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Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679.

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An den Leser.
Tags hernach den Ort hinwiederumb ergäntzet
finden. Wie nun dieses in Warheit unter die
grösten Wunder der Welt/ billich zusetzen: Auch
von Christen und Juden hoch zu achten: Also
ist nicht weniger wunderns wehrt/ woher es
doch komme/ daß unter so viel tausend Christli-
chen Pilgern/ die innerhalb etlich hundert Jah-
ren/ das heilige Land besuchet/ und biß an das
Ufer des Todten Meers; ja Theils ihrer Aus-
sage nach/ soweit kommen/ daß über zwo oder
drey Teutscher Meilen davon nicht entfernt ge-
wesen; sie nicht vollend über den geringen Fluß
den Jordan gesetzet/ und dieses Wunder-Bild
nach Würden und Genügen betrachteten/ und
nachmals beschrieben hätten. Ohne Zweiffel
muß hier was anders im Wege stehen/ weilen
die vorgeschützte Gefahr wegen der Araber/ die
Sache nicht ausmachet.

An dem berühmten Berg Synai/ sihet
man im Aufsteigen desselben rechter Hand/ einen
vom Gebürg abgeledigten grauen Felsen/ (da
sonsten das Gebürg selbsten/ alles gantz schwartz-
braun ist/) dieser Felß ist allerdings/ dem
Stamm/ Wurtzel/ Aesten/ Zweigen und
Blättern nach/ gestaltet wie ein natürlicher
Baum. Einige verständige Liebhaber Gött-
licher Wunder/ pflegen Zweige abzubrechen/
und mit sich heimzuführen; unweit davon/ wo
aus zwölff Rissen eines empor stehenden Felsens/
so viel Wasserreiche Quellen hervor tringen/

und
d v

An den Leſer.
Tags hernach den Ort hinwiederumb ergäntzet
finden. Wie nun dieſes in Warheit unter die
gröſten Wunder der Welt/ billich zuſetzen: Auch
von Chriſten und Juden hoch zu achten: Alſo
iſt nicht weniger wunderns wehrt/ woher es
doch komme/ daß unter ſo viel tauſend Chriſtli-
chen Pilgern/ die innerhalb etlich hundert Jah-
ren/ das heilige Land beſuchet/ und biß an das
Ufer des Todten Meers; ja Theils ihrer Aus-
ſage nach/ ſoweit kommen/ daß über zwo oder
drey Teutſcher Meilen davon nicht entfernt ge-
weſen; ſie nicht vollend über den geringen Fluß
den Jordan geſetzet/ und dieſes Wunder-Bild
nach Würden und Genügen betrachteten/ und
nachmals beſchrieben hätten. Ohne Zweiffel
muß hier was anders im Wege ſtehen/ weilen
die vorgeſchützte Gefahr wegen der Araber/ die
Sache nicht ausmachet.

An dem berühmten Berg Synai/ ſihet
man im Aufſteigen deſſelben rechter Hand/ einen
vom Gebürg abgeledigten grauen Felſen/ (da
ſonſten das Gebürg ſelbſten/ alles gantz ſchwartz-
braun iſt/) dieſer Felß iſt allerdings/ dem
Stamm/ Wurtzel/ Aeſten/ Zweigen und
Blättern nach/ geſtaltet wie ein natürlicher
Baum. Einige verſtändige Liebhaber Gött-
licher Wunder/ pflegen Zweige abzubrechen/
und mit ſich heimzuführen; unweit davon/ wo
aus zwölff Riſſen eines empor ſtehenden Felſens/
ſo viel Waſſerreiche Quellen hervor tringen/

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[0065] An den Leſer. Tags hernach den Ort hinwiederumb ergäntzet finden. Wie nun dieſes in Warheit unter die gröſten Wunder der Welt/ billich zuſetzen: Auch von Chriſten und Juden hoch zu achten: Alſo iſt nicht weniger wunderns wehrt/ woher es doch komme/ daß unter ſo viel tauſend Chriſtli- chen Pilgern/ die innerhalb etlich hundert Jah- ren/ das heilige Land beſuchet/ und biß an das Ufer des Todten Meers; ja Theils ihrer Aus- ſage nach/ ſoweit kommen/ daß über zwo oder drey Teutſcher Meilen davon nicht entfernt ge- weſen; ſie nicht vollend über den geringen Fluß den Jordan geſetzet/ und dieſes Wunder-Bild nach Würden und Genügen betrachteten/ und nachmals beſchrieben hätten. Ohne Zweiffel muß hier was anders im Wege ſtehen/ weilen die vorgeſchützte Gefahr wegen der Araber/ die Sache nicht ausmachet. An dem berühmten Berg Synai/ ſihet man im Aufſteigen deſſelben rechter Hand/ einen vom Gebürg abgeledigten grauen Felſen/ (da ſonſten das Gebürg ſelbſten/ alles gantz ſchwartz- braun iſt/) dieſer Felß iſt allerdings/ dem Stamm/ Wurtzel/ Aeſten/ Zweigen und Blättern nach/ geſtaltet wie ein natürlicher Baum. Einige verſtändige Liebhaber Gött- licher Wunder/ pflegen Zweige abzubrechen/ und mit ſich heimzuführen; unweit davon/ wo aus zwölff Riſſen eines empor ſtehenden Felſens/ ſo viel Waſſerreiche Quellen hervor tringen/ und d v

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Zitationshilfe: Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seyfried_medulla_1679/65>, abgerufen am 04.05.2024.