gens etwas Ruhe in einem öffentlichen Hause, wo ich bezahle; es ist warm und ich bin müde. Das sagte ich italiänisch so gut ich konnte, damit es alle verstehen möchten; einer der Herren bat mich höf¬ lich um Verzeihung, ohne weiter eine Erklärung zu geben; die Neugierigen verloren sich, und nach eini¬ gen Minuten war ich wieder allein auf meiner Hafer¬ spreu. Den Abend, nachdem ich bey einigen Seefi¬ schen sehr gut gefastet hatte, brachte man mir Heu, und ein gutmüthiger Tabuletkrämer aus Katanien gab mir zur Decke einen grossen Schafpelz, welcher mir lieber war als ein Bett, das man nicht haben konnte.
Den andern Morgen ging ich über den Fluss Gela und durch ein herrliches Thal nach Santa Maria di Niscemi hinauf. Dieses Thal mit den Parthien an dem Flusse links und rechts hinauf machte vermuthlich die Hauptgruppe der geloischen Felder aus. Wenn auch Gela nicht gerade da stand, wo jetzt Terra nuo¬ va steht, so lag es doch gewiss nicht weit davon, und höchst wahrscheinlich nur etwas weiter bergabwärts nach dem Flusse hin, wo noch jetzt einige alte Ueberreste von Gemäuern und Säulen zu sehen seyn sollen. Das Thal ist auch noch jetzt in der äussersten Vernachläs¬ sigung sehr schön, und es lässt sich begreifen, dass es ehemals bey der Industrie der Griechen ein Zaubergar¬ ten mag gewesen seyn. Hier in Niscemi ist es wahr¬ scheinlich, wo vor mehrern Jahren ein merkwürdiger Erdfall geschehen ist, den Landolina beschrieben hat.
Von hier aus wollte ich nach Noto gehen, und von dort nach Syrakus. Aber wenn man in Sicilien nicht bekannt ist und ohne Wegweiser reist, so bleibt
gens etwas Ruhe in einem öffentlichen Hause, wo ich bezahle; es ist warm und ich bin müde. Das sagte ich italiänisch so gut ich konnte, damit es alle verstehen möchten; einer der Herren bat mich höf¬ lich um Verzeihung, ohne weiter eine Erklärung zu geben; die Neugierigen verloren sich, und nach eini¬ gen Minuten war ich wieder allein auf meiner Hafer¬ spreu. Den Abend, nachdem ich bey einigen Seefi¬ schen sehr gut gefastet hatte, brachte man mir Heu, und ein gutmüthiger Tabuletkrämer aus Katanien gab mir zur Decke einen groſsen Schafpelz, welcher mir lieber war als ein Bett, das man nicht haben konnte.
Den andern Morgen ging ich über den Fluſs Gela und durch ein herrliches Thal nach Santa Maria di Niscemi hinauf. Dieses Thal mit den Parthien an dem Flusse links und rechts hinauf machte vermuthlich die Hauptgruppe der geloischen Felder aus. Wenn auch Gela nicht gerade da stand, wo jetzt Terra nuo¬ va steht, so lag es doch gewiſs nicht weit davon, und höchst wahrscheinlich nur etwas weiter bergabwärts nach dem Flusse hin, wo noch jetzt einige alte Ueberreste von Gemäuern und Säulen zu sehen seyn sollen. Das Thal ist auch noch jetzt in der äuſsersten Vernachläs¬ sigung sehr schön, und es läſst sich begreifen, daſs es ehemals bey der Industrie der Griechen ein Zaubergar¬ ten mag gewesen seyn. Hier in Niscemi ist es wahr¬ scheinlich, wo vor mehrern Jahren ein merkwürdiger Erdfall geschehen ist, den Landolina beschrieben hat.
Von hier aus wollte ich nach Noto gehen, und von dort nach Syrakus. Aber wenn man in Sicilien nicht bekannt ist und ohne Wegweiser reist, so bleibt
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gens etwas Ruhe in einem öffentlichen Hause, wo
ich bezahle; es ist warm und ich bin müde. Das
sagte ich italiänisch so gut ich konnte, damit es alle
verstehen möchten; einer der Herren bat mich höf¬
lich um Verzeihung, ohne weiter eine Erklärung zu
geben; die Neugierigen verloren sich, und nach eini¬
gen Minuten war ich wieder allein auf meiner Hafer¬
spreu. Den Abend, nachdem ich bey einigen Seefi¬
schen sehr gut gefastet hatte, brachte man mir Heu,
und ein gutmüthiger Tabuletkrämer aus Katanien gab
mir zur Decke einen groſsen Schafpelz, welcher mir
lieber war als ein Bett, das man nicht haben konnte.
Den andern Morgen ging ich über den Fluſs Gela
und durch ein herrliches Thal nach Santa Maria di
Niscemi hinauf. Dieses Thal mit den Parthien an dem
Flusse links und rechts hinauf machte vermuthlich
die Hauptgruppe der geloischen Felder aus. Wenn
auch Gela nicht gerade da stand, wo jetzt Terra nuo¬
va steht, so lag es doch gewiſs nicht weit davon, und
höchst wahrscheinlich nur etwas weiter bergabwärts nach
dem Flusse hin, wo noch jetzt einige alte Ueberreste
von Gemäuern und Säulen zu sehen seyn sollen. Das
Thal ist auch noch jetzt in der äuſsersten Vernachläs¬
sigung sehr schön, und es läſst sich begreifen, daſs es
ehemals bey der Industrie der Griechen ein Zaubergar¬
ten mag gewesen seyn. Hier in Niscemi ist es wahr¬
scheinlich, wo vor mehrern Jahren ein merkwürdiger
Erdfall geschehen ist, den Landolina beschrieben hat.
Von hier aus wollte ich nach Noto gehen, und
von dort nach Syrakus. Aber wenn man in Sicilien
nicht bekannt ist und ohne Wegweiser reist, so bleibt
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/259>, abgerufen am 25.11.2024.
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