Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

die Spanier die auffallende Erscheinung, dass gewisse Einrichtungen in der Organisation ihrer Eroberungszüge die günstigsten Mittel waren, um die erstaunlich raschen Erfolge ihrer Unternehmungen hervorzubringen.

Die berühmte Demarcationslinie den Jahres 1493, welche die Erde in eine spanische und eine portugiesische Hälfte theilen sollte, hatte jeder Nation die Richtung ihrer Entdeckungsreisen vorgezeichnet. Während die Portugiesen, dem Wege Vasco de Gama's folgend, von Westen her in Malacca 1511, auf den Molucken 1512 anlangten, kamen ihnen die Spanier, welche von Magellan's unglücklicher Expedition (1519-1521) übrig geblieben waren, von Osten her entgegen. Auch die zweite Expedition von Loaisa (1525-1526) und die dritte von Saavedra (1528) nahmen ein unglückliches Ende, und immer trafen die Spanier auf den Molucken mit ihren alten Feinden, den Portugiesen zusammen, welchen sie gerne den Besitz dieser kostbaren Inseln streitig gemacht hätten. Sie gründeten ihre Ansprüche an diese Inseln auf die Verlegung des ersten Meridian's von Ferro nach Terceira, wodurch die Portugiesen Brasilien gewannen, und wodurch die Gewürzinseln nach Magellan's Meinung mit in die spanische Erdhälfte hineingezogen worden waren. Dem kleinen zwischen den spanischen und portugiesischen Abenteurern entbrannten Krieg auf Ternate und den umliegenden Inseln wäre fast ein grösserer Kampf im Mutterlande gefolgt. Als aber Carl V. 1539 einen Tractat mit Portugal schloss, wonach er alle seine Ansprüche auf die Molucken für 350,000 Ducaten an die Krone Portugal verkaufte, war der spanischen Eroberungslust im fernen Osten ein neuer Weg vorgezeichnet. Während die früheren Expeditionen zur Eroberung der Molucken bestimmt waren, sollte nun Villalobos die Philippinen unter spanische Herrschaft zwingen und durch die ihn begleitenden Augustinermönche den Eingebornen den christlichen Glauben bringen. Aber auch diese Unternehmung verunglückte gänzlich. Glücklicher als Carl war Philipp II., welcher 1564 eine Expedition unter Legaspi auslaufen liess. Diesem schloss sich als Mönch der Augustiner Padre Urdaneta an, ein kühner und gelehrter Seemann, der, unter Loaisa Capitain eines der Schiffe, bereits die Philippinen aus eigner Anschauung kennen gelernt hatte. Noch wichtiger als dieser Priester war dem Befehlshaber

die Spanier die auffallende Erscheinung, dass gewisse Einrichtungen in der Organisation ihrer Eroberungszüge die günstigsten Mittel waren, um die erstaunlich raschen Erfolge ihrer Unternehmungen hervorzubringen.

Die berühmte Demarcationslinie den Jahres 1493, welche die Erde in eine spanische und eine portugiesische Hälfte theilen sollte, hatte jeder Nation die Richtung ihrer Entdeckungsreisen vorgezeichnet. Während die Portugiesen, dem Wege Vasco de Gama’s folgend, von Westen her in Malacca 1511, auf den Molucken 1512 anlangten, kamen ihnen die Spanier, welche von Magellan’s unglücklicher Expedition (1519–1521) übrig geblieben waren, von Osten her entgegen. Auch die zweite Expedition von Loaisa (1525–1526) und die dritte von Saavedra (1528) nahmen ein unglückliches Ende, und immer trafen die Spanier auf den Molucken mit ihren alten Feinden, den Portugiesen zusammen, welchen sie gerne den Besitz dieser kostbaren Inseln streitig gemacht hätten. Sie gründeten ihre Ansprüche an diese Inseln auf die Verlegung des ersten Meridian’s von Ferro nach Terceira, wodurch die Portugiesen Brasilien gewannen, und wodurch die Gewürzinseln nach Magellan’s Meinung mit in die spanische Erdhälfte hineingezogen worden waren. Dem kleinen zwischen den spanischen und portugiesischen Abenteurern entbrannten Krieg auf Ternate und den umliegenden Inseln wäre fast ein grösserer Kampf im Mutterlande gefolgt. Als aber Carl V. 1539 einen Tractat mit Portugal schloss, wonach er alle seine Ansprüche auf die Molucken für 350,000 Ducaten an die Krone Portugal verkaufte, war der spanischen Eroberungslust im fernen Osten ein neuer Weg vorgezeichnet. Während die früheren Expeditionen zur Eroberung der Molucken bestimmt waren, sollte nun Villalobos die Philippinen unter spanische Herrschaft zwingen und durch die ihn begleitenden Augustinermönche den Eingebornen den christlichen Glauben bringen. Aber auch diese Unternehmung verunglückte gänzlich. Glücklicher als Carl war Philipp II., welcher 1564 eine Expedition unter Legaspi auslaufen liess. Diesem schloss sich als Mönch der Augustiner Padre Urdaneta an, ein kühner und gelehrter Seemann, der, unter Loaisa Capitain eines der Schiffe, bereits die Philippinen aus eigner Anschauung kennen gelernt hatte. Noch wichtiger als dieser Priester war dem Befehlshaber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0073" n="73"/>
die Spanier die auffallende Erscheinung, dass gewisse
                     Einrichtungen in der Organisation ihrer Eroberungszüge die günstigsten
                     Mittel waren, um die erstaunlich raschen Erfolge ihrer Unternehmungen
                     hervorzubringen. </p>
        <p>Die berühmte Demarcationslinie den Jahres 1493, welche die Erde in eine
                     spanische und eine portugiesische Hälfte theilen sollte, hatte jeder Nation
                     die Richtung ihrer Entdeckungsreisen vorgezeichnet. Während die
                     Portugiesen, dem Wege Vasco de Gama&#x2019;s folgend, von Westen her in Malacca
                     1511, auf den Molucken 1512 anlangten, kamen ihnen die Spanier, welche von
                     Magellan&#x2019;s unglücklicher Expedition (1519&#x2013;1521) übrig
                     geblieben waren, von Osten her entgegen. Auch die zweite Expedition von Loaisa
                     (1525&#x2013;1526) und die dritte von Saavedra (1528) nahmen ein
                     unglückliches Ende, und immer trafen die Spanier auf den Molucken mit ihren
                     alten Feinden, den Portugiesen zusammen, welchen sie gerne den Besitz dieser
                     kostbaren Inseln streitig gemacht hätten. Sie gründeten ihre
                     Ansprüche an diese Inseln auf die Verlegung des ersten Meridian&#x2019;s von
                     Ferro nach Terceira, wodurch die Portugiesen Brasilien gewannen, und wodurch die
                     Gewürzinseln nach Magellan&#x2019;s Meinung mit in die spanische
                     Erdhälfte hineingezogen worden waren. Dem kleinen zwischen den spanischen
                     und portugiesischen Abenteurern entbrannten Krieg auf Ternate und den
                     umliegenden Inseln wäre fast ein grösserer Kampf im Mutterlande
                     gefolgt. Als aber Carl V. 1539 einen Tractat mit Portugal schloss, wonach er
                     alle seine Ansprüche auf die Molucken für 350,000 Ducaten an die Krone
                     Portugal verkaufte, war der spanischen Eroberungslust im fernen Osten ein neuer
                     Weg vorgezeichnet. Während die früheren Expeditionen zur Eroberung der <hi rendition="#g">Molucken</hi> bestimmt waren, sollte nun Villalobos die <hi rendition="#g">Philippinen</hi> unter spanische Herrschaft zwingen und
                     durch die ihn begleitenden Augustinermönche den Eingebornen den
                     christlichen Glauben bringen. Aber auch diese Unternehmung verunglückte
                     gänzlich. Glücklicher als Carl war Philipp II., welcher 1564 eine
                     Expedition unter Legaspi auslaufen liess. Diesem schloss sich als Mönch der
                     Augustiner Padre Urdaneta an, ein kühner und gelehrter Seemann, der, unter
                     Loaisa Capitain eines der Schiffe, bereits die Philippinen aus eigner Anschauung
                     kennen gelernt hatte. Noch wichtiger als dieser Priester war dem Befehlshaber
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0073] die Spanier die auffallende Erscheinung, dass gewisse Einrichtungen in der Organisation ihrer Eroberungszüge die günstigsten Mittel waren, um die erstaunlich raschen Erfolge ihrer Unternehmungen hervorzubringen. Die berühmte Demarcationslinie den Jahres 1493, welche die Erde in eine spanische und eine portugiesische Hälfte theilen sollte, hatte jeder Nation die Richtung ihrer Entdeckungsreisen vorgezeichnet. Während die Portugiesen, dem Wege Vasco de Gama’s folgend, von Westen her in Malacca 1511, auf den Molucken 1512 anlangten, kamen ihnen die Spanier, welche von Magellan’s unglücklicher Expedition (1519–1521) übrig geblieben waren, von Osten her entgegen. Auch die zweite Expedition von Loaisa (1525–1526) und die dritte von Saavedra (1528) nahmen ein unglückliches Ende, und immer trafen die Spanier auf den Molucken mit ihren alten Feinden, den Portugiesen zusammen, welchen sie gerne den Besitz dieser kostbaren Inseln streitig gemacht hätten. Sie gründeten ihre Ansprüche an diese Inseln auf die Verlegung des ersten Meridian’s von Ferro nach Terceira, wodurch die Portugiesen Brasilien gewannen, und wodurch die Gewürzinseln nach Magellan’s Meinung mit in die spanische Erdhälfte hineingezogen worden waren. Dem kleinen zwischen den spanischen und portugiesischen Abenteurern entbrannten Krieg auf Ternate und den umliegenden Inseln wäre fast ein grösserer Kampf im Mutterlande gefolgt. Als aber Carl V. 1539 einen Tractat mit Portugal schloss, wonach er alle seine Ansprüche auf die Molucken für 350,000 Ducaten an die Krone Portugal verkaufte, war der spanischen Eroberungslust im fernen Osten ein neuer Weg vorgezeichnet. Während die früheren Expeditionen zur Eroberung der Molucken bestimmt waren, sollte nun Villalobos die Philippinen unter spanische Herrschaft zwingen und durch die ihn begleitenden Augustinermönche den Eingebornen den christlichen Glauben bringen. Aber auch diese Unternehmung verunglückte gänzlich. Glücklicher als Carl war Philipp II., welcher 1564 eine Expedition unter Legaspi auslaufen liess. Diesem schloss sich als Mönch der Augustiner Padre Urdaneta an, ein kühner und gelehrter Seemann, der, unter Loaisa Capitain eines der Schiffe, bereits die Philippinen aus eigner Anschauung kennen gelernt hatte. Noch wichtiger als dieser Priester war dem Befehlshaber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

gutenberg.org: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in HTML. (2012-11-06T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus gutenberg.org entsprechen muss.
gutenberg.org: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-06T13:54:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von HTML nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-06T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Die Transkription enspricht den DTA-Richtlinien.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869/73
Zitationshilfe: Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869/73>, abgerufen am 25.11.2024.