genden, geben reichlich, wenn man fleissig ist. Sici¬ lien ist ein Land des Fleisses, der Arbeit und der Aus¬ dauer. Man will jetzt aber nur da bauen, wo man fast nicht nöthig hat zu arbeiten. Es sind freylich wenig grosse Striche hier, die so schwelgerisch frucht¬ bar wären wie das Kampanerthal: aber es könnte viel schönes Paradies geschaffen werden.
Der Hafen ist fast leer, und ist vielleicht einer der schönsten auf dem Erdboden. Wenn man ein Fort auf Plemmyrium und eines auf Ortygia hat, so kann keine Felucke heraus und hinein. Jetzt kreuzen die Korsaren bis vor die Kanonen. Als im vorigen Kriege die Franzosen Miene machten sich der Insel zu bemächtigen, war hier schon alles entschlossen sich recht tapfer zu ergeben. Man erzählte mir eine Anek¬ dote, die mir unglaublich vorkam, aber sie wurde verschieden im Publikum hier und da wiederholt. Der Gouverneur, um ja durchaus ausser Stande zu seyn schnell zu handeln, lässt alle Kaliber der Kugeln durch einander werfen und die Munition in Unord¬ nung bringen. Die Franzosen nahmen ihren Weg nach Aegypten und es war weder Gefecht noch Erge¬ ben nöthig; die Excellenz zog sich durch ein sanftes seliges Ende aus allem Verdruss. Wenn die Franzosen ihren Vortheil besser verstanden, anstatt an den Nil zu gehen vorher die Insel anzugreifen; mit zehn tau¬ send Mann hätten sie dieselbe mit ihrer gewönlichen Energie genommen und mit gehöriger Klugheit auch behauptet. Freylich wären dazu andere Maassregeln nöthig gewesen, als ihre Generale und Kommissäre zur Schande der Nation und ihrer Sache hier und da er¬
genden, geben reichlich, wenn man fleiſsig ist. Sici¬ lien ist ein Land des Fleiſses, der Arbeit und der Aus¬ dauer. Man will jetzt aber nur da bauen, wo man fast nicht nöthig hat zu arbeiten. Es sind freylich wenig groſse Striche hier, die so schwelgerisch frucht¬ bar wären wie das Kampanerthal: aber es könnte viel schönes Paradies geschaffen werden.
Der Hafen ist fast leer, und ist vielleicht einer der schönsten auf dem Erdboden. Wenn man ein Fort auf Plemmyrium und eines auf Ortygia hat, so kann keine Felucke heraus und hinein. Jetzt kreuzen die Korsaren bis vor die Kanonen. Als im vorigen Kriege die Franzosen Miene machten sich der Insel zu bemächtigen, war hier schon alles entschlossen sich recht tapfer zu ergeben. Man erzählte mir eine Anek¬ dote, die mir unglaublich vorkam, aber sie wurde verschieden im Publikum hier und da wiederholt. Der Gouverneur, um ja durchaus auſser Stande zu seyn schnell zu handeln, läſst alle Kaliber der Kugeln durch einander werfen und die Munition in Unord¬ nung bringen. Die Franzosen nahmen ihren Weg nach Aegypten und es war weder Gefecht noch Erge¬ ben nöthig; die Excellenz zog sich durch ein sanftes seliges Ende aus allem Verdruſs. Wenn die Franzosen ihren Vortheil besser verstanden, anstatt an den Nil zu gehen vorher die Insel anzugreifen; mit zehn tau¬ send Mann hätten sie dieselbe mit ihrer gewönlichen Energie genommen und mit gehöriger Klugheit auch behauptet. Freylich wären dazu andere Maaſsregeln nöthig gewesen, als ihre Generale und Kommissäre zur Schande der Nation und ihrer Sache hier und da er¬
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[265/0291]
genden, geben reichlich, wenn man fleiſsig ist. Sici¬
lien ist ein Land des Fleiſses, der Arbeit und der Aus¬
dauer. Man will jetzt aber nur da bauen, wo man
fast nicht nöthig hat zu arbeiten. Es sind freylich
wenig groſse Striche hier, die so schwelgerisch frucht¬
bar wären wie das Kampanerthal: aber es könnte viel
schönes Paradies geschaffen werden.
Der Hafen ist fast leer, und ist vielleicht einer
der schönsten auf dem Erdboden. Wenn man ein
Fort auf Plemmyrium und eines auf Ortygia hat, so
kann keine Felucke heraus und hinein. Jetzt kreuzen
die Korsaren bis vor die Kanonen. Als im vorigen
Kriege die Franzosen Miene machten sich der Insel zu
bemächtigen, war hier schon alles entschlossen sich
recht tapfer zu ergeben. Man erzählte mir eine Anek¬
dote, die mir unglaublich vorkam, aber sie wurde
verschieden im Publikum hier und da wiederholt.
Der Gouverneur, um ja durchaus auſser Stande zu
seyn schnell zu handeln, läſst alle Kaliber der Kugeln
durch einander werfen und die Munition in Unord¬
nung bringen. Die Franzosen nahmen ihren Weg
nach Aegypten und es war weder Gefecht noch Erge¬
ben nöthig; die Excellenz zog sich durch ein sanftes
seliges Ende aus allem Verdruſs. Wenn die Franzosen
ihren Vortheil besser verstanden, anstatt an den Nil
zu gehen vorher die Insel anzugreifen; mit zehn tau¬
send Mann hätten sie dieselbe mit ihrer gewönlichen
Energie genommen und mit gehöriger Klugheit auch
behauptet. Freylich wären dazu andere Maaſsregeln
nöthig gewesen, als ihre Generale und Kommissäre zur
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/291>, abgerufen am 25.11.2024.
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