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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

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den ersten Absatz schritt ich rasch; aber es kam ein
zweyter und ein dritter noch grösserer. Es war dabey
ein furchtbarer Regensturm und ich konnte nicht zwan¬
zig Schritte sehen. Ich ging fast eine Viertelstunde
auf der Strasse bis über den Gürtel im Wasser, und
wusste nicht was vor mir seyn würde. Einige Mahl
waren leere Plätze links und rechts; und da stand ich
in den Einschnitten wie im Meere. Nur die Bäume,
die ich dunkel durch den Regensturm sah, machten
mir Muth vorwärts. Endlich war ich glücklich durch
die päpstliche Stelle, und zog eine Parallele zwischen
den Alten und Neuen, die eben nicht zum Vortheil
meiner Zeitgenossen ausfiel. Wie ich heraus war,
ward der Himmel hell, und ich sah den Berg der
Circe in der Abendsonne zu meiner Rechten und zu
meiner Linken die Felsen von Terracina glänzen. Es
war wirklich, als ob die alte Generalhexe eben einen
Hauptprocess machte, und ich konnte froh seyn, dass
ich noch so gut mit einem bischen Schmutz davon
gekommen war. Nachdem ich in der Locanda Reale,
einem grossen stattlichen Hause an dem Heerwege vor
der Stadt, Quartier gemacht hatte, rekognoscierte ich
oben den Ort auf dem weissen Felsen, wie ihn Horaz
nennt, wo man rechts und links von dem Circeischen
Vorgebirge bis an das Kajetanische und über die In¬
seln eine herrliche Aussicht hat. Ich bekümmerte
mich wenig um die Ruinen des alten Jupiterstempels
und um den neuen Pallast des Papstes, sondern wei¬
dete mich an der unter mir liegenden schönen Gegend,
den herrlichen Orangengärten, die ich hier zuerst
ganz im Freyen ausgezeichnet schön fand, und der

den ersten Absatz schritt ich rasch; aber es kam ein
zweyter und ein dritter noch gröſserer. Es war dabey
ein furchtbarer Regensturm und ich konnte nicht zwan¬
zig Schritte sehen. Ich ging fast eine Viertelstunde
auf der Straſse bis über den Gürtel im Wasser, und
wuſste nicht was vor mir seyn würde. Einige Mahl
waren leere Plätze links und rechts; und da stand ich
in den Einschnitten wie im Meere. Nur die Bäume,
die ich dunkel durch den Regensturm sah, machten
mir Muth vorwärts. Endlich war ich glücklich durch
die päpstliche Stelle, und zog eine Parallele zwischen
den Alten und Neuen, die eben nicht zum Vortheil
meiner Zeitgenossen ausfiel. Wie ich heraus war,
ward der Himmel hell, und ich sah den Berg der
Circe in der Abendsonne zu meiner Rechten und zu
meiner Linken die Felsen von Terracina glänzen. Es
war wirklich, als ob die alte Generalhexe eben einen
Hauptproceſs machte, und ich konnte froh seyn, daſs
ich noch so gut mit einem bischen Schmutz davon
gekommen war. Nachdem ich in der Locanda Reale,
einem groſsen stattlichen Hause an dem Heerwege vor
der Stadt, Quartier gemacht hatte, rekognoscierte ich
oben den Ort auf dem weiſsen Felsen, wie ihn Horaz
nennt, wo man rechts und links von dem Circeischen
Vorgebirge bis an das Kajetanische und über die In¬
seln eine herrliche Aussicht hat. Ich bekümmerte
mich wenig um die Ruinen des alten Jupiterstempels
und um den neuen Pallast des Papstes, sondern wei¬
dete mich an der unter mir liegenden schönen Gegend,
den herrlichen Orangengärten, die ich hier zuerst
ganz im Freyen ausgezeichnet schön fand, und der

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[171/0197] den ersten Absatz schritt ich rasch; aber es kam ein zweyter und ein dritter noch gröſserer. Es war dabey ein furchtbarer Regensturm und ich konnte nicht zwan¬ zig Schritte sehen. Ich ging fast eine Viertelstunde auf der Straſse bis über den Gürtel im Wasser, und wuſste nicht was vor mir seyn würde. Einige Mahl waren leere Plätze links und rechts; und da stand ich in den Einschnitten wie im Meere. Nur die Bäume, die ich dunkel durch den Regensturm sah, machten mir Muth vorwärts. Endlich war ich glücklich durch die päpstliche Stelle, und zog eine Parallele zwischen den Alten und Neuen, die eben nicht zum Vortheil meiner Zeitgenossen ausfiel. Wie ich heraus war, ward der Himmel hell, und ich sah den Berg der Circe in der Abendsonne zu meiner Rechten und zu meiner Linken die Felsen von Terracina glänzen. Es war wirklich, als ob die alte Generalhexe eben einen Hauptproceſs machte, und ich konnte froh seyn, daſs ich noch so gut mit einem bischen Schmutz davon gekommen war. Nachdem ich in der Locanda Reale, einem groſsen stattlichen Hause an dem Heerwege vor der Stadt, Quartier gemacht hatte, rekognoscierte ich oben den Ort auf dem weiſsen Felsen, wie ihn Horaz nennt, wo man rechts und links von dem Circeischen Vorgebirge bis an das Kajetanische und über die In¬ seln eine herrliche Aussicht hat. Ich bekümmerte mich wenig um die Ruinen des alten Jupiterstempels und um den neuen Pallast des Papstes, sondern wei¬ dete mich an der unter mir liegenden schönen Gegend, den herrlichen Orangengärten, die ich hier zuerst ganz im Freyen ausgezeichnet schön fand, und der

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Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/197>, abgerufen am 27.11.2024.