merzt werden sollen. Die Musik war eklektisch und gab Reminiscenzen, war aber sehr gefällig, und schon mehr italiänisch als deutsch. Der Gesang war besser, als ich ihn seit Guardasonis schöner Periode irgend wo gehört habe. Das Personale ist ziemlich gut be¬ setzt, und vorzüglich das weibliche nicht so ärmlich als in Dresden und Wien. Das einzige was mir miss¬ fiel waren die Furien und Teufel, welche durchaus aussahen wie die Kohlenbrenner vom Blocksberge.
In einer Prolepse muss ich Dir, nicht ganz zur Ehre unserer Mitbürger, sagen, dass ich auf meiner ganzen Wanderschaft kein so schlechtes Schauspielhaus gesehen habe, als bey uns in Leipzig. Hier in Oest¬ reich und durch ganz Italien und auch in Frankreich sind überall gehörige bequeme Vorzimmer am Ein¬ gange, und die meisten haben Kaffeehäuser von meh¬ rern Piecen, wo man Erfrischungen aller Art und gut haben kann. Bey uns wird das Publikum in einem schlechten Winkel ziemlich schlecht bedient, und für Bequemlichkeit und Vergnügen derjenigen, die nun gerade diese Scene oder diesen Akt nicht sehen wol¬ len, ist gar nicht gesorgt. An Feuersgefahr scheint man eben so wenig gedacht zu haben, und sperrt das Publikum auf Gnade und Ungnade ohne Rettung und Ausflucht zusammen.
Die Gräzer sind ein gutes, geselliges, jovialisches Völkchen; sie sprechen im Durchschnitt etwas besser deutsch als die Wiener. Der Adel soll viel alten Stolz haben. Das ist nun so überall sein Geist, etwas grö¬ ber oder feiner; ausgenommen vielleicht in grossen Städten und grossen Residenzen, wo sich die Menschen
merzt werden sollen. Die Musik war eklektisch und gab Reminiscenzen, war aber sehr gefällig, und schon mehr italiänisch als deutsch. Der Gesang war besser, als ich ihn seit Guardasonis schöner Periode irgend wo gehört habe. Das Personale ist ziemlich gut be¬ setzt, und vorzüglich das weibliche nicht so ärmlich als in Dresden und Wien. Das einzige was mir miſs¬ fiel waren die Furien und Teufel, welche durchaus aussahen wie die Kohlenbrenner vom Blocksberge.
In einer Prolepse muſs ich Dir, nicht ganz zur Ehre unserer Mitbürger, sagen, daſs ich auf meiner ganzen Wanderschaft kein so schlechtes Schauspielhaus gesehen habe, als bey uns in Leipzig. Hier in Oest¬ reich und durch ganz Italien und auch in Frankreich sind überall gehörige bequeme Vorzimmer am Ein¬ gange, und die meisten haben Kaffeehäuser von meh¬ rern Piecen, wo man Erfrischungen aller Art und gut haben kann. Bey uns wird das Publikum in einem schlechten Winkel ziemlich schlecht bedient, und für Bequemlichkeit und Vergnügen derjenigen, die nun gerade diese Scene oder diesen Akt nicht sehen wol¬ len, ist gar nicht gesorgt. An Feuersgefahr scheint man eben so wenig gedacht zu haben, und sperrt das Publikum auf Gnade und Ungnade ohne Rettung und Ausflucht zusammen.
Die Gräzer sind ein gutes, geselliges, jovialisches Völkchen; sie sprechen im Durchschnitt etwas besser deutsch als die Wiener. Der Adel soll viel alten Stolz haben. Das ist nun so überall sein Geist, etwas grö¬ ber oder feiner; ausgenommen vielleicht in groſsen Städten und groſsen Residenzen, wo sich die Menschen
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[58/0084]
merzt werden sollen. Die Musik war eklektisch und
gab Reminiscenzen, war aber sehr gefällig, und schon
mehr italiänisch als deutsch. Der Gesang war besser,
als ich ihn seit Guardasonis schöner Periode irgend
wo gehört habe. Das Personale ist ziemlich gut be¬
setzt, und vorzüglich das weibliche nicht so ärmlich
als in Dresden und Wien. Das einzige was mir miſs¬
fiel waren die Furien und Teufel, welche durchaus
aussahen wie die Kohlenbrenner vom Blocksberge.
In einer Prolepse muſs ich Dir, nicht ganz zur
Ehre unserer Mitbürger, sagen, daſs ich auf meiner
ganzen Wanderschaft kein so schlechtes Schauspielhaus
gesehen habe, als bey uns in Leipzig. Hier in Oest¬
reich und durch ganz Italien und auch in Frankreich
sind überall gehörige bequeme Vorzimmer am Ein¬
gange, und die meisten haben Kaffeehäuser von meh¬
rern Piecen, wo man Erfrischungen aller Art und gut
haben kann. Bey uns wird das Publikum in einem
schlechten Winkel ziemlich schlecht bedient, und für
Bequemlichkeit und Vergnügen derjenigen, die nun
gerade diese Scene oder diesen Akt nicht sehen wol¬
len, ist gar nicht gesorgt. An Feuersgefahr scheint
man eben so wenig gedacht zu haben, und sperrt das
Publikum auf Gnade und Ungnade ohne Rettung und
Ausflucht zusammen.
Die Gräzer sind ein gutes, geselliges, jovialisches
Völkchen; sie sprechen im Durchschnitt etwas besser
deutsch als die Wiener. Der Adel soll viel alten Stolz
haben. Das ist nun so überall sein Geist, etwas grö¬
ber oder feiner; ausgenommen vielleicht in groſsen
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/84>, abgerufen am 25.11.2024.
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