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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Familie: Cyprinoidei.
an, dass dadurch der Leib des Fisches, in einer gewissen schrägen Richtung
betrachtet, ein schwarzstreifiges Ansehen erhält, indem jenes schwarze Pig-
ment durch die Längsreihen der Schuppen in Längsstreifen hindurch-
schimmert.

Die Nase kann eine Länge von 18 Zoll und eine Schwere von 11/2 Pfund
erreichen, kömmt aber gewöhnlich in der Länge von 9 bis 12 Zoll auf den
hiesigen Fischmarkt, wo dieselbe fast allwöchentlich in grossen Quantitäten,
jedoch als wenig geschätzter Fisch zum Verkauf ausgeboten wird. Ihr Vor-
kommen ist in Süddeutschland, wie es scheint, ein verbreiteteres und häufi-
geres als in Norddeutschland; sowohl im Donau- wie Rhein-Gebiet bevöl-
kern die Nasen einen grossen Theil der Flüsse und Seen. Zur Laichzeit,
welche in die Monate April und Mai fällt, versammeln sich die Nasen in
grossen Schaaren und suchen schnellfliessende Stellen und kiesigen Boden
der Gewässer auf, daher um diese Zeit die in Seen lebenden Nasen sich in
die Ausflüsse der Seen begeben. In manchen Gegenden giebt dies Gelegen-
heit, den Nasenfang in so grossartiger Weise zu betreiben, dass derselbe hun-
derte von Centnern dieser Fische einträgt 1).

Als Nahrung dienen den Nasen meist Pflanzenstoffe, namentlich verschie-
dene Wasseralgen, welche als sogenannte vegetabilische Schleimmassen
Steine und andere im Wasser liegende feste Gegenstände überziehen und
von den scharfen, harten Kieferrändern der Nasen leicht abgelöst werden
können. In Würzburg haben die Nasen von den Fischern den Namen "Speier"
erhalten, weil sie, frisch eingefangen, stets vielen Schlamm ausspeien; es ist
dies wahrscheinlich jener vegetabilische Schleim, den sie im Moment des
Gefangenwerdens noch zwischen den Schlundzähnen festgehalten haben.

Während der Laichzeit schmücken sich die Nasen nicht allein mit dem
bereits erwähnten Hochzeitskleid, sondern die männlichen Individuen erhalten
auch um diese Zeit den bekannten eigenthümlichen Hautausschlag, der bei
ihnen aus kleinen runden, in der Mitte mit einer kurzen conischen Erhaben-
heit versehenen Scheibchen oder aus halbkugeligen Knötchen von weisslicher
Farbe besteht. In Form von Scheibchen hält dieser Ausschlag den Scheitel
und den oberen Theil des Kiemendeckel-Apparats, sowie die Seitentheile der
Schnauze und des Gesichts besetzt; in Gestalt von 12 bis 17 Knötchen säumt

1) Herr Grandauer theilte mir noch kürzlich in einem Briefe mit, dass im April oder
Mai in der Wertach bei Augsburg alljährlich innerhalb 2 bis 3 Wochen 300 Centner Nasen
und darüber gefangen werden. Auch in den von Bruckner herausgegebenen Merkwürdig-
keiten der Landschaft Basel (Stück V. Basel, 1750. pag. 554) geschieht von einem grossen
Nasenfang Meldung, welcher an der Mündung der Birs in den Rhein alljährlich im April
Statt findet. Sehr bekannt ist der äusserst reiche Nasenfang, welcher alljährlich am Eintritt
der Glatt in den Rhein bei Rheinfelden Statt findet (s. Hartmann's helvet. Ichthyologie.
pag. 215).

Familie: Cyprinoidei.
an, dass dadurch der Leib des Fisches, in einer gewissen schrägen Richtung
betrachtet, ein schwarzstreifiges Ansehen erhält, indem jenes schwarze Pig-
ment durch die Längsreihen der Schuppen in Längsstreifen hindurch-
schimmert.

Die Nase kann eine Länge von 18 Zoll und eine Schwere von 1½ Pfund
erreichen, kömmt aber gewöhnlich in der Länge von 9 bis 12 Zoll auf den
hiesigen Fischmarkt, wo dieselbe fast allwöchentlich in grossen Quantitäten,
jedoch als wenig geschätzter Fisch zum Verkauf ausgeboten wird. Ihr Vor-
kommen ist in Süddeutschland, wie es scheint, ein verbreiteteres und häufi-
geres als in Norddeutschland; sowohl im Donau- wie Rhein-Gebiet bevöl-
kern die Nasen einen grossen Theil der Flüsse und Seen. Zur Laichzeit,
welche in die Monate April und Mai fällt, versammeln sich die Nasen in
grossen Schaaren und suchen schnellfliessende Stellen und kiesigen Boden
der Gewässer auf, daher um diese Zeit die in Seen lebenden Nasen sich in
die Ausflüsse der Seen begeben. In manchen Gegenden giebt dies Gelegen-
heit, den Nasenfang in so grossartiger Weise zu betreiben, dass derselbe hun-
derte von Centnern dieser Fische einträgt 1).

Als Nahrung dienen den Nasen meist Pflanzenstoffe, namentlich verschie-
dene Wasseralgen, welche als sogenannte vegetabilische Schleimmassen
Steine und andere im Wasser liegende feste Gegenstände überziehen und
von den scharfen, harten Kieferrändern der Nasen leicht abgelöst werden
können. In Würzburg haben die Nasen von den Fischern den Namen »Speier«
erhalten, weil sie, frisch eingefangen, stets vielen Schlamm ausspeien; es ist
dies wahrscheinlich jener vegetabilische Schleim, den sie im Moment des
Gefangenwerdens noch zwischen den Schlundzähnen festgehalten haben.

Während der Laichzeit schmücken sich die Nasen nicht allein mit dem
bereits erwähnten Hochzeitskleid, sondern die männlichen Individuen erhalten
auch um diese Zeit den bekannten eigenthümlichen Hautausschlag, der bei
ihnen aus kleinen runden, in der Mitte mit einer kurzen conischen Erhaben-
heit versehenen Scheibchen oder aus halbkugeligen Knötchen von weisslicher
Farbe besteht. In Form von Scheibchen hält dieser Ausschlag den Scheitel
und den oberen Theil des Kiemendeckel-Apparats, sowie die Seitentheile der
Schnauze und des Gesichts besetzt; in Gestalt von 12 bis 17 Knötchen säumt

1) Herr Grandauer theilte mir noch kürzlich in einem Briefe mit, dass im April oder
Mai in der Wertach bei Augsburg alljährlich innerhalb 2 bis 3 Wochen 300 Centner Nasen
und darüber gefangen werden. Auch in den von Bruckner herausgegebenen Merkwürdig-
keiten der Landschaft Basel (Stück V. Basel, 1750. pag. 554) geschieht von einem grossen
Nasenfang Meldung, welcher an der Mündung der Birs in den Rhein alljährlich im April
Statt findet. Sehr bekannt ist der äusserst reiche Nasenfang, welcher alljährlich am Eintritt
der Glatt in den Rhein bei Rheinfelden Statt findet (s. Hartmann’s helvet. Ichthyologie.
pag. 215).
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[228/0241] Familie: Cyprinoidei. an, dass dadurch der Leib des Fisches, in einer gewissen schrägen Richtung betrachtet, ein schwarzstreifiges Ansehen erhält, indem jenes schwarze Pig- ment durch die Längsreihen der Schuppen in Längsstreifen hindurch- schimmert. Die Nase kann eine Länge von 18 Zoll und eine Schwere von 1½ Pfund erreichen, kömmt aber gewöhnlich in der Länge von 9 bis 12 Zoll auf den hiesigen Fischmarkt, wo dieselbe fast allwöchentlich in grossen Quantitäten, jedoch als wenig geschätzter Fisch zum Verkauf ausgeboten wird. Ihr Vor- kommen ist in Süddeutschland, wie es scheint, ein verbreiteteres und häufi- geres als in Norddeutschland; sowohl im Donau- wie Rhein-Gebiet bevöl- kern die Nasen einen grossen Theil der Flüsse und Seen. Zur Laichzeit, welche in die Monate April und Mai fällt, versammeln sich die Nasen in grossen Schaaren und suchen schnellfliessende Stellen und kiesigen Boden der Gewässer auf, daher um diese Zeit die in Seen lebenden Nasen sich in die Ausflüsse der Seen begeben. In manchen Gegenden giebt dies Gelegen- heit, den Nasenfang in so grossartiger Weise zu betreiben, dass derselbe hun- derte von Centnern dieser Fische einträgt 1). Als Nahrung dienen den Nasen meist Pflanzenstoffe, namentlich verschie- dene Wasseralgen, welche als sogenannte vegetabilische Schleimmassen Steine und andere im Wasser liegende feste Gegenstände überziehen und von den scharfen, harten Kieferrändern der Nasen leicht abgelöst werden können. In Würzburg haben die Nasen von den Fischern den Namen »Speier« erhalten, weil sie, frisch eingefangen, stets vielen Schlamm ausspeien; es ist dies wahrscheinlich jener vegetabilische Schleim, den sie im Moment des Gefangenwerdens noch zwischen den Schlundzähnen festgehalten haben. Während der Laichzeit schmücken sich die Nasen nicht allein mit dem bereits erwähnten Hochzeitskleid, sondern die männlichen Individuen erhalten auch um diese Zeit den bekannten eigenthümlichen Hautausschlag, der bei ihnen aus kleinen runden, in der Mitte mit einer kurzen conischen Erhaben- heit versehenen Scheibchen oder aus halbkugeligen Knötchen von weisslicher Farbe besteht. In Form von Scheibchen hält dieser Ausschlag den Scheitel und den oberen Theil des Kiemendeckel-Apparats, sowie die Seitentheile der Schnauze und des Gesichts besetzt; in Gestalt von 12 bis 17 Knötchen säumt 1) Herr Grandauer theilte mir noch kürzlich in einem Briefe mit, dass im April oder Mai in der Wertach bei Augsburg alljährlich innerhalb 2 bis 3 Wochen 300 Centner Nasen und darüber gefangen werden. Auch in den von Bruckner herausgegebenen Merkwürdig- keiten der Landschaft Basel (Stück V. Basel, 1750. pag. 554) geschieht von einem grossen Nasenfang Meldung, welcher an der Mündung der Birs in den Rhein alljährlich im April Statt findet. Sehr bekannt ist der äusserst reiche Nasenfang, welcher alljährlich am Eintritt der Glatt in den Rhein bei Rheinfelden Statt findet (s. Hartmann’s helvet. Ichthyologie. pag. 215).

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/241>, abgerufen am 22.11.2024.