dung ist an der Wien meistens ordentlicher und ge¬ schmackvoller, als die verunglückte Pracht dort am Hofe, wo die Stiefletten des Heldengefolges noch manchmahl einen sehr ärmlichen Aufzug machen. So lange Schikaneder Possen, Schnurren und seine eigenen tollen Operetten giebt, wo der Wiener Dialekt und der Ton des Orts nicht angenehm mit wirkt, kann er auch Leute von gebildetem Geschmack einige Mahl vergnügen; aber wenn er sich an ernsthafte Stücke wagt, die höheres Studium und durchaus einen höheren Grad von Bildung erfodern, muss der Versuch aller¬ dings immer sehr schlecht ausfallen. Aber hier wird er vielleicht sagen, ich arbeite für mein Haus: dawi¬ der ist denn nichts einzuwenden; nur möchte ich dann nicht zu seinem Hause gehören. Er will aber höchst wahrscheinlich für nichts weiter gelten, als für das Mittel zwischen Kasperle und der Vollendung der mi¬ mischen Kunst im Nationaltheater. Die Herren Kas¬ perle und Schikaneder mögen ihre subordinirten Zwe¬ cke so ziemlich erreicht haben; aber das Nationalthea¬ ter ist, so wie ich es sah, noch weit entfernt, dem er¬ sten Ort unsers Vaterlandes und der Residenz eines grossen Monarchen durch seinen Gehalt Ehre zu machen.
Den Herrn Kasperle aus der Leopoldstadt hat, wie ich höre, der Kaiser zum Baron gemacht; und mich däucht, der Herr hat seine Würde so gut verdient, als die meisten, die dazu erhoben werden. Er soll über¬ diess das wesentliche Verdienst besitzen, ein sehr guter Haushalter zu seyn.
Ueber die öffentlichen Angelegenheiten wird in
dung ist an der Wien meistens ordentlicher und ge¬ schmackvoller, als die verunglückte Pracht dort am Hofe, wo die Stiefletten des Heldengefolges noch manchmahl einen sehr ärmlichen Aufzug machen. So lange Schikaneder Possen, Schnurren und seine eigenen tollen Operetten giebt, wo der Wiener Dialekt und der Ton des Orts nicht angenehm mit wirkt, kann er auch Leute von gebildetem Geschmack einige Mahl vergnügen; aber wenn er sich an ernsthafte Stücke wagt, die höheres Studium und durchaus einen höheren Grad von Bildung erfodern, muſs der Versuch aller¬ dings immer sehr schlecht ausfallen. Aber hier wird er vielleicht sagen, ich arbeite für mein Haus: dawi¬ der ist denn nichts einzuwenden; nur möchte ich dann nicht zu seinem Hause gehören. Er will aber höchst wahrscheinlich für nichts weiter gelten, als für das Mittel zwischen Kasperle und der Vollendung der mi¬ mischen Kunst im Nationaltheater. Die Herren Kas¬ perle und Schikaneder mögen ihre subordinirten Zwe¬ cke so ziemlich erreicht haben; aber das Nationalthea¬ ter ist, so wie ich es sah, noch weit entfernt, dem er¬ sten Ort unsers Vaterlandes und der Residenz eines groſsen Monarchen durch seinen Gehalt Ehre zu machen.
Den Herrn Kasperle aus der Leopoldstadt hat, wie ich höre, der Kaiser zum Baron gemacht; und mich däucht, der Herr hat seine Würde so gut verdient, als die meisten, die dazu erhoben werden. Er soll über¬ dieſs das wesentliche Verdienst besitzen, ein sehr guter Haushalter zu seyn.
Ueber die öffentlichen Angelegenheiten wird in
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dung ist an der Wien meistens ordentlicher und ge¬
schmackvoller, als die verunglückte Pracht dort am
Hofe, wo die Stiefletten des Heldengefolges noch
manchmahl einen sehr ärmlichen Aufzug machen. So
lange Schikaneder Possen, Schnurren und seine eigenen
tollen Operetten giebt, wo der Wiener Dialekt und
der Ton des Orts nicht angenehm mit wirkt, kann er
auch Leute von gebildetem Geschmack einige Mahl
vergnügen; aber wenn er sich an ernsthafte Stücke
wagt, die höheres Studium und durchaus einen höheren
Grad von Bildung erfodern, muſs der Versuch aller¬
dings immer sehr schlecht ausfallen. Aber hier wird
er vielleicht sagen, ich arbeite für mein Haus: dawi¬
der ist denn nichts einzuwenden; nur möchte ich dann
nicht zu seinem Hause gehören. Er will aber höchst
wahrscheinlich für nichts weiter gelten, als für das
Mittel zwischen Kasperle und der Vollendung der mi¬
mischen Kunst im Nationaltheater. Die Herren Kas¬
perle und Schikaneder mögen ihre subordinirten Zwe¬
cke so ziemlich erreicht haben; aber das Nationalthea¬
ter ist, so wie ich es sah, noch weit entfernt, dem er¬
sten Ort unsers Vaterlandes und der Residenz eines
groſsen Monarchen durch seinen Gehalt Ehre zu
machen.
Den Herrn Kasperle aus der Leopoldstadt hat, wie
ich höre, der Kaiser zum Baron gemacht; und mich
däucht, der Herr hat seine Würde so gut verdient, als
die meisten, die dazu erhoben werden. Er soll über¬
dieſs das wesentliche Verdienst besitzen, ein sehr guter
Haushalter zu seyn.
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/61>, abgerufen am 25.11.2024.
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