kommen. Nun standen wir am Eingange der andern Grotte, wo sich der Fluss in den Felsen hineinstürzt. Der Fluss nimmt sodann die Richtung ein wenig links; der Weg in der Grotte geht ziemlich gerade fort rechts. In einiger Entfernung vom Eingange er¬ weitert sich das Gewölbe, es wird sehr hoch und breit, man hört links den Fluss wieder herauschen, und bald kommt man auf eine natürliche Felsenbrücke über denselben mitten unter dem Gewölbe. Hier thut die Flamme der Fackeln eine furchtbar schöne Wir¬ kung. Man hört das Wasser unter sich, und sieht über sich und rund um sich die Nacht des hohen brei¬ ten Gewölbes. Hier haben die Führer die Gewohn¬ heit einige Bund Stroh auf den Felsenwänden der Brücke anzuzünden, und hatten diessmahl sehr reich¬ lich zugetragen. Die magische Beleuchtung der gan¬ zen unterirdischen Brückenregion mit ihrem schauer¬ lichen Felsengewölbe, den grotesken Felsenwänden und dem unten im Abgrunde rauschenden Strom macht einen der schönsten Anblicke, deren ich mir bewusst bin. Wenn der Strohhaufen fast verzehrt ist, stürzt man ihn von der Brücke hinab in den Strom, und so sieht man ihn unten in der Tiefe auf dem Wasser¬ bette noch einige Augenblicke fortglühen. Die plötz¬ lich aufsteigende weite Flammenhelle und die schnell zurückkehrende Finsterniss, wo man bey dem schwa¬ chen Fackellichte nur einige Schritte sieht, macht ei¬ nen überraschenden Kontrast. Es hatten sich einige gemeine Krainer zu uns gesellet, die gern die Gele¬ genheit mitnehmen das schöne Schauspiel in der Grotte wieder zu sehen, dabey ihre Geschichten aus¬
kommen. Nun standen wir am Eingange der andern Grotte, wo sich der Fluſs in den Felsen hineinstürzt. Der Fluſs nimmt sodann die Richtung ein wenig links; der Weg in der Grotte geht ziemlich gerade fort rechts. In einiger Entfernung vom Eingange er¬ weitert sich das Gewölbe, es wird sehr hoch und breit, man hört links den Fluſs wieder herauschen, und bald kommt man auf eine natürliche Felsenbrücke über denselben mitten unter dem Gewölbe. Hier thut die Flamme der Fackeln eine furchtbar schöne Wir¬ kung. Man hört das Wasser unter sich, und sieht über sich und rund um sich die Nacht des hohen brei¬ ten Gewölbes. Hier haben die Führer die Gewohn¬ heit einige Bund Stroh auf den Felsenwänden der Brücke anzuzünden, und hatten dieſsmahl sehr reich¬ lich zugetragen. Die magische Beleuchtung der gan¬ zen unterirdischen Brückenregion mit ihrem schauer¬ lichen Felsengewölbe, den grotesken Felsenwänden und dem unten im Abgrunde rauschenden Strom macht einen der schönsten Anblicke, deren ich mir bewuſst bin. Wenn der Strohhaufen fast verzehrt ist, stürzt man ihn von der Brücke hinab in den Strom, und so sieht man ihn unten in der Tiefe auf dem Wasser¬ bette noch einige Augenblicke fortglühen. Die plötz¬ lich aufsteigende weite Flammenhelle und die schnell zurückkehrende Finsterniſs, wo man bey dem schwa¬ chen Fackellichte nur einige Schritte sieht, macht ei¬ nen überraschenden Kontrast. Es hatten sich einige gemeine Krainer zu uns gesellet, die gern die Gele¬ genheit mitnehmen das schöne Schauspiel in der Grotte wieder zu sehen, dabey ihre Geschichten aus¬
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0100"n="74"/>
kommen. Nun standen wir am Eingange der andern<lb/>
Grotte, wo sich der Fluſs in den Felsen hineinstürzt.<lb/>
Der Fluſs nimmt sodann die Richtung ein wenig<lb/>
links; der Weg in der Grotte geht ziemlich gerade<lb/>
fort rechts. In einiger Entfernung vom Eingange er¬<lb/>
weitert sich das Gewölbe, es wird sehr hoch und breit,<lb/>
man hört links den Fluſs wieder herauschen, und<lb/>
bald kommt man auf eine natürliche Felsenbrücke<lb/>
über denselben mitten unter dem Gewölbe. Hier thut<lb/>
die Flamme der Fackeln eine furchtbar schöne Wir¬<lb/>
kung. Man hört das Wasser unter sich, und sieht<lb/>
über sich und rund um sich die Nacht des hohen brei¬<lb/>
ten Gewölbes. Hier haben die Führer die Gewohn¬<lb/>
heit einige Bund Stroh auf den Felsenwänden der<lb/>
Brücke anzuzünden, und hatten dieſsmahl sehr reich¬<lb/>
lich zugetragen. Die magische Beleuchtung der gan¬<lb/>
zen unterirdischen Brückenregion mit ihrem schauer¬<lb/>
lichen Felsengewölbe, den grotesken Felsenwänden und<lb/>
dem unten im Abgrunde rauschenden Strom macht<lb/>
einen der schönsten Anblicke, deren ich mir bewuſst<lb/>
bin. Wenn der Strohhaufen fast verzehrt ist, stürzt<lb/>
man ihn von der Brücke hinab in den Strom, und so<lb/>
sieht man ihn unten in der Tiefe auf dem Wasser¬<lb/>
bette noch einige Augenblicke fortglühen. Die plötz¬<lb/>
lich aufsteigende weite Flammenhelle und die schnell<lb/>
zurückkehrende Finsterniſs, wo man bey dem schwa¬<lb/>
chen Fackellichte nur einige Schritte sieht, macht ei¬<lb/>
nen überraschenden Kontrast. Es hatten sich einige<lb/>
gemeine Krainer zu uns gesellet, die gern die Gele¬<lb/>
genheit mitnehmen das schöne Schauspiel in der<lb/>
Grotte wieder zu sehen, dabey ihre Geschichten aus¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[74/0100]
kommen. Nun standen wir am Eingange der andern
Grotte, wo sich der Fluſs in den Felsen hineinstürzt.
Der Fluſs nimmt sodann die Richtung ein wenig
links; der Weg in der Grotte geht ziemlich gerade
fort rechts. In einiger Entfernung vom Eingange er¬
weitert sich das Gewölbe, es wird sehr hoch und breit,
man hört links den Fluſs wieder herauschen, und
bald kommt man auf eine natürliche Felsenbrücke
über denselben mitten unter dem Gewölbe. Hier thut
die Flamme der Fackeln eine furchtbar schöne Wir¬
kung. Man hört das Wasser unter sich, und sieht
über sich und rund um sich die Nacht des hohen brei¬
ten Gewölbes. Hier haben die Führer die Gewohn¬
heit einige Bund Stroh auf den Felsenwänden der
Brücke anzuzünden, und hatten dieſsmahl sehr reich¬
lich zugetragen. Die magische Beleuchtung der gan¬
zen unterirdischen Brückenregion mit ihrem schauer¬
lichen Felsengewölbe, den grotesken Felsenwänden und
dem unten im Abgrunde rauschenden Strom macht
einen der schönsten Anblicke, deren ich mir bewuſst
bin. Wenn der Strohhaufen fast verzehrt ist, stürzt
man ihn von der Brücke hinab in den Strom, und so
sieht man ihn unten in der Tiefe auf dem Wasser¬
bette noch einige Augenblicke fortglühen. Die plötz¬
lich aufsteigende weite Flammenhelle und die schnell
zurückkehrende Finsterniſs, wo man bey dem schwa¬
chen Fackellichte nur einige Schritte sieht, macht ei¬
nen überraschenden Kontrast. Es hatten sich einige
gemeine Krainer zu uns gesellet, die gern die Gele¬
genheit mitnehmen das schöne Schauspiel in der
Grotte wieder zu sehen, dabey ihre Geschichten aus¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/100>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.