Schwimmblase versehenen und in grosser Tiefe lebenden Fische ent- wickeln, je nachdem die Wandungen der Schwimmblase oder die Bauchwan- dungen des Fisches der in der Schwimmblase sich ausdehnenden Luft mehr oder weniger Widerstand leisten, wie sich dies aus folgenden Wahrnehmun- gen 3) ergiebt. »In einer Tiefe von 40 Klafter haben die Kilche und ihre mit Luft gefüllte Schwimmblase einen Druck von ungefähr 7½ Atmosphären aus- zuhalten. Werden diese Fische nun aus ihrem natürlichen Aufenthaltsorte hinauf an die Wasseroberfläche gebracht, wo der Druck von nur 1 Atmosphäre von aussen auf sie einwirkt, so wird die in ihrer Schwimmblase eingeschlos- sene Luft, welche bisher unter dem Drucke von 7½ Atmosphären gestanden hat, bei dem Heraufziehen der gefangenen Fische allmählich eine Druckvermin- derung um 6½ Atmosphären erleiden und sich in gleichem Verhältnisse aus- dehnen; indem aber einer solchen Ausdehnung die dünnen Wände der Schwimmblase, sowie die nachgiebigen Bauchwandungen des Kilch nicht wi- derstehen können, muss der Bauch des Fisches auf diese Weise sich ausdeh- nen und die obenerwähnte unförmliche Gestalt annehmen, wodurch eine so starke Zerrung und Verschiebung der Baucheingeweide veranlasst und zu- gleich ein so heftiger Druck auf die Blutgefässe derselben ausgeübt wird, dass der baldige Tod eines solchen trommelsüchtig gewordenen Fisches unausbleib- lich erfolgen muss.« Der Kilch des Ammersees muss übrigens zarter gebaut sein, als der Kilch des Bodensees, da bei ersterem der ausgedehnte Bauch, 1) Wenn Schinz (in Cuvier’s Thierreich Bd. II. pag. 276) von fünf deutlich gezeichne- ten Punktreihen spricht, welche dieser Fisch statt einer einfachen Seitenlinie besitzen soll, so beruht dies gewiss auf einer unrichtigen Auffassung des eben erwähnten Hautausschlags, der in regelmässigen mit der Seitenlinie parallel verlaufenden Reihen die Schuppen besetzt hält. 2) Es hängt diese trommelsüchtige Auftreibung des Bauches der Kilche nicht im ge- ringsten mit der Laichzeit zusammen, wie dies Wartmann (a. a. O. p. 431) unrichtig aus- gesprochen hat. 3) Vergl. meine Mittheilungen über den Kilch des Bodensees a. a. O.

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/269>, abgerufen am 28.11.2024.