Wache, die ihn nicht recht gern wollte passieren las¬ sen. Meinen Pass vom Kardinal Ruffo besah man bloss, schrieb meinen Namen aus, und ich war abge¬ fertiget. Der Franzose packte seine ganze Brieftasche aus, sprach hoch, erwähnte Suworow, appellierte an den Minister und zwang die Wache durch etwas Im¬ pertinenz in Respekt, die von ihrer Seite auch wohl etwas über die Instruktion gegangen seyn mochte. In Fondi, wo wir zu Mittage assen, trafen wir ziemlich viel Militär, unter dem mehrere Deutsche waren. Die Stadt selbst liegt, wie es der Name zeigt, in einem der angenehmsten Thäler, nicht sehr weit vom Meere. Der Weg von Terracina dahin ist abwechselnd furcht¬ bar und lachend, durch hohe Felsen und fruchtbare Felder. Nicht weit von Fondi sollen, glaube ich, links an den Bergen noch die Ueberreste von der Ville des Nerva zu sehen seyn; ich hielt mich aber an die Orangengärten, und vergass darüber den Kai¬ ser, die alten Stadtmauern, den See, den heiligen Thomas und alle andere Merkwürdigkeiten. Noch ei¬ nige Millien nach Itri hinaus ist die Gegend zwischen den Bergen ein wahres Paradies. Auf der Hälfte des Weges stand in einem engen Felsenpasse eine Batterie aus dem vorigen Kriege, wo die Franzosen tüchtig zu¬ rückgeworfen wurden. Sie suchten sich aber einen andern Weg über die hohen Berge, ein Einfall von dem die Neapolitaner sich gar nichts hatten träumen lassen. Das war eine etwas zu gutmüthige Zuversicht; man thut besser zu glauben, dass die Feinde alle Gem¬ senjäger sind, und in einer Entfernung von sechs deutschen Meilen ist es nie unmöglich, dass sie die
Wache, die ihn nicht recht gern wollte passieren las¬ sen. Meinen Paſs vom Kardinal Ruffo besah man bloſs, schrieb meinen Namen aus, und ich war abge¬ fertiget. Der Franzose packte seine ganze Brieftasche aus, sprach hoch, erwähnte Suworow, appellierte an den Minister und zwang die Wache durch etwas Im¬ pertinenz in Respekt, die von ihrer Seite auch wohl etwas über die Instruktion gegangen seyn mochte. In Fondi, wo wir zu Mittage aſsen, trafen wir ziemlich viel Militär, unter dem mehrere Deutsche waren. Die Stadt selbst liegt, wie es der Name zeigt, in einem der angenehmsten Thäler, nicht sehr weit vom Meere. Der Weg von Terracina dahin ist abwechselnd furcht¬ bar und lachend, durch hohe Felsen und fruchtbare Felder. Nicht weit von Fondi sollen, glaube ich, links an den Bergen noch die Ueberreste von der Ville des Nerva zu sehen seyn; ich hielt mich aber an die Orangengärten, und vergaſs darüber den Kai¬ ser, die alten Stadtmauern, den See, den heiligen Thomas und alle andere Merkwürdigkeiten. Noch ei¬ nige Millien nach Itri hinaus ist die Gegend zwischen den Bergen ein wahres Paradies. Auf der Hälfte des Weges stand in einem engen Felsenpasse eine Batterie aus dem vorigen Kriege, wo die Franzosen tüchtig zu¬ rückgeworfen wurden. Sie suchten sich aber einen andern Weg über die hohen Berge, ein Einfall von dem die Neapolitaner sich gar nichts hatten träumen lassen. Das war eine etwas zu gutmüthige Zuversicht; man thut besser zu glauben, daſs die Feinde alle Gem¬ senjäger sind, und in einer Entfernung von sechs deutschen Meilen ist es nie unmöglich, daſs sie die
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Wache, die ihn nicht recht gern wollte passieren las¬
sen. Meinen Paſs vom Kardinal Ruffo besah man
bloſs, schrieb meinen Namen aus, und ich war abge¬
fertiget. Der Franzose packte seine ganze Brieftasche
aus, sprach hoch, erwähnte Suworow, appellierte an
den Minister und zwang die Wache durch etwas Im¬
pertinenz in Respekt, die von ihrer Seite auch wohl
etwas über die Instruktion gegangen seyn mochte. In
Fondi, wo wir zu Mittage aſsen, trafen wir ziemlich
viel Militär, unter dem mehrere Deutsche waren. Die
Stadt selbst liegt, wie es der Name zeigt, in einem
der angenehmsten Thäler, nicht sehr weit vom Meere.
Der Weg von Terracina dahin ist abwechselnd furcht¬
bar und lachend, durch hohe Felsen und fruchtbare
Felder. Nicht weit von Fondi sollen, glaube ich,
links an den Bergen noch die Ueberreste von der
Ville des Nerva zu sehen seyn; ich hielt mich aber
an die Orangengärten, und vergaſs darüber den Kai¬
ser, die alten Stadtmauern, den See, den heiligen
Thomas und alle andere Merkwürdigkeiten. Noch ei¬
nige Millien nach Itri hinaus ist die Gegend zwischen
den Bergen ein wahres Paradies. Auf der Hälfte des
Weges stand in einem engen Felsenpasse eine Batterie
aus dem vorigen Kriege, wo die Franzosen tüchtig zu¬
rückgeworfen wurden. Sie suchten sich aber einen
andern Weg über die hohen Berge, ein Einfall von
dem die Neapolitaner sich gar nichts hatten träumen
lassen. Das war eine etwas zu gutmüthige Zuversicht;
man thut besser zu glauben, daſs die Feinde alle Gem¬
senjäger sind, und in einer Entfernung von sechs
deutschen Meilen ist es nie unmöglich, daſs sie die
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/199>, abgerufen am 27.11.2024.
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