Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

ihre Raubzüge bis nahe an die Hauptstädte der spanischen Provinzen heran ausdehnen.

Wie bei uns, so zeigen auch auf den Philippinen manche Thiere des Landes eine Periodicität ihrer Lebenserscheinungen, welche dann abermals, wie bei den Pflanzen, durch das relative Verhältniss zwischen Wärme und Feuchtigkeit mehr oder weniger beeinflusst werden. Obgleich die Mehrzahl der Insecten hier, wie wohl in den meisten aequatorialen Ländern auch, an keine Jahreszeit5 so scharf gebunden zu sein scheint, als dies bei uns in Europa durch die Kälte des Winters geschieht, so fällt doch gerade die Ausbildung der grössten Individuenzahl in die Monate Mai bis Juli, in welchen bei zunehmender Feuchtigkeit und steigender Sonnenwärme die günstigsten Bedingungen für eine massenhafte Entwicklung derselben gegeben sind. Dann auch haben die Bienen des Waldes ihre Waben mit süssem Honig gefüllt, der aber statt den auskriechenden Larven den nach Süssigkeit lüsternen Negern und Malaien zur Beute fällt. Zu gewissen Zeiten steigen grosse Fischschwärme in die Mündungen der Flüsse hinauf, die nun auf ihrem Wege von den Malaien mittels einer Unzahl verschiedener Instrumente zu Millionen gefangen werden. Schon die ältesten Schriftsteller erwähnen die unglaublichen Mengen der kleinen kaum fingerlangen Fischchen, die nun in grossen irdenen Krügen--den tinaja's--eingesalzen werden, um dann mit nächster Gelegenheit nach Manila übergeführt zu werden; denn nicht in allen Provinzen soll dieser Fisch gefangen werden, so dass der "bagon"--so heisst der eingesalzene Fisch--im inneren Handel und Verkehr eine nicht unbedeutende, aber leider nicht in Zahlen auszudrückende Rolle spielt. In jeder Beziehung aber eigenthümlich und charakteristisch für die grosse Verschiedenheit der klimatischen Verhältnisse von Luzon und Mindanao, ist ein Fisch des süssen Wassers, welcher über den ganzen hinterindischen Archipel und Indien selbst verbreitet ist. Es ist die Gattung Ophiocephalus6, welche jener eigenthümlichen Gruppe von Fischen angehört, die durch besondere Wasserreservoire an den Seiten des Kopfes ausgezeichnet sind, so dass sie auf ihren Zügen über Land oder beim Erklettern der Palmenbäume auf lange Zeit Wasser genug zur Befeuchtung ihrer Kiemen und damit zu ihrer Athmung bei sich führen können. Es ist die Zahl dieser

ihre Raubzüge bis nahe an die Hauptstädte der spanischen Provinzen heran ausdehnen.

Wie bei uns, so zeigen auch auf den Philippinen manche Thiere des Landes eine Periodicität ihrer Lebenserscheinungen, welche dann abermals, wie bei den Pflanzen, durch das relative Verhältniss zwischen Wärme und Feuchtigkeit mehr oder weniger beeinflusst werden. Obgleich die Mehrzahl der Insecten hier, wie wohl in den meisten aequatorialen Ländern auch, an keine Jahreszeit5 so scharf gebunden zu sein scheint, als dies bei uns in Europa durch die Kälte des Winters geschieht, so fällt doch gerade die Ausbildung der grössten Individuenzahl in die Monate Mai bis Juli, in welchen bei zunehmender Feuchtigkeit und steigender Sonnenwärme die günstigsten Bedingungen für eine massenhafte Entwicklung derselben gegeben sind. Dann auch haben die Bienen des Waldes ihre Waben mit süssem Honig gefüllt, der aber statt den auskriechenden Larven den nach Süssigkeit lüsternen Negern und Malaien zur Beute fällt. Zu gewissen Zeiten steigen grosse Fischschwärme in die Mündungen der Flüsse hinauf, die nun auf ihrem Wege von den Malaien mittels einer Unzahl verschiedener Instrumente zu Millionen gefangen werden. Schon die ältesten Schriftsteller erwähnen die unglaublichen Mengen der kleinen kaum fingerlangen Fischchen, die nun in grossen irdenen Krügen—den tinaja’s—eingesalzen werden, um dann mit nächster Gelegenheit nach Manila übergeführt zu werden; denn nicht in allen Provinzen soll dieser Fisch gefangen werden, so dass der “bagon”—so heisst der eingesalzene Fisch—im inneren Handel und Verkehr eine nicht unbedeutende, aber leider nicht in Zahlen auszudrückende Rolle spielt. In jeder Beziehung aber eigenthümlich und charakteristisch für die grosse Verschiedenheit der klimatischen Verhältnisse von Luzon und Mindanao, ist ein Fisch des süssen Wassers, welcher über den ganzen hinterindischen Archipel und Indien selbst verbreitet ist. Es ist die Gattung Ophiocephalus6, welche jener eigenthümlichen Gruppe von Fischen angehört, die durch besondere Wasserreservoire an den Seiten des Kopfes ausgezeichnet sind, so dass sie auf ihren Zügen über Land oder beim Erklettern der Palmenbäume auf lange Zeit Wasser genug zur Befeuchtung ihrer Kiemen und damit zu ihrer Athmung bei sich führen können. Es ist die Zahl dieser

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0048" n="48"/>
ihre Raubzüge bis nahe an die
                     Hauptstädte der spanischen Provinzen heran ausdehnen. </p>
        <p>Wie bei uns, so zeigen auch auf den Philippinen manche <hi rendition="#g">Thiere
                         des Landes</hi> eine Periodicität ihrer Lebenserscheinungen, welche
                     dann abermals, wie bei den Pflanzen, durch das relative Verhältniss
                     zwischen Wärme und Feuchtigkeit mehr oder weniger beeinflusst werden.
                     Obgleich die Mehrzahl der Insecten hier, wie wohl in den meisten aequatorialen
                     Ländern auch, an keine Jahreszeit<note xml:id="n3.5-sign" n="5" place="end" next="n3.5"/> so scharf gebunden zu sein scheint, als dies bei uns in
                     Europa durch die Kälte des Winters geschieht, so fällt doch gerade die
                     Ausbildung der grössten Individuenzahl in die Monate Mai bis Juli, in
                     welchen bei zunehmender Feuchtigkeit und steigender Sonnenwärme die
                     günstigsten Bedingungen für eine massenhafte Entwicklung derselben
                     gegeben sind. Dann auch haben die Bienen des Waldes ihre Waben mit süssem
                     Honig gefüllt, der aber statt den auskriechenden Larven den nach
                     Süssigkeit lüsternen Negern und Malaien zur Beute fällt. Zu
                     gewissen Zeiten steigen grosse Fischschwärme in die Mündungen der
                     Flüsse hinauf, die nun auf ihrem Wege von den Malaien mittels einer Unzahl
                     verschiedener Instrumente zu Millionen gefangen werden. Schon die ältesten
                     Schriftsteller erwähnen die unglaublichen Mengen der kleinen kaum
                     fingerlangen Fischchen, die nun in grossen irdenen Krügen&#x2014;den
                     tinaja&#x2019;s&#x2014;eingesalzen werden, um dann mit nächster Gelegenheit
                     nach Manila übergeführt zu werden; denn nicht in allen Provinzen soll
                     dieser Fisch gefangen werden, so dass der &#x201C;bagon&#x201D;&#x2014;so heisst
                     der eingesalzene Fisch&#x2014;im inneren Handel und Verkehr eine nicht
                     unbedeutende, aber leider nicht in Zahlen auszudrückende Rolle spielt. In
                     jeder Beziehung aber eigenthümlich und charakteristisch für die grosse
                     Verschiedenheit der klimatischen Verhältnisse von <hi rendition="#g">Luzon</hi> und <hi rendition="#g">Mindanao</hi>, ist ein Fisch des
                     süssen Wassers, welcher über den ganzen hinterindischen Archipel und
                     Indien selbst verbreitet ist. Es ist die Gattung <hi rendition="#g">Ophiocephalus</hi><note xml:id="n3.6-sign" n="6" place="end" next="n3.6"/>,
                     welche jener eigenthümlichen Gruppe von Fischen angehört, die durch
                     besondere Wasserreservoire an den Seiten des Kopfes ausgezeichnet sind, so dass
                     sie auf ihren Zügen über Land oder beim Erklettern der
                     Palmenbäume auf lange Zeit Wasser genug zur Befeuchtung ihrer Kiemen und
                     damit zu ihrer Athmung bei sich führen können. Es ist die Zahl dieser
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0048] ihre Raubzüge bis nahe an die Hauptstädte der spanischen Provinzen heran ausdehnen. Wie bei uns, so zeigen auch auf den Philippinen manche Thiere des Landes eine Periodicität ihrer Lebenserscheinungen, welche dann abermals, wie bei den Pflanzen, durch das relative Verhältniss zwischen Wärme und Feuchtigkeit mehr oder weniger beeinflusst werden. Obgleich die Mehrzahl der Insecten hier, wie wohl in den meisten aequatorialen Ländern auch, an keine Jahreszeit ⁵ so scharf gebunden zu sein scheint, als dies bei uns in Europa durch die Kälte des Winters geschieht, so fällt doch gerade die Ausbildung der grössten Individuenzahl in die Monate Mai bis Juli, in welchen bei zunehmender Feuchtigkeit und steigender Sonnenwärme die günstigsten Bedingungen für eine massenhafte Entwicklung derselben gegeben sind. Dann auch haben die Bienen des Waldes ihre Waben mit süssem Honig gefüllt, der aber statt den auskriechenden Larven den nach Süssigkeit lüsternen Negern und Malaien zur Beute fällt. Zu gewissen Zeiten steigen grosse Fischschwärme in die Mündungen der Flüsse hinauf, die nun auf ihrem Wege von den Malaien mittels einer Unzahl verschiedener Instrumente zu Millionen gefangen werden. Schon die ältesten Schriftsteller erwähnen die unglaublichen Mengen der kleinen kaum fingerlangen Fischchen, die nun in grossen irdenen Krügen—den tinaja’s—eingesalzen werden, um dann mit nächster Gelegenheit nach Manila übergeführt zu werden; denn nicht in allen Provinzen soll dieser Fisch gefangen werden, so dass der “bagon”—so heisst der eingesalzene Fisch—im inneren Handel und Verkehr eine nicht unbedeutende, aber leider nicht in Zahlen auszudrückende Rolle spielt. In jeder Beziehung aber eigenthümlich und charakteristisch für die grosse Verschiedenheit der klimatischen Verhältnisse von Luzon und Mindanao, ist ein Fisch des süssen Wassers, welcher über den ganzen hinterindischen Archipel und Indien selbst verbreitet ist. Es ist die Gattung Ophiocephalus ⁶ , welche jener eigenthümlichen Gruppe von Fischen angehört, die durch besondere Wasserreservoire an den Seiten des Kopfes ausgezeichnet sind, so dass sie auf ihren Zügen über Land oder beim Erklettern der Palmenbäume auf lange Zeit Wasser genug zur Befeuchtung ihrer Kiemen und damit zu ihrer Athmung bei sich führen können. Es ist die Zahl dieser

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

gutenberg.org: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in HTML. (2012-11-06T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus gutenberg.org entsprechen muss.
gutenberg.org: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-06T13:54:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von HTML nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-06T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Die Transkription enspricht den DTA-Richtlinien.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869/48
Zitationshilfe: Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869/48>, abgerufen am 24.11.2024.