Ich schnallte in Grimme meinen Tornister, und wir gingen. Eine Karavane guter gemüthlicher Leutchen gab uns das Geleite bis über die Berge des Mulden¬ thals, und Freund Grossmann sprach mit Freund Schnorr sehr viel aus dem Heiligthume ihrer Göttin, wovon ich Profaner sehr wenig verstand. Unbemerkt suchte ich einige Minuten für mich, setzte mich Sankt Georgens grossem Lindwurm gegen über und betete mein Reisegebet, dass der Himmel mir geben möchte billige freundliche Wirthe und höfliche Thor¬ schreiber von Leipzig bis nach Syrakus, und zurück auf dem andern Wege wieder in mein Land; dass er mich behüten möchte vor den Händen der monarchi¬ schen und demagogischen Völkerbeglücker, die mit gleicher Despotie uns schlichten Menschen ihr System in die Nase heften, wie der Samojete seinen Thie¬ ren den Ring.
Nun sah ich zurück auf die schöne Gegend, die schon Melanchthon so lieblich fand, dass er dort zu leben wünschte; und überlief in Gedanken schnell alle glücklichen Tage, die ich in derselben genossen hatte: Mühe und Verdruss sind leicht vergessen. Dort
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Dresden, den 9ten Dec. 1801.
Ich schnallte in Grimme meinen Tornister, und wir gingen. Eine Karavane guter gemüthlicher Leutchen gab uns das Geleite bis über die Berge des Mulden¬ thals, und Freund Groſsmann sprach mit Freund Schnorr sehr viel aus dem Heiligthume ihrer Göttin, wovon ich Profaner sehr wenig verstand. Unbemerkt suchte ich einige Minuten für mich, setzte mich Sankt Georgens groſsem Lindwurm gegen über und betete mein Reisegebet, daſs der Himmel mir geben möchte billige freundliche Wirthe und höfliche Thor¬ schreiber von Leipzig bis nach Syrakus, und zurück auf dem andern Wege wieder in mein Land; daſs er mich behüten möchte vor den Händen der monarchi¬ schen und demagogischen Völkerbeglücker, die mit gleicher Despotie uns schlichten Menschen ihr System in die Nase heften, wie der Samojete seinen Thie¬ ren den Ring.
Nun sah ich zurück auf die schöne Gegend, die schon Melanchthon so lieblich fand, daſs er dort zu leben wünschte; und überlief in Gedanken schnell alle glücklichen Tage, die ich in derselben genossen hatte: Mühe und Verdruſs sind leicht vergessen. Dort
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Dresden, den 9ten Dec. 1801.
Ich schnallte in Grimme meinen Tornister, und wir
gingen. Eine Karavane guter gemüthlicher Leutchen
gab uns das Geleite bis über die Berge des Mulden¬
thals, und Freund Groſsmann sprach mit Freund
Schnorr sehr viel aus dem Heiligthume ihrer Göttin,
wovon ich Profaner sehr wenig verstand. Unbemerkt
suchte ich einige Minuten für mich, setzte mich
Sankt Georgens groſsem Lindwurm gegen über und
betete mein Reisegebet, daſs der Himmel mir geben
möchte billige freundliche Wirthe und höfliche Thor¬
schreiber von Leipzig bis nach Syrakus, und zurück
auf dem andern Wege wieder in mein Land; daſs er
mich behüten möchte vor den Händen der monarchi¬
schen und demagogischen Völkerbeglücker, die mit
gleicher Despotie uns schlichten Menschen ihr System
in die Nase heften, wie der Samojete seinen Thie¬
ren den Ring.
Nun sah ich zurück auf die schöne Gegend, die
schon Melanchthon so lieblich fand, daſs er dort zu
leben wünschte; und überlief in Gedanken schnell
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/27>, abgerufen am 22.11.2024.
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