mer, wenn sie militärisch ist und wenn man anfängt ausschliesslich den Bürger von dem Krieger zu tren¬ nen. In Frankreich macht der Soldat wieder alles, und was ein General sagt, ist Gesetz in seinem Distrikt. Die nächsten Militäre nach dem Konsul bezeichnen ih¬ ren Charakter genug durch ihre Bereicherung. Der allgemeine Liebling der Nation ist Moreau, und der Mann verdient ohne Zweifel die grosse stille Verehrung seines ganzen Zeitalters. Ich bin nirgends gewesen, in Deutschland, Italien und Frankreich, wo man nebst seinen Kriegstalenten nicht seine tadellose Rechtlich¬ keit, seine Mässigung und Humanität gepriesen hätte. Er soll es ausgeschlagen haben, Offizier der Ehrenle¬ gion zu werden, die so eben errichtet werden soll, und die jeder Republikaner für unrepublikanisch und für die Wiederauflebung des Feudalwesens hält. Man thut ihm vielleicht keinen Dienst, ihn mit dem öffent¬ lichen System in Kollision zu setzen; aber seine Un¬ zufriedenheit wird überall ziemlich laut erzählt. Seine Partisane, die weniger Mässigung haben, als er selbst, wünschten ihn hier und da laut am Ruder und sagten nur Moreau grand consul; zogen aber die Worte so sonderbar, dass es klang wie Mort au grand consul. Die Sprache erleichtert viel solche Spiele, hinter welche sich die Partheysucht versteckt.
In der Postkutsche von Mainz hierher war ein Gewimmel von Menschen und einige segneten sich wirklich ganz laut, dass sie aus der vermaledeyten Frei¬ heit einmal heraus wären, in der man sie blutig so sklavisch behandle. Diess waren ihre eigenen Aus¬ drücke. Und doch waren sie mit ihrem ganzen Ver¬
mer, wenn sie militärisch ist und wenn man anfängt ausschlieſslich den Bürger von dem Krieger zu tren¬ nen. In Frankreich macht der Soldat wieder alles, und was ein General sagt, ist Gesetz in seinem Distrikt. Die nächsten Militäre nach dem Konsul bezeichnen ih¬ ren Charakter genug durch ihre Bereicherung. Der allgemeine Liebling der Nation ist Moreau, und der Mann verdient ohne Zweifel die groſse stille Verehrung seines ganzen Zeitalters. Ich bin nirgends gewesen, in Deutschland, Italien und Frankreich, wo man nebst seinen Kriegstalenten nicht seine tadellose Rechtlich¬ keit, seine Mäſsigung und Humanität gepriesen hätte. Er soll es ausgeschlagen haben, Offizier der Ehrenle¬ gion zu werden, die so eben errichtet werden soll, und die jeder Republikaner für unrepublikanisch und für die Wiederauflebung des Feudalwesens hält. Man thut ihm vielleicht keinen Dienst, ihn mit dem öffent¬ lichen System in Kollision zu setzen; aber seine Un¬ zufriedenheit wird überall ziemlich laut erzählt. Seine Partisane, die weniger Mäſsigung haben, als er selbst, wünschten ihn hier und da laut am Ruder und sagten nur Moreau grand consul; zogen aber die Worte so sonderbar, daſs es klang wie Mort au grand consul. Die Sprache erleichtert viel solche Spiele, hinter welche sich die Partheysucht versteckt.
In der Postkutsche von Mainz hierher war ein Gewimmel von Menschen und einige segneten sich wirklich ganz laut, daſs sie aus der vermaledeyten Frei¬ heit einmal heraus wären, in der man sie blutig so sklavisch behandle. Dieſs waren ihre eigenen Aus¬ drücke. Und doch waren sie mit ihrem ganzen Ver¬
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[480 /0508]
mer, wenn sie militärisch ist und wenn man anfängt
ausschlieſslich den Bürger von dem Krieger zu tren¬
nen. In Frankreich macht der Soldat wieder alles,
und was ein General sagt, ist Gesetz in seinem Distrikt.
Die nächsten Militäre nach dem Konsul bezeichnen ih¬
ren Charakter genug durch ihre Bereicherung. Der
allgemeine Liebling der Nation ist Moreau, und der
Mann verdient ohne Zweifel die groſse stille Verehrung
seines ganzen Zeitalters. Ich bin nirgends gewesen, in
Deutschland, Italien und Frankreich, wo man nebst
seinen Kriegstalenten nicht seine tadellose Rechtlich¬
keit, seine Mäſsigung und Humanität gepriesen hätte.
Er soll es ausgeschlagen haben, Offizier der Ehrenle¬
gion zu werden, die so eben errichtet werden soll,
und die jeder Republikaner für unrepublikanisch und
für die Wiederauflebung des Feudalwesens hält. Man
thut ihm vielleicht keinen Dienst, ihn mit dem öffent¬
lichen System in Kollision zu setzen; aber seine Un¬
zufriedenheit wird überall ziemlich laut erzählt. Seine
Partisane, die weniger Mäſsigung haben, als er selbst,
wünschten ihn hier und da laut am Ruder und sagten
nur Moreau grand consul; zogen aber die Worte so
sonderbar, daſs es klang wie Mort au grand consul.
Die Sprache erleichtert viel solche Spiele, hinter welche
sich die Partheysucht versteckt.
In der Postkutsche von Mainz hierher war ein
Gewimmel von Menschen und einige segneten sich
wirklich ganz laut, daſs sie aus der vermaledeyten Frei¬
heit einmal heraus wären, in der man sie blutig so
sklavisch behandle. Dieſs waren ihre eigenen Aus¬
drücke. Und doch waren sie mit ihrem ganzen Ver¬
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 480 . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/508>, abgerufen am 23.11.2024.
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