Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869.gibt. Bis vor nicht gar langer Zeit war es noch den Gouverneuren und den Alcalden der Provinzen gestattet, Handel zu treiben. Wenn auch diese Erlaubniss, verbunden mit der politischen Macht, welche in ihre Hände gelegt war, sie häufig zu weitgetriebenem Missbrauch der Arbeit der Eingebornen verleitet haben mag; so kann doch wohl kaum der Nachtheil den nothwendig damit verbundenen Vortheil überwogen haben. Gegen allzu starke und allzu lang fortgesetzte Bedrückung standen den Eingebornen immer die Priester als Widersacher jener Beamten zur Seite. Ohne das persönliche Interesse aber, welches den Gouverneuren durch den zu erwartenden Profit an der Entwickelung des Ackerbaues und des Handels gegeben war, würden sie sich schwerlich viel um die private Thätigkeit der Einwohner gekümmert haben; ja es ist anzunehmen, dass sie Alles gethan haben würden, um die Priester in ihren commerciellen Unternehmungen zu hindern, wodurch sie dann indirekt auch wieder die mit den Mönchen in Verbindung stehenden Bewohner mehr oder minder geschädigt hätten. Die durch die politische Stellung der Mönche und der Beamten leicht erzeugte Uneinigkeit endigte nun auf dem commerciellen Gebiete häufig in einem Compromiss, aus welchem beiden Theilen ein sicherer Verdienst erwuchs, während andererseits die Bewohner von der geistlichen wie weltlichen Localbehörde zu immer grösserer Thätigkeit angespornt wurden. Es war also wenigstens im Anfang der Occupation diese den Lehnsherren zuerst und nachher den Gouverneuren gegebene Erlaubniss sicherlich ein wichtiges Mittel zur Vermehrung des nationalen Reichthums. Als nun endlich bei mehr und mehr zunehmender christlicher Bevölkerung das freie und zum Ackerbau vorwiegend günstige Land der Ebenen und Thäler immer seltener wurde und zugleich der Werth des schon in Besitz genommenen Landes immer höher stieg, konnten nun die Eingebornen nicht mehr das frühere, wie es scheint, allgemein übliche System der "cainines" anwenden; vielmehr mussten sie nun das alljährlich mit Reis bepflanzte Feld besser bearbeiten, als es bei jenem System nöthig gewesen war, oder bei der Ausnutzung ihrer Zuckerplantagen europäische Maschinen einführen, um durch gesteigerten Verdienst den wachsenden Lebensbedürfnissen genügen zu können. Nun kam die mächtige Anregung, welche durch die Einwanderung nichtspanischer gibt. Bis vor nicht gar langer Zeit war es noch den Gouverneuren und den Alcalden der Provinzen gestattet, Handel zu treiben. Wenn auch diese Erlaubniss, verbunden mit der politischen Macht, welche in ihre Hände gelegt war, sie häufig zu weitgetriebenem Missbrauch der Arbeit der Eingebornen verleitet haben mag; so kann doch wohl kaum der Nachtheil den nothwendig damit verbundenen Vortheil überwogen haben. Gegen allzu starke und allzu lang fortgesetzte Bedrückung standen den Eingebornen immer die Priester als Widersacher jener Beamten zur Seite. Ohne das persönliche Interesse aber, welches den Gouverneuren durch den zu erwartenden Profit an der Entwickelung des Ackerbaues und des Handels gegeben war, würden sie sich schwerlich viel um die private Thätigkeit der Einwohner gekümmert haben; ja es ist anzunehmen, dass sie Alles gethan haben würden, um die Priester in ihren commerciellen Unternehmungen zu hindern, wodurch sie dann indirekt auch wieder die mit den Mönchen in Verbindung stehenden Bewohner mehr oder minder geschädigt hätten. Die durch die politische Stellung der Mönche und der Beamten leicht erzeugte Uneinigkeit endigte nun auf dem commerciellen Gebiete häufig in einem Compromiss, aus welchem beiden Theilen ein sicherer Verdienst erwuchs, während andererseits die Bewohner von der geistlichen wie weltlichen Localbehörde zu immer grösserer Thätigkeit angespornt wurden. Es war also wenigstens im Anfang der Occupation diese den Lehnsherren zuerst und nachher den Gouverneuren gegebene Erlaubniss sicherlich ein wichtiges Mittel zur Vermehrung des nationalen Reichthums. Als nun endlich bei mehr und mehr zunehmender christlicher Bevölkerung das freie und zum Ackerbau vorwiegend günstige Land der Ebenen und Thäler immer seltener wurde und zugleich der Werth des schon in Besitz genommenen Landes immer höher stieg, konnten nun die Eingebornen nicht mehr das frühere, wie es scheint, allgemein übliche System der “cainines” anwenden; vielmehr mussten sie nun das alljährlich mit Reis bepflanzte Feld besser bearbeiten, als es bei jenem System nöthig gewesen war, oder bei der Ausnutzung ihrer Zuckerplantagen europäische Maschinen einführen, um durch gesteigerten Verdienst den wachsenden Lebensbedürfnissen genügen zu können. Nun kam die mächtige Anregung, welche durch die Einwanderung nichtspanischer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0090" n="90"/> gibt. Bis vor nicht gar langer Zeit war es noch den Gouverneuren und den Alcalden der Provinzen gestattet, Handel zu treiben. Wenn auch diese Erlaubniss, verbunden mit der politischen Macht, welche in ihre Hände gelegt war, sie häufig zu weitgetriebenem Missbrauch der Arbeit der Eingebornen verleitet haben mag; so kann doch wohl kaum der Nachtheil den nothwendig damit verbundenen Vortheil überwogen haben. Gegen allzu starke und allzu lang fortgesetzte Bedrückung standen den Eingebornen immer die Priester als Widersacher jener Beamten zur Seite. Ohne das persönliche Interesse aber, welches den Gouverneuren durch den zu erwartenden Profit an der Entwickelung des Ackerbaues und des Handels gegeben war, würden sie sich schwerlich viel um die private Thätigkeit der Einwohner gekümmert haben; ja es ist anzunehmen, dass sie Alles gethan haben würden, um die Priester in ihren commerciellen Unternehmungen zu hindern, wodurch sie dann indirekt auch wieder die mit den Mönchen in Verbindung stehenden Bewohner mehr oder minder geschädigt hätten. Die durch die politische Stellung der Mönche und der Beamten leicht erzeugte Uneinigkeit endigte nun auf dem commerciellen Gebiete häufig in einem Compromiss, aus welchem beiden Theilen ein sicherer Verdienst erwuchs, während andererseits die Bewohner von der geistlichen wie weltlichen Localbehörde zu immer grösserer Thätigkeit angespornt wurden. Es war also wenigstens im Anfang der Occupation diese den Lehnsherren zuerst und nachher den Gouverneuren gegebene Erlaubniss sicherlich ein wichtiges Mittel zur Vermehrung des nationalen Reichthums. Als nun endlich bei mehr und mehr zunehmender christlicher Bevölkerung das freie und zum Ackerbau vorwiegend günstige Land der Ebenen <choice><sic>uud</sic><corr>und</corr></choice> Thäler immer seltener wurde und zugleich der Werth des schon in Besitz genommenen Landes immer höher stieg, konnten nun die Eingebornen nicht mehr das frühere, wie es scheint, allgemein übliche System der “cainines” anwenden; vielmehr mussten sie nun das alljährlich mit Reis bepflanzte Feld besser bearbeiten, als es bei jenem System nöthig gewesen war, oder bei der Ausnutzung ihrer Zuckerplantagen europäische Maschinen einführen, um durch gesteigerten Verdienst den wachsenden Lebensbedürfnissen genügen zu können. 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gibt. Bis vor nicht gar langer Zeit war es noch den Gouverneuren und den Alcalden der Provinzen gestattet, Handel zu treiben. Wenn auch diese Erlaubniss, verbunden mit der politischen Macht, welche in ihre Hände gelegt war, sie häufig zu weitgetriebenem Missbrauch der Arbeit der Eingebornen verleitet haben mag; so kann doch wohl kaum der Nachtheil den nothwendig damit verbundenen Vortheil überwogen haben. Gegen allzu starke und allzu lang fortgesetzte Bedrückung standen den Eingebornen immer die Priester als Widersacher jener Beamten zur Seite. Ohne das persönliche Interesse aber, welches den Gouverneuren durch den zu erwartenden Profit an der Entwickelung des Ackerbaues und des Handels gegeben war, würden sie sich schwerlich viel um die private Thätigkeit der Einwohner gekümmert haben; ja es ist anzunehmen, dass sie Alles gethan haben würden, um die Priester in ihren commerciellen Unternehmungen zu hindern, wodurch sie dann indirekt auch wieder die mit den Mönchen in Verbindung stehenden Bewohner mehr oder minder geschädigt hätten. Die durch die politische Stellung der Mönche und der Beamten leicht erzeugte Uneinigkeit endigte nun auf dem commerciellen Gebiete häufig in einem Compromiss, aus welchem beiden Theilen ein sicherer Verdienst erwuchs, während andererseits die Bewohner von der geistlichen wie weltlichen Localbehörde zu immer grösserer Thätigkeit angespornt wurden. Es war also wenigstens im Anfang der Occupation diese den Lehnsherren zuerst und nachher den Gouverneuren gegebene Erlaubniss sicherlich ein wichtiges Mittel zur Vermehrung des nationalen Reichthums. Als nun endlich bei mehr und mehr zunehmender christlicher Bevölkerung das freie und zum Ackerbau vorwiegend günstige Land der Ebenen und Thäler immer seltener wurde und zugleich der Werth des schon in Besitz genommenen Landes immer höher stieg, konnten nun die Eingebornen nicht mehr das frühere, wie es scheint, allgemein übliche System der “cainines” anwenden; vielmehr mussten sie nun das alljährlich mit Reis bepflanzte Feld besser bearbeiten, als es bei jenem System nöthig gewesen war, oder bei der Ausnutzung ihrer Zuckerplantagen europäische Maschinen einführen, um durch gesteigerten Verdienst den wachsenden Lebensbedürfnissen genügen zu können. Nun kam die mächtige Anregung, welche durch die Einwanderung nichtspanischer
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Zitationshilfe: | Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869/90>, abgerufen am 15.08.2024. |