Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Bestimmung der in den gehobenen Korallenriffen der südlichen Inseln gefundenen Petrefacten richtig, so würde die Zeit der Hebung derselben, die wohl durch den letzten trachytischen Ausbruch bezeichnet sein mag, in eine sehr junge geologische Epoche fallen. Gerade aber auf das Nichtvorkommen solcher Hebungen in der jüngsten Epoche legt Darwin bei der Begründung seiner Hypothese das grösste Gewicht, und die definitive Bestimmung des geologischen Alters jener gehobenen Koralleninseln könnte einen wesentlichen Einwand gegen dieselbe abgeben. Aber auch hiervon abgesehen, scheint mir das gemeinschaftliche Auftreten der Riffe in den verschiedensten Gestalten, die grosse nur in geringer Tiefe unter dem Meere liegende Fläche der südlicheren Insel von Pelelew bis Coröre, ja selbst die Verschiedenheit der westlichen und östlichen Riffe des Nordens hinreichender Grund zur Annahme, dass die Bildung der Riffe dieser Inselgruppe wenigstens von keiner Senkung begleitet war.

Colonien einer Porites-Art deuten auf ein Moment, dem ich jetzt bei der Bildung von Korallenriffen den wichtigsten Einfluss zuschreiben muss, welches aber von den Reisenden, welche dieser Frage ihre Aufmerksamkeit zugewandt, bisher gänzlich ausser Acht gelassen zu sein scheint. Dies sind die constanten, hauptsächlich durch Ebbe und Fluth hervorgerufenen und durch das Wachsthum der Korallenriffe sowie durch physikalische Einflüsse des Meeres beinflussten Strömungen. Die erwähnte Porites bildet Colonien von Faustgrösse bis zu der Oberfläche von 6-8 und mehr Fuss im Durchmesser. Diese verschiedenen Stadien der Grösse zeigen, wie auf der Oberfläche allmälig die mittleren Individuen absterben und den Mittelpunkt einer mehr und mehr sich vergrössernden todten Fläche bilden. Auf dieser treten schon bei kleinen Colonien Furchen auf, die, ursprünglich wohl Resultat des ungleichen Wachsthums der verschiedenen die Colonie bildenden Individuen, sich bald zu Rinnen gestalten, in denen bei tiefen Ebben das auf der Oberfläche stehen bleibende Wasser seinen Abfluss findet. Der erhöhte Rand dieser bald kreisrunden, bald länglichen Colonien trägt nach aussen lebhaft vegetirende Individuen, die mehr und mehr nach innen krankhafter werden, bis sie zuletzt absterben und durch den Einfluss des auf der mittleren etwas niedrigeren Fläche stehenden Wassers bald abgetragen und auf das Niveau derselben übergeführt werden. Oft bleibt der äussere erhöhte Rand völlig undurchbrochen, aber gewöhnlich wird er durchsetzt durch eine oder mehrere Wasserrinnen. Je nach den verschiedenen Zufälligkeiten der Gestalt, welche die ersten Anfänge dieser Polypenkolonien zeigen, und dem dadurch bedingten Spiele der Strömungen bilden sich die mannigfachsten Formen aus, die von dem ganz geschlossenen oder in einzelne Wülste aufgelösten Ringe (dem Atoll) in Kolonien übergehen, welche Korallenblöcke anderer Art so umsäumen, dass sie bald sich einem Barrenriffe, bald einem Küstenriffe vergleichen liessen, je nachdem sie mehr oder minder alt, in grösserer oder geringerer Entfernung von dem sie umwachsenden Block stehen.

Bestimmung der in den gehobenen Korallenriffen der südlichen Inseln gefundenen Petrefacten richtig, so würde die Zeit der Hebung derselben, die wohl durch den letzten trachytischen Ausbruch bezeichnet sein mag, in eine sehr junge geologische Epoche fallen. Gerade aber auf das Nichtvorkommen solcher Hebungen in der jüngsten Epoche legt Darwin bei der Begründung seiner Hypothese das grösste Gewicht, und die definitive Bestimmung des geologischen Alters jener gehobenen Koralleninseln könnte einen wesentlichen Einwand gegen dieselbe abgeben. Aber auch hiervon abgesehen, scheint mir das gemeinschaftliche Auftreten der Riffe in den verschiedensten Gestalten, die grosse nur in geringer Tiefe unter dem Meere liegende Fläche der südlicheren Insel von Pelelew bis Coröre, ja selbst die Verschiedenheit der westlichen und östlichen Riffe des Nordens hinreichender Grund zur Annahme, dass die Bildung der Riffe dieser Inselgruppe wenigstens von keiner Senkung begleitet war.

Colonien einer Porites-Art deuten auf ein Moment, dem ich jetzt bei der Bildung von Korallenriffen den wichtigsten Einfluss zuschreiben muss, welches aber von den Reisenden, welche dieser Frage ihre Aufmerksamkeit zugewandt, bisher gänzlich ausser Acht gelassen zu sein scheint. Dies sind die constanten, hauptsächlich durch Ebbe und Fluth hervorgerufenen und durch das Wachsthum der Korallenriffe sowie durch physikalische Einflüsse des Meeres beinflussten Strömungen. Die erwähnte Porites bildet Colonien von Faustgrösse bis zu der Oberfläche von 6–8 und mehr Fuss im Durchmesser. Diese verschiedenen Stadien der Grösse zeigen, wie auf der Oberfläche allmälig die mittleren Individuen absterben und den Mittelpunkt einer mehr und mehr sich vergrössernden todten Fläche bilden. Auf dieser treten schon bei kleinen Colonien Furchen auf, die, ursprünglich wohl Resultat des ungleichen Wachsthums der verschiedenen die Colonie bildenden Individuen, sich bald zu Rinnen gestalten, in denen bei tiefen Ebben das auf der Oberfläche stehen bleibende Wasser seinen Abfluss findet. Der erhöhte Rand dieser bald kreisrunden, bald länglichen Colonien trägt nach aussen lebhaft vegetirende Individuen, die mehr und mehr nach innen krankhafter werden, bis sie zuletzt absterben und durch den Einfluss des auf der mittleren etwas niedrigeren Fläche stehenden Wassers bald abgetragen und auf das Niveau derselben übergeführt werden. Oft bleibt der äussere erhöhte Rand völlig undurchbrochen, aber gewöhnlich wird er durchsetzt durch eine oder mehrere Wasserrinnen. Je nach den verschiedenen Zufälligkeiten der Gestalt, welche die ersten Anfänge dieser Polypenkolonien zeigen, und dem dadurch bedingten Spiele der Strömungen bilden sich die mannigfachsten Formen aus, die von dem ganz geschlossenen oder in einzelne Wülste aufgelösten Ringe (dem Atoll) in Kolonien übergehen, welche Korallenblöcke anderer Art so umsäumen, dass sie bald sich einem Barrenriffe, bald einem Küstenriffe vergleichen liessen, je nachdem sie mehr oder minder alt, in grösserer oder geringerer Entfernung von dem sie umwachsenden Block stehen.

<TEI>
  <text>
    <back>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0107" n="107"/>
Bestimmung der in den gehobenen
                         Korallenriffen der südlichen Inseln gefundenen Petrefacten richtig, so
                         würde die Zeit der Hebung derselben, die wohl durch den letzten
                         trachytischen Ausbruch bezeichnet sein mag, in eine sehr junge geologische
                         Epoche fallen. Gerade aber auf das Nichtvorkommen solcher Hebungen in der
                         jüngsten Epoche legt Darwin bei der Begründung seiner Hypothese
                         das grösste Gewicht, und die definitive Bestimmung des geologischen
                         Alters jener gehobenen Koralleninseln könnte einen wesentlichen Einwand
                         gegen dieselbe abgeben. Aber auch hiervon abgesehen, scheint mir das
                         gemeinschaftliche Auftreten der Riffe in den verschiedensten Gestalten, die
                         grosse nur in geringer Tiefe unter dem Meere liegende Fläche der
                         südlicheren Insel von Pelelew bis Coröre, ja selbst die
                         Verschiedenheit der westlichen und östlichen Riffe des Nordens
                         hinreichender Grund zur Annahme, dass die Bildung der Riffe <hi rendition="#g">dieser</hi> Inselgruppe wenigstens von keiner Senkung
                         begleitet war. </p>
          <p>Colonien einer Porites-Art deuten auf ein Moment, dem ich jetzt bei der
                         Bildung von Korallenriffen den wichtigsten Einfluss zuschreiben muss,
                         welches aber von den Reisenden, welche dieser Frage ihre Aufmerksamkeit
                         zugewandt, bisher gänzlich ausser Acht gelassen zu sein scheint. <choice><sic>Diess</sic><corr>Dies</corr></choice> sind die constanten, hauptsächlich durch Ebbe und Fluth
                         hervorgerufenen und durch das Wachsthum der Korallenriffe sowie durch
                         physikalische Einflüsse des Meeres beinflussten Strömungen. Die
                         erwähnte Porites bildet Colonien von Faustgrösse bis zu der
                         Oberfläche von 6&#x2013;8 und mehr Fuss im Durchmesser. Diese
                         verschiedenen Stadien der Grösse zeigen, wie auf der Oberfläche
                         allmälig die mittleren Individuen absterben und den Mittelpunkt einer
                         mehr und mehr sich vergrössernden todten Fläche bilden. Auf dieser
                         treten schon bei kleinen Colonien Furchen auf, die, ursprünglich wohl
                         Resultat des ungleichen Wachsthums der verschiedenen die Colonie bildenden
                         Individuen, sich bald zu Rinnen gestalten, in denen bei tiefen Ebben das auf
                         der Oberfläche stehen bleibende Wasser seinen Abfluss findet. Der
                         erhöhte Rand dieser bald kreisrunden, bald länglichen Colonien
                         trägt nach aussen lebhaft vegetirende Individuen, die mehr und mehr
                         nach innen krankhafter werden, bis sie zuletzt absterben und durch den
                         Einfluss des auf der mittleren etwas niedrigeren Fläche stehenden
                         Wassers bald abgetragen und auf das Niveau derselben übergeführt
                         werden. Oft bleibt der äussere erhöhte Rand völlig
                         undurchbrochen, aber gewöhnlich wird er durchsetzt durch eine oder
                         mehrere Wasserrinnen. Je nach den verschiedenen Zufälligkeiten der
                         Gestalt, welche die ersten Anfänge dieser Polypenkolonien zeigen, und
                         dem dadurch bedingten Spiele der Strömungen bilden sich die
                         mannigfachsten Formen aus, die von dem ganz geschlossenen oder in einzelne
                         Wülste aufgelösten Ringe (dem Atoll) in Kolonien übergehen,
                         welche Korallenblöcke anderer Art so umsäumen, dass sie bald sich
                         einem Barrenriffe, bald einem Küstenriffe vergleichen liessen, je
                         nachdem sie mehr oder minder alt, in grösserer oder geringerer
                         Entfernung von dem sie umwachsenden Block stehen.
</p>
        </div>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[107/0107] Bestimmung der in den gehobenen Korallenriffen der südlichen Inseln gefundenen Petrefacten richtig, so würde die Zeit der Hebung derselben, die wohl durch den letzten trachytischen Ausbruch bezeichnet sein mag, in eine sehr junge geologische Epoche fallen. Gerade aber auf das Nichtvorkommen solcher Hebungen in der jüngsten Epoche legt Darwin bei der Begründung seiner Hypothese das grösste Gewicht, und die definitive Bestimmung des geologischen Alters jener gehobenen Koralleninseln könnte einen wesentlichen Einwand gegen dieselbe abgeben. Aber auch hiervon abgesehen, scheint mir das gemeinschaftliche Auftreten der Riffe in den verschiedensten Gestalten, die grosse nur in geringer Tiefe unter dem Meere liegende Fläche der südlicheren Insel von Pelelew bis Coröre, ja selbst die Verschiedenheit der westlichen und östlichen Riffe des Nordens hinreichender Grund zur Annahme, dass die Bildung der Riffe dieser Inselgruppe wenigstens von keiner Senkung begleitet war. Colonien einer Porites-Art deuten auf ein Moment, dem ich jetzt bei der Bildung von Korallenriffen den wichtigsten Einfluss zuschreiben muss, welches aber von den Reisenden, welche dieser Frage ihre Aufmerksamkeit zugewandt, bisher gänzlich ausser Acht gelassen zu sein scheint. Dies sind die constanten, hauptsächlich durch Ebbe und Fluth hervorgerufenen und durch das Wachsthum der Korallenriffe sowie durch physikalische Einflüsse des Meeres beinflussten Strömungen. Die erwähnte Porites bildet Colonien von Faustgrösse bis zu der Oberfläche von 6–8 und mehr Fuss im Durchmesser. Diese verschiedenen Stadien der Grösse zeigen, wie auf der Oberfläche allmälig die mittleren Individuen absterben und den Mittelpunkt einer mehr und mehr sich vergrössernden todten Fläche bilden. Auf dieser treten schon bei kleinen Colonien Furchen auf, die, ursprünglich wohl Resultat des ungleichen Wachsthums der verschiedenen die Colonie bildenden Individuen, sich bald zu Rinnen gestalten, in denen bei tiefen Ebben das auf der Oberfläche stehen bleibende Wasser seinen Abfluss findet. Der erhöhte Rand dieser bald kreisrunden, bald länglichen Colonien trägt nach aussen lebhaft vegetirende Individuen, die mehr und mehr nach innen krankhafter werden, bis sie zuletzt absterben und durch den Einfluss des auf der mittleren etwas niedrigeren Fläche stehenden Wassers bald abgetragen und auf das Niveau derselben übergeführt werden. Oft bleibt der äussere erhöhte Rand völlig undurchbrochen, aber gewöhnlich wird er durchsetzt durch eine oder mehrere Wasserrinnen. Je nach den verschiedenen Zufälligkeiten der Gestalt, welche die ersten Anfänge dieser Polypenkolonien zeigen, und dem dadurch bedingten Spiele der Strömungen bilden sich die mannigfachsten Formen aus, die von dem ganz geschlossenen oder in einzelne Wülste aufgelösten Ringe (dem Atoll) in Kolonien übergehen, welche Korallenblöcke anderer Art so umsäumen, dass sie bald sich einem Barrenriffe, bald einem Küstenriffe vergleichen liessen, je nachdem sie mehr oder minder alt, in grösserer oder geringerer Entfernung von dem sie umwachsenden Block stehen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

gutenberg.org: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in HTML. (2012-11-06T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus gutenberg.org entsprechen muss.
gutenberg.org: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-06T13:54:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von HTML nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-06T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Die Transkription enspricht den DTA-Richtlinien.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869/107
Zitationshilfe: Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869/107>, abgerufen am 23.11.2024.