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Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869.

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diesmal ein Ziel. Am nächsten Morgen wurden nun aus rasch geschlagenen Bambusrohren Leitern zusammengebunden und mit diesen ausgerüstet, machten wir Nachmittags einen zweiten Versuch in den Krater zu gelangen. Der erste Absturz von etwa 30' wurde glücklich überwunden, aber bald sahen wir uns, immer in dem erwähnten Bachbette niedersteigend, vor einem zweiten ebenso hohen Abhang und nachdem wir auch hier eine zweite der Leitern aufgestellt hatten, sahen wir uns nun zum dritten Male durch die senkrecht abstürzende Wand aufgehalten. Es stand uns noch eine dritte Leiter zu Gebote, die mittels eines Taues herabgelassen wurde, aber sie reichte kaum bis zur Hälfte zu uns herauf. Wir hatten sie durch ein Loch, welches von dem niederstürzenden Regen in den Boden der Schlucht eingefressen, direct in den Krater führte, herabgelassen. Mein Diener Mariano, ein munterer und zu allen gewagten Unternehmungen bereitwilliger Tagale, liess sich am Taue durch das Loch hinunter; als ich ihm aber folgen wollte, konnte ich wegen der grösseren Breite meiner Schultern nicht hindurch. So musste ich ihm die Freude gönnen, mir am Abend von ihm als einzigem Besucher des Kraterbodens genaue Berichte geben zu lassen über seine Beobachtungen in dem "Purgatorio". Leid thaten ihm dabei nur seine blossen Füsse, die ziemlich versengt waren; doch tröstete er sich leicht in der Ansicht, dass er nun doch vor allen Anderen hoch begünstigt sei, da er auf seinem Wege zum Himmel die Qualen des Fegefeuers noch bei Lebzeiten durchgemacht habe.

Am 3. Tage, dem 30. April 1859, endlich gelang es mir mit Hülfe einer nahe an 70' langen Leiter, die ich am äusseren Rande der Spalte, jenseits jenes Loches, welches mich den Tag zuvor am Hinabsteigen gehindert, aufgestellt hatte, in den Krater selbst zu kommen. Vereinzelte Grasbüschel wuchsen auf dem völlig schwarzen Erdboden--an der Südwestseite des Kratergrundes,--der gänzlich aus Asche und zahlreichen Schlackenstücken zu bestehen schien. Gegen Norden sich schwach senkend, veränderte der Boden mehr und mehr seine dunkle Farbe in Braun und Gelb, zugleich wurde er weicher und es trat bald eine Kruste von gelbgefärbten Gypskrystallen auf, die man mit einer etwas festeren grauen Masse von Thon von dem darunter liegenden graulich gefärbten dicklichen Thonbrei abheben konnte. Weiter gegen den erwähnten rauchenden Schwefelpfuhl zu, nur noch etwa 50 Schritte von ihm

diesmal ein Ziel. Am nächsten Morgen wurden nun aus rasch geschlagenen Bambusrohren Leitern zusammengebunden und mit diesen ausgerüstet, machten wir Nachmittags einen zweiten Versuch in den Krater zu gelangen. Der erste Absturz von etwa 30′ wurde glücklich überwunden, aber bald sahen wir uns, immer in dem erwähnten Bachbette niedersteigend, vor einem zweiten ebenso hohen Abhang und nachdem wir auch hier eine zweite der Leitern aufgestellt hatten, sahen wir uns nun zum dritten Male durch die senkrecht abstürzende Wand aufgehalten. Es stand uns noch eine dritte Leiter zu Gebote, die mittels eines Taues herabgelassen wurde, aber sie reichte kaum bis zur Hälfte zu uns herauf. Wir hatten sie durch ein Loch, welches von dem niederstürzenden Regen in den Boden der Schlucht eingefressen, direct in den Krater führte, herabgelassen. Mein Diener Mariano, ein munterer und zu allen gewagten Unternehmungen bereitwilliger Tagale, liess sich am Taue durch das Loch hinunter; als ich ihm aber folgen wollte, konnte ich wegen der grösseren Breite meiner Schultern nicht hindurch. So musste ich ihm die Freude gönnen, mir am Abend von ihm als einzigem Besucher des Kraterbodens genaue Berichte geben zu lassen über seine Beobachtungen in dem »Purgatorio«. Leid thaten ihm dabei nur seine blossen Füsse, die ziemlich versengt waren; doch tröstete er sich leicht in der Ansicht, dass er nun doch vor allen Anderen hoch begünstigt sei, da er auf seinem Wege zum Himmel die Qualen des Fegefeuers noch bei Lebzeiten durchgemacht habe.

Am 3. Tage, dem 30. April 1859, endlich gelang es mir mit Hülfe einer nahe an 70′ langen Leiter, die ich am äusseren Rande der Spalte, jenseits jenes Loches, welches mich den Tag zuvor am Hinabsteigen gehindert, aufgestellt hatte, in den Krater selbst zu kommen. Vereinzelte Grasbüschel wuchsen auf dem völlig schwarzen Erdboden—an der Südwestseite des Kratergrundes,—der gänzlich aus Asche und zahlreichen Schlackenstücken zu bestehen schien. Gegen Norden sich schwach senkend, veränderte der Boden mehr und mehr seine dunkle Farbe in Braun und Gelb, zugleich wurde er weicher und es trat bald eine Kruste von gelbgefärbten Gypskrystallen auf, die man mit einer etwas festeren grauen Masse von Thon von dem darunter liegenden graulich gefärbten dicklichen Thonbrei abheben konnte. Weiter gegen den erwähnten rauchenden Schwefelpfuhl zu, nur noch etwa 50 Schritte von ihm

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                     und nachdem wir auch hier eine zweite der Leitern aufgestellt hatten, sahen wir
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                     hinunter; als ich ihm aber folgen wollte, konnte ich wegen der grösseren
                     Breite meiner Schultern nicht hindurch. So musste ich ihm die Freude
                     gönnen, mir am Abend von ihm als einzigem Besucher des Kraterbodens genaue
                     Berichte geben zu lassen über seine Beobachtungen in dem
                     »Purgatorio«. Leid thaten ihm dabei nur seine blossen Füsse, die
                     ziemlich versengt waren; doch tröstete er sich leicht in der Ansicht, dass
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[14/0014] diesmal ein Ziel. Am nächsten Morgen wurden nun aus rasch geschlagenen Bambusrohren Leitern zusammengebunden und mit diesen ausgerüstet, machten wir Nachmittags einen zweiten Versuch in den Krater zu gelangen. Der erste Absturz von etwa 30′ wurde glücklich überwunden, aber bald sahen wir uns, immer in dem erwähnten Bachbette niedersteigend, vor einem zweiten ebenso hohen Abhang und nachdem wir auch hier eine zweite der Leitern aufgestellt hatten, sahen wir uns nun zum dritten Male durch die senkrecht abstürzende Wand aufgehalten. Es stand uns noch eine dritte Leiter zu Gebote, die mittels eines Taues herabgelassen wurde, aber sie reichte kaum bis zur Hälfte zu uns herauf. Wir hatten sie durch ein Loch, welches von dem niederstürzenden Regen in den Boden der Schlucht eingefressen, direct in den Krater führte, herabgelassen. Mein Diener Mariano, ein munterer und zu allen gewagten Unternehmungen bereitwilliger Tagale, liess sich am Taue durch das Loch hinunter; als ich ihm aber folgen wollte, konnte ich wegen der grösseren Breite meiner Schultern nicht hindurch. So musste ich ihm die Freude gönnen, mir am Abend von ihm als einzigem Besucher des Kraterbodens genaue Berichte geben zu lassen über seine Beobachtungen in dem »Purgatorio«. Leid thaten ihm dabei nur seine blossen Füsse, die ziemlich versengt waren; doch tröstete er sich leicht in der Ansicht, dass er nun doch vor allen Anderen hoch begünstigt sei, da er auf seinem Wege zum Himmel die Qualen des Fegefeuers noch bei Lebzeiten durchgemacht habe. Am 3. Tage, dem 30. April 1859, endlich gelang es mir mit Hülfe einer nahe an 70′ langen Leiter, die ich am äusseren Rande der Spalte, jenseits jenes Loches, welches mich den Tag zuvor am Hinabsteigen gehindert, aufgestellt hatte, in den Krater selbst zu kommen. Vereinzelte Grasbüschel wuchsen auf dem völlig schwarzen Erdboden—an der Südwestseite des Kratergrundes,—der gänzlich aus Asche und zahlreichen Schlackenstücken zu bestehen schien. Gegen Norden sich schwach senkend, veränderte der Boden mehr und mehr seine dunkle Farbe in Braun und Gelb, zugleich wurde er weicher und es trat bald eine Kruste von gelbgefärbten Gypskrystallen auf, die man mit einer etwas festeren grauen Masse von Thon von dem darunter liegenden graulich gefärbten dicklichen Thonbrei abheben konnte. Weiter gegen den erwähnten rauchenden Schwefelpfuhl zu, nur noch etwa 50 Schritte von ihm

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Zitationshilfe: Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869/14>, abgerufen am 29.03.2024.