in seinem Verlaufe ganz gerade, während derselbe Rand an allen Schlund- knochen von Bliccopsis abramo-rutilus mit einer sanften Wölbung verläuft.
Dass diese Chiemsee-Leitfische wahrscheinlich aus der Vermischung eines Abramiden mit irgend einem anderen Cyprinoiden hervorgegangen sein mögen, vermuthe ich noch aus der besonders unregelmässigen Anordnung der Schuppen, die sich bei den meisten dieser Leitfische auf dem Vorder- rücken wahrnehmen liess; die Schuppen sind hier nämlich auf der Mittellinie des Vorderrückens zum Theil sehr klein und unvollkommen entwickelt, und zum Theil gegen die Rückenflosse hin scheitelförmig geordnet. Aber nicht bloss diese aus dem Chiemsee erhaltenen Leitfische riefen in mir den Gedanken an eine Bastardbildung hervor, auch unter den vielen Leitfischen, die ich in Norddeutschland gesammelt hatte, erweckten einzelne abweichende Formen bei mir den Verdacht, dass ich es hier mit keiner reinen Art, sondern mit einem Bastarde zu thun hätte. So fand ich auf dem Fischmarkte zu Magde- burg einen Abramiden ohne Rückennath und mit 15 weichen, zertheilten Strahlen in der Afterflosse, welchen ich nach der Zahnformel 2.5--5.2 und nach den oberhalb der Seitenlinie angebrachten acht Schuppen-Längsreihen für Bliccopsis abramo-rutilus hätte halten müssen, wenn derselbe nicht Schlundknochen besessen hätte, welche in ihrer Form ganz mit den Schlund- knochen von Abramidopsis Leuckartii übereinstimmten. Unter sieben im Fri- schen Haff bei Tolkemit gefangenen Leitfischen, welche nach Beschuppung, Zahnformel und Bildung der Schlundknochen vollkommen mit Abramidopsis Leuckartii übereinstimmten, stellte sich ein Individuum als Ausnahme heraus, indem seine Zahnformel 1.6--5 an Bliccopsis erinnerte. Unter zwei von Selys aus der Maas an das Wiener Naturalien-Cabinet übersendeten Exemplaren von Abramis HeckeliiSel., welche sich nach der Beschuppung und Schlund- knochenbildung als Abramidopsis Leuckartii zu erkennen gaben, besass das eine Individuum die Zahnformel 6--5, während das andere Individuum die störende Zahnformel 1.5--5 aufzuweisen hatte.
Aus diesen Mittheilungen geht hervor, dass bei einer solchen Wandelbar- keit und Unbeständigkeit der Hauptunterscheidungs-Merkmale die mit einer verkürzten Afterflosse ausgestatteten Abramiden, welche ohne nähere Be- schreibung der Schlundknochen und ohne Angabe der Zahnformel von den Ichthyologen als Cypr. Buggenhagii bezeichnet wurden, eigentlich kaum richtig gedeutet werden können. Daher wage ich kein Urtheil zu fällen über den mit neun oberen Längs-Schuppenreihen ausgestatteten Cypr. Buggenhagii, wel- chen Thompson1) aus dem Flusse Lagan bei Belfast erhalten hatte, und halte es aus denselben Gründen für bedenklich, eine Entscheidung über jenen aus
1) Vergl. dessen Bemerkungen zu: The natural history of Ireland, in Proceedings of the zoological society of London. Part V. 1837. pag. 56.
Familie: Cyprinoidei.
in seinem Verlaufe ganz gerade, während derselbe Rand an allen Schlund- knochen von Bliccopsis abramo-rutilus mit einer sanften Wölbung verläuft.
Dass diese Chiemsee-Leitfische wahrscheinlich aus der Vermischung eines Abramiden mit irgend einem anderen Cyprinoiden hervorgegangen sein mögen, vermuthe ich noch aus der besonders unregelmässigen Anordnung der Schuppen, die sich bei den meisten dieser Leitfische auf dem Vorder- rücken wahrnehmen liess; die Schuppen sind hier nämlich auf der Mittellinie des Vorderrückens zum Theil sehr klein und unvollkommen entwickelt, und zum Theil gegen die Rückenflosse hin scheitelförmig geordnet. Aber nicht bloss diese aus dem Chiemsee erhaltenen Leitfische riefen in mir den Gedanken an eine Bastardbildung hervor, auch unter den vielen Leitfischen, die ich in Norddeutschland gesammelt hatte, erweckten einzelne abweichende Formen bei mir den Verdacht, dass ich es hier mit keiner reinen Art, sondern mit einem Bastarde zu thun hätte. So fand ich auf dem Fischmarkte zu Magde- burg einen Abramiden ohne Rückennath und mit 15 weichen, zertheilten Strahlen in der Afterflosse, welchen ich nach der Zahnformel 2.5—5.2 und nach den oberhalb der Seitenlinie angebrachten acht Schuppen-Längsreihen für Bliccopsis abramo-rutilus hätte halten müssen, wenn derselbe nicht Schlundknochen besessen hätte, welche in ihrer Form ganz mit den Schlund- knochen von Abramidopsis Leuckartii übereinstimmten. Unter sieben im Fri- schen Haff bei Tolkemit gefangenen Leitfischen, welche nach Beschuppung, Zahnformel und Bildung der Schlundknochen vollkommen mit Abramidopsis Leuckartii übereinstimmten, stellte sich ein Individuum als Ausnahme heraus, indem seine Zahnformel 1.6—5 an Bliccopsis erinnerte. Unter zwei von Selys aus der Maas an das Wiener Naturalien-Cabinet übersendeten Exemplaren von Abramis HeckeliiSel., welche sich nach der Beschuppung und Schlund- knochenbildung als Abramidopsis Leuckartii zu erkennen gaben, besass das eine Individuum die Zahnformel 6—5, während das andere Individuum die störende Zahnformel 1.5—5 aufzuweisen hatte.
Aus diesen Mittheilungen geht hervor, dass bei einer solchen Wandelbar- keit und Unbeständigkeit der Hauptunterscheidungs-Merkmale die mit einer verkürzten Afterflosse ausgestatteten Abramiden, welche ohne nähere Be- schreibung der Schlundknochen und ohne Angabe der Zahnformel von den Ichthyologen als Cypr. Buggenhagii bezeichnet wurden, eigentlich kaum richtig gedeutet werden können. Daher wage ich kein Urtheil zu fällen über den mit neun oberen Längs-Schuppenreihen ausgestatteten Cypr. Buggenhagii, wel- chen Thompson1) aus dem Flusse Lagan bei Belfast erhalten hatte, und halte es aus denselben Gründen für bedenklich, eine Entscheidung über jenen aus
1) Vergl. dessen Bemerkungen zu: The natural history of Ireland, in Proceedings of the zoological society of London. Part V. 1837. pag. 56.
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Familie: Cyprinoidei.
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knochen von Bliccopsis abramo-rutilus mit einer sanften Wölbung verläuft.
Dass diese Chiemsee-Leitfische wahrscheinlich aus der Vermischung
eines Abramiden mit irgend einem anderen Cyprinoiden hervorgegangen sein
mögen, vermuthe ich noch aus der besonders unregelmässigen Anordnung
der Schuppen, die sich bei den meisten dieser Leitfische auf dem Vorder-
rücken wahrnehmen liess; die Schuppen sind hier nämlich auf der Mittellinie
des Vorderrückens zum Theil sehr klein und unvollkommen entwickelt, und
zum Theil gegen die Rückenflosse hin scheitelförmig geordnet. Aber nicht
bloss diese aus dem Chiemsee erhaltenen Leitfische riefen in mir den Gedanken
an eine Bastardbildung hervor, auch unter den vielen Leitfischen, die ich in
Norddeutschland gesammelt hatte, erweckten einzelne abweichende Formen
bei mir den Verdacht, dass ich es hier mit keiner reinen Art, sondern mit
einem Bastarde zu thun hätte. So fand ich auf dem Fischmarkte zu Magde-
burg einen Abramiden ohne Rückennath und mit 15 weichen, zertheilten
Strahlen in der Afterflosse, welchen ich nach der Zahnformel 2.5—5.2 und
nach den oberhalb der Seitenlinie angebrachten acht Schuppen-Längsreihen
für Bliccopsis abramo-rutilus hätte halten müssen, wenn derselbe nicht
Schlundknochen besessen hätte, welche in ihrer Form ganz mit den Schlund-
knochen von Abramidopsis Leuckartii übereinstimmten. Unter sieben im Fri-
schen Haff bei Tolkemit gefangenen Leitfischen, welche nach Beschuppung,
Zahnformel und Bildung der Schlundknochen vollkommen mit Abramidopsis
Leuckartii übereinstimmten, stellte sich ein Individuum als Ausnahme heraus,
indem seine Zahnformel 1.6—5 an Bliccopsis erinnerte. Unter zwei von Selys
aus der Maas an das Wiener Naturalien-Cabinet übersendeten Exemplaren
von Abramis Heckelii Sel., welche sich nach der Beschuppung und Schlund-
knochenbildung als Abramidopsis Leuckartii zu erkennen gaben, besass das
eine Individuum die Zahnformel 6—5, während das andere Individuum die
störende Zahnformel 1.5—5 aufzuweisen hatte.
Aus diesen Mittheilungen geht hervor, dass bei einer solchen Wandelbar-
keit und Unbeständigkeit der Hauptunterscheidungs-Merkmale die mit einer
verkürzten Afterflosse ausgestatteten Abramiden, welche ohne nähere Be-
schreibung der Schlundknochen und ohne Angabe der Zahnformel von den
Ichthyologen als Cypr. Buggenhagii bezeichnet wurden, eigentlich kaum richtig
gedeutet werden können. Daher wage ich kein Urtheil zu fällen über den mit
neun oberen Längs-Schuppenreihen ausgestatteten Cypr. Buggenhagii, wel-
chen Thompson 1) aus dem Flusse Lagan bei Belfast erhalten hatte, und halte
es aus denselben Gründen für bedenklich, eine Entscheidung über jenen aus
1) Vergl. dessen Bemerkungen zu: The natural history of Ireland, in Proceedings of
the zoological society of London. Part V. 1837. pag. 56.
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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/163>, abgerufen am 29.07.2024.
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