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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

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da. Nur an einigen Stellen dringt etwas Rauch durch
die felsigen Lavaritzen hervor. Man kann also hinun¬
ter gehen. Die Franzosen, welche es zuerst thaten,
wenigstens so viel man weiss, haben viel Rotomon¬
tade von der Unternehmung gemacht: jetzt ist es von
der Seite von Pompeji ziemlich leicht. Fast jeder, der
herauf steigt, steigt hinab in den Schlund; und es sind
von meinen Bekannten viele unten gewesen. Ich
selbst hatte den rechten Weg nicht gefasst, weil ich
eine andere kleinere Oeffnung untersuchen wollte, aus
welcher auch noch etwas Dampf kam und zuweilen
auch Flamme kommen soll. Die Zeit war mir nun
zu kurz; sonst wäre ich von der andern Seite noch
ganz hinunter gestiegen. Gefahr kann weiter nicht
seyn, als die gewöhnliche. Während mein Führer und
der Kasertaner ruhten und schwatzten, sah ich mich
um. Die Aussicht ist fast die nehmliche, wie bey den
Kamaldulensern: ich würde jene noch vorziehen, ob¬
gleich diese grösser ist. Nur die Stadt und die ganze
Parthie von Posilippo hat man hier besser. Nie hatte
ich noch so furchtbare Hitze ausgestanden als im Her¬
aufsteigen. Jetzt schwebten über Surrent einige Wölk¬
chen und über dem Avernus ein Donnerwetter: es
ward Abend und ich eilte hinab. Hinunter geht es
sehr schnell. Ich hatte schon Durst als die Reise auf¬
wärts ging; und nun suchte ich lechzend überall Was¬
ser. Ein artiges liebliches Mädchen brachte uns end¬
lich aus einem der obersten Weinberge ein grosses vol¬
les Gefäss. So durstig ich auch war, war mir doch
das Mädchen fast willkommener als das Wasser: und
wenn ich länger hier bliebe, ich glaube fast ich würde

da. Nur an einigen Stellen dringt etwas Rauch durch
die felsigen Lavaritzen hervor. Man kann also hinun¬
ter gehen. Die Franzosen, welche es zuerst thaten,
wenigstens so viel man weiſs, haben viel Rotomon¬
tade von der Unternehmung gemacht: jetzt ist es von
der Seite von Pompeji ziemlich leicht. Fast jeder, der
herauf steigt, steigt hinab in den Schlund; und es sind
von meinen Bekannten viele unten gewesen. Ich
selbst hatte den rechten Weg nicht gefaſst, weil ich
eine andere kleinere Oeffnung untersuchen wollte, aus
welcher auch noch etwas Dampf kam und zuweilen
auch Flamme kommen soll. Die Zeit war mir nun
zu kurz; sonst wäre ich von der andern Seite noch
ganz hinunter gestiegen. Gefahr kann weiter nicht
seyn, als die gewöhnliche. Während mein Führer und
der Kasertaner ruhten und schwatzten, sah ich mich
um. Die Aussicht ist fast die nehmliche, wie bey den
Kamaldulensern: ich würde jene noch vorziehen, ob¬
gleich diese gröſser ist. Nur die Stadt und die ganze
Parthie von Posilippo hat man hier besser. Nie hatte
ich noch so furchtbare Hitze ausgestanden als im Her¬
aufsteigen. Jetzt schwebten über Surrent einige Wölk¬
chen und über dem Avernus ein Donnerwetter: es
ward Abend und ich eilte hinab. Hinunter geht es
sehr schnell. Ich hatte schon Durst als die Reise auf¬
wärts ging; und nun suchte ich lechzend überall Was¬
ser. Ein artiges liebliches Mädchen brachte uns end¬
lich aus einem der obersten Weinberge ein groſses vol¬
les Gefäſs. So durstig ich auch war, war mir doch
das Mädchen fast willkommener als das Wasser: und
wenn ich länger hier bliebe, ich glaube fast ich würde

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[352 /0380] da. Nur an einigen Stellen dringt etwas Rauch durch die felsigen Lavaritzen hervor. Man kann also hinun¬ ter gehen. Die Franzosen, welche es zuerst thaten, wenigstens so viel man weiſs, haben viel Rotomon¬ tade von der Unternehmung gemacht: jetzt ist es von der Seite von Pompeji ziemlich leicht. Fast jeder, der herauf steigt, steigt hinab in den Schlund; und es sind von meinen Bekannten viele unten gewesen. Ich selbst hatte den rechten Weg nicht gefaſst, weil ich eine andere kleinere Oeffnung untersuchen wollte, aus welcher auch noch etwas Dampf kam und zuweilen auch Flamme kommen soll. Die Zeit war mir nun zu kurz; sonst wäre ich von der andern Seite noch ganz hinunter gestiegen. Gefahr kann weiter nicht seyn, als die gewöhnliche. Während mein Führer und der Kasertaner ruhten und schwatzten, sah ich mich um. Die Aussicht ist fast die nehmliche, wie bey den Kamaldulensern: ich würde jene noch vorziehen, ob¬ gleich diese gröſser ist. Nur die Stadt und die ganze Parthie von Posilippo hat man hier besser. Nie hatte ich noch so furchtbare Hitze ausgestanden als im Her¬ aufsteigen. Jetzt schwebten über Surrent einige Wölk¬ chen und über dem Avernus ein Donnerwetter: es ward Abend und ich eilte hinab. Hinunter geht es sehr schnell. Ich hatte schon Durst als die Reise auf¬ wärts ging; und nun suchte ich lechzend überall Was¬ ser. Ein artiges liebliches Mädchen brachte uns end¬ lich aus einem der obersten Weinberge ein groſses vol¬ les Gefäſs. So durstig ich auch war, war mir doch das Mädchen fast willkommener als das Wasser: und wenn ich länger hier bliebe, ich glaube fast ich würde

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Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 352 . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/380>, abgerufen am 29.03.2024.