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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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auf der I. Klinik höchst selten im Jahre möglich, während sie
auf der II. regelmässig durchgeführt wird."

Ich habe diesen Umstand nicht erwähnt, weil er in Bezug
auf die Sterblichkeit der I. Klinik vollkommen gleichgiltig ist,
nur eine so exacte Wissenschaft, wie sie Lumpe eigen ist, kann
diesem Umstande eine hohe Wichtigkeit beilegen, und wenn
Lumpe wirklich überzeugt ist, dass er dieses Umstandes wegen
beinahe täglich eine todte Wöchnerin in die Leichenkammer
gesendet, ungerechnet der Transferirten, ungerechnet der durch
die Mütter inficirten Kinder, so frage ich ihn, wie wird er das
Verbrechen verantworten, welches er dadurch begangen, dass
er die so leichte Hilfe, die Abschaffung dieses Umstandes näm-
lich, nicht einmal in Vorschlag gebracht hat?

Doch der Leser wolle sich beruhigen, bei Lumpe kann
von keinem Verbrechen, es kann nur immer von seiner exacten
Wissenschaft die Rede sein, denn die Lumpe'sche Assistenz
fällt in die Zeit vor dem entdeckten puerperalen Golumbus-Ei.

Die exacte Wissenschaft Lumpe's hält: Aufnahme haben,
und: nicht lüften können, für gleichbedeutend, deshalb wird
auch in Gebärhäusern, welche nicht vier Tage die Woche, son-
dern täglich Aufnahme haben, nie gelüftet; doch bleiben wir
bei den Wiener Abtheilungen. Ich frage, welche Abtheilung
hat mehr lüften können, die II., welche wöchentlich 3 Auf-
nahmstage hatte, und doch sehr oft die Aufnahme wegen Ueber-
füllung nicht übernehmen konnte, oder selbe wieder vor der
gesetzlichen Zeit abgeben musste? oder die I., welche, obwohl
selbe 4 Tage Aufnahme hatte, immer noch Raum genug hatte,
die Aufnahme zu behalten, oder wieder zu übermessen, wenn
selbe auf der II. Abtheilung hätte statthaben sollen?

Die Wöchnerinnen der I. Abtheilung erhielten den 7. oder
8. Tag ein anderes Zimmer; ich war 5 Jahre an der I. Klinik,
und in 5 Jahren ist es auch nicht einmal geschehen, dass die
Wochenzimmer mit neuen Wöchnerinnen belegt worden wären,
ohne dass nicht wenigstens einen Tag gelüftet worden wäre,

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auf der I. Klinik höchst selten im Jahre möglich, während sie
auf der II. regelmässig durchgeführt wird.«

Ich habe diesen Umstand nicht erwähnt, weil er in Bezug
auf die Sterblichkeit der I. Klinik vollkommen gleichgiltig ist,
nur eine so exacte Wissenschaft, wie sie Lumpe eigen ist, kann
diesem Umstande eine hohe Wichtigkeit beilegen, und wenn
Lumpe wirklich überzeugt ist, dass er dieses Umstandes wegen
beinahe täglich eine todte Wöchnerin in die Leichenkammer
gesendet, ungerechnet der Transferirten, ungerechnet der durch
die Mütter inficirten Kinder, so frage ich ihn, wie wird er das
Verbrechen verantworten, welches er dadurch begangen, dass
er die so leichte Hilfe, die Abschaffung dieses Umstandes näm-
lich, nicht einmal in Vorschlag gebracht hat?

Doch der Leser wolle sich beruhigen, bei Lumpe kann
von keinem Verbrechen, es kann nur immer von seiner exacten
Wissenschaft die Rede sein, denn die Lumpe’sche Assistenz
fällt in die Zeit vor dem entdeckten puerperalen Golumbus-Ei.

Die exacte Wissenschaft Lumpe’s hält: Aufnahme haben,
und: nicht lüften können, für gleichbedeutend, deshalb wird
auch in Gebärhäusern, welche nicht vier Tage die Woche, son-
dern täglich Aufnahme haben, nie gelüftet; doch bleiben wir
bei den Wiener Abtheilungen. Ich frage, welche Abtheilung
hat mehr lüften können, die II., welche wöchentlich 3 Auf-
nahmstage hatte, und doch sehr oft die Aufnahme wegen Ueber-
füllung nicht übernehmen konnte, oder selbe wieder vor der
gesetzlichen Zeit abgeben musste? oder die I., welche, obwohl
selbe 4 Tage Aufnahme hatte, immer noch Raum genug hatte,
die Aufnahme zu behalten, oder wieder zu übermessen, wenn
selbe auf der II. Abtheilung hätte statthaben sollen?

Die Wöchnerinnen der I. Abtheilung erhielten den 7. oder
8. Tag ein anderes Zimmer; ich war 5 Jahre an der I. Klinik,
und in 5 Jahren ist es auch nicht einmal geschehen, dass die
Wochenzimmer mit neuen Wöchnerinnen belegt worden wären,
ohne dass nicht wenigstens einen Tag gelüftet worden wäre,

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[451/0463] auf der I. Klinik höchst selten im Jahre möglich, während sie auf der II. regelmässig durchgeführt wird.« Ich habe diesen Umstand nicht erwähnt, weil er in Bezug auf die Sterblichkeit der I. Klinik vollkommen gleichgiltig ist, nur eine so exacte Wissenschaft, wie sie Lumpe eigen ist, kann diesem Umstande eine hohe Wichtigkeit beilegen, und wenn Lumpe wirklich überzeugt ist, dass er dieses Umstandes wegen beinahe täglich eine todte Wöchnerin in die Leichenkammer gesendet, ungerechnet der Transferirten, ungerechnet der durch die Mütter inficirten Kinder, so frage ich ihn, wie wird er das Verbrechen verantworten, welches er dadurch begangen, dass er die so leichte Hilfe, die Abschaffung dieses Umstandes näm- lich, nicht einmal in Vorschlag gebracht hat? Doch der Leser wolle sich beruhigen, bei Lumpe kann von keinem Verbrechen, es kann nur immer von seiner exacten Wissenschaft die Rede sein, denn die Lumpe’sche Assistenz fällt in die Zeit vor dem entdeckten puerperalen Golumbus-Ei. Die exacte Wissenschaft Lumpe’s hält: Aufnahme haben, und: nicht lüften können, für gleichbedeutend, deshalb wird auch in Gebärhäusern, welche nicht vier Tage die Woche, son- dern täglich Aufnahme haben, nie gelüftet; doch bleiben wir bei den Wiener Abtheilungen. Ich frage, welche Abtheilung hat mehr lüften können, die II., welche wöchentlich 3 Auf- nahmstage hatte, und doch sehr oft die Aufnahme wegen Ueber- füllung nicht übernehmen konnte, oder selbe wieder vor der gesetzlichen Zeit abgeben musste? oder die I., welche, obwohl selbe 4 Tage Aufnahme hatte, immer noch Raum genug hatte, die Aufnahme zu behalten, oder wieder zu übermessen, wenn selbe auf der II. Abtheilung hätte statthaben sollen? Die Wöchnerinnen der I. Abtheilung erhielten den 7. oder 8. Tag ein anderes Zimmer; ich war 5 Jahre an der I. Klinik, und in 5 Jahren ist es auch nicht einmal geschehen, dass die Wochenzimmer mit neuen Wöchnerinnen belegt worden wären, ohne dass nicht wenigstens einen Tag gelüftet worden wäre, 29 *

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/463>, abgerufen am 22.11.2024.