herrliche Schiffe, und so oft ich etwas von der engli¬ schen Flotte gesehen habe, habe ich unwillkührlich den übermüthigen Insulanern ihr stolzes Britannia, rule the waves verziehen; eben so wie dem Pariser Didot sein Excudebam, wenn ich die Arbeit selbst be¬ trachtete.
Von der Wasserseite möchte es immer etwas ko¬ sten, Messina anzugreifen: aber zu Lande, von Skaletta her, würde man so ziemlich gleich gegen gleich fech¬ ten, und der Ort würde sich nicht halten. Ich war hier an einen Präpositus in einem Kloster empfohlen, der viel Güte und Freundlichkeit aber ziemlich wenig Sinn für Aufklärung hatte, welches man dem guten Mann in seiner Lage so übel nicht nehmen muss. Er begleitete mich mit vieler Gefälligkeit überall hin, und wollte mich in dem Kloster logieren; aber ich hatte schon in der Stadt ein ziemlich gutes Wirthshaus. Die Kirche des heiligen Gregorius auf einer ziemlichen An¬ höhe ist reich an Freskogemälden und Marmorarbeit: aber was mir wichtiger ist als dieses, sie giebt von ih¬ rer Fassade links und rechts die schönste Aussicht über die Stadt und den Meerbusen; und mit einem guten Glase muss man hier sehen können, was gegen über am Ufer in Italien und in Rhegio auf den Gassen ge¬ schieht. In dem Hause des Herrn Marini, eines Patri¬ ciers der Stadt, steht als neuestes Alterthum ein Stück einer alten Säule mit Inschrift, das vor einiger Zeit gefunden worden ist. Sie hat auf einem Brunnen gestanden, und man behauptet, ihre Inschrift sey grie¬ chisch; aber niemand ist da, der sie erklären könnte. Ob ich gleich leidlich griechisch lese, so konnte ich
herrliche Schiffe, und so oft ich etwas von der engli¬ schen Flotte gesehen habe, habe ich unwillkührlich den übermüthigen Insulanern ihr stolzes Britannia, rule the waves verziehen; eben so wie dem Pariser Didot sein Excudebam, wenn ich die Arbeit selbst be¬ trachtete.
Von der Wasserseite möchte es immer etwas ko¬ sten, Messina anzugreifen: aber zu Lande, von Skaletta her, würde man so ziemlich gleich gegen gleich fech¬ ten, und der Ort würde sich nicht halten. Ich war hier an einen Präpositus in einem Kloster empfohlen, der viel Güte und Freundlichkeit aber ziemlich wenig Sinn für Aufklärung hatte, welches man dem guten Mann in seiner Lage so übel nicht nehmen muſs. Er begleitete mich mit vieler Gefälligkeit überall hin, und wollte mich in dem Kloster logieren; aber ich hatte schon in der Stadt ein ziemlich gutes Wirthshaus. Die Kirche des heiligen Gregorius auf einer ziemlichen An¬ höhe ist reich an Freskogemälden und Marmorarbeit: aber was mir wichtiger ist als dieses, sie giebt von ih¬ rer Faſsade links und rechts die schönste Aussicht über die Stadt und den Meerbusen; und mit einem guten Glase muſs man hier sehen können, was gegen über am Ufer in Italien und in Rhegio auf den Gassen ge¬ schieht. In dem Hause des Herrn Marini, eines Patri¬ ciers der Stadt, steht als neuestes Alterthum ein Stück einer alten Säule mit Inschrift, das vor einiger Zeit gefunden worden ist. Sie hat auf einem Brunnen gestanden, und man behauptet, ihre Inschrift sey grie¬ chisch; aber niemand ist da, der sie erklären könnte. Ob ich gleich leidlich griechisch lese, so konnte ich
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[302/0328]
herrliche Schiffe, und so oft ich etwas von der engli¬
schen Flotte gesehen habe, habe ich unwillkührlich
den übermüthigen Insulanern ihr stolzes Britannia,
rule the waves verziehen; eben so wie dem Pariser
Didot sein Excudebam, wenn ich die Arbeit selbst be¬
trachtete.
Von der Wasserseite möchte es immer etwas ko¬
sten, Messina anzugreifen: aber zu Lande, von Skaletta
her, würde man so ziemlich gleich gegen gleich fech¬
ten, und der Ort würde sich nicht halten. Ich war
hier an einen Präpositus in einem Kloster empfohlen,
der viel Güte und Freundlichkeit aber ziemlich wenig
Sinn für Aufklärung hatte, welches man dem guten
Mann in seiner Lage so übel nicht nehmen muſs. Er
begleitete mich mit vieler Gefälligkeit überall hin, und
wollte mich in dem Kloster logieren; aber ich hatte
schon in der Stadt ein ziemlich gutes Wirthshaus. Die
Kirche des heiligen Gregorius auf einer ziemlichen An¬
höhe ist reich an Freskogemälden und Marmorarbeit:
aber was mir wichtiger ist als dieses, sie giebt von ih¬
rer Faſsade links und rechts die schönste Aussicht über
die Stadt und den Meerbusen; und mit einem guten
Glase muſs man hier sehen können, was gegen über
am Ufer in Italien und in Rhegio auf den Gassen ge¬
schieht. In dem Hause des Herrn Marini, eines Patri¬
ciers der Stadt, steht als neuestes Alterthum ein Stück
einer alten Säule mit Inschrift, das vor einiger Zeit
gefunden worden ist. Sie hat auf einem Brunnen
gestanden, und man behauptet, ihre Inschrift sey grie¬
chisch; aber niemand ist da, der sie erklären könnte.
Ob ich gleich leidlich griechisch lese, so konnte ich
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/328>, abgerufen am 22.11.2024.
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