"Ueberdies beweisen die Umstände, dass die Wöchne- rinnen nach der Entbindung in der Regel nicht untersucht werden." Die Infection kann schon während der Schwan- gerschaft geschehen, und geschieht am häufigsten während der Geburt.
"Dass Wöchnerinnen, welche weder im Verlaufe ihrer Gravidität noch vor oder während, oder nach der Entbindung untersucht worden sind (wie dies bei den meisten Gassenge- burten der Fall ist), eben so gut am Wochenbettfieber erkran- ken, wie Andere."
Wir haben bewiesen, dass die Individuen, welche nicht untersucht werden, wohin die Gassengeburten, die vorzeitigen Geburten und alle schwer erkrankten Kreissenden gehören, gerade dadurch, dass selbe nicht untersucht werden, vor dem Puerperalfieber geschützt sind.
"Dass das Wochenbettfieber epidemisch vorkömmt (die sporadischen seltenen Erkrankungen können hier nicht be- sprochen werden) d. i. nur durch eine gewisse Zeit beobach- tet wird, während in Wien und Prag die Leichenöffnungen täglich vorgenommen werden." Aber die Schüler des Gebär- hauses wohnen nur durch eine gewisse Zeit und nicht täglich den Leichenöffnungen bei.
"Dass das Wochenbettfieber auf dem Lande und in an- deren Städten, wo keine Leichenöffnungen gemacht werden, gleichfalls zu bestimmten Zeiten vorkömmt, ist mehr als hinrei- chend: dass die Wochenbettfieber-Epidemien auf keine Weise von einer Uebertragung von Leichentheilen (Semmelweis, Skoda) abgeleitet werden können."
Das Wochenbettfieber kömmt allerdings auch auf dem Lande und in Städten vor, in welchen keine Sectionen ge- macht werden, aber überall kommen Kranke vor, deren Krank- heiten einen zersetzten Stoff erzeugen, und überall gibt es Medicinalpersonen männlichen und weiblichen Geschlechts, welche sich mit Geburtshilfe und mit derartigen Kranken be- schäftigen, und welche aus Unwissenheit Infectionen hervorrufen.
»Ueberdies beweisen die Umstände, dass die Wöchne- rinnen nach der Entbindung in der Regel nicht untersucht werden.« Die Infection kann schon während der Schwan- gerschaft geschehen, und geschieht am häufigsten während der Geburt.
»Dass Wöchnerinnen, welche weder im Verlaufe ihrer Gravidität noch vor oder während, oder nach der Entbindung untersucht worden sind (wie dies bei den meisten Gassenge- burten der Fall ist), eben so gut am Wochenbettfieber erkran- ken, wie Andere.«
Wir haben bewiesen, dass die Individuen, welche nicht untersucht werden, wohin die Gassengeburten, die vorzeitigen Geburten und alle schwer erkrankten Kreissenden gehören, gerade dadurch, dass selbe nicht untersucht werden, vor dem Puerperalfieber geschützt sind.
»Dass das Wochenbettfieber epidemisch vorkömmt (die sporadischen seltenen Erkrankungen können hier nicht be- sprochen werden) d. i. nur durch eine gewisse Zeit beobach- tet wird, während in Wien und Prag die Leichenöffnungen täglich vorgenommen werden.« Aber die Schüler des Gebär- hauses wohnen nur durch eine gewisse Zeit und nicht täglich den Leichenöffnungen bei.
»Dass das Wochenbettfieber auf dem Lande und in an- deren Städten, wo keine Leichenöffnungen gemacht werden, gleichfalls zu bestimmten Zeiten vorkömmt, ist mehr als hinrei- chend: dass die Wochenbettfieber-Epidemien auf keine Weise von einer Uebertragung von Leichentheilen (Semmelweis, Skoda) abgeleitet werden können.«
Das Wochenbettfieber kömmt allerdings auch auf dem Lande und in Städten vor, in welchen keine Sectionen ge- macht werden, aber überall kommen Kranke vor, deren Krank- heiten einen zersetzten Stoff erzeugen, und überall gibt es Medicinalpersonen männlichen und weiblichen Geschlechts, welche sich mit Geburtshilfe und mit derartigen Kranken be- schäftigen, und welche aus Unwissenheit Infectionen hervorrufen.
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[421/0433]
»Ueberdies beweisen die Umstände, dass die Wöchne-
rinnen nach der Entbindung in der Regel nicht untersucht
werden.« Die Infection kann schon während der Schwan-
gerschaft geschehen, und geschieht am häufigsten während der
Geburt.
»Dass Wöchnerinnen, welche weder im Verlaufe ihrer
Gravidität noch vor oder während, oder nach der Entbindung
untersucht worden sind (wie dies bei den meisten Gassenge-
burten der Fall ist), eben so gut am Wochenbettfieber erkran-
ken, wie Andere.«
Wir haben bewiesen, dass die Individuen, welche nicht
untersucht werden, wohin die Gassengeburten, die vorzeitigen
Geburten und alle schwer erkrankten Kreissenden gehören,
gerade dadurch, dass selbe nicht untersucht werden, vor dem
Puerperalfieber geschützt sind.
»Dass das Wochenbettfieber epidemisch vorkömmt (die
sporadischen seltenen Erkrankungen können hier nicht be-
sprochen werden) d. i. nur durch eine gewisse Zeit beobach-
tet wird, während in Wien und Prag die Leichenöffnungen
täglich vorgenommen werden.« Aber die Schüler des Gebär-
hauses wohnen nur durch eine gewisse Zeit und nicht täglich
den Leichenöffnungen bei.
»Dass das Wochenbettfieber auf dem Lande und in an-
deren Städten, wo keine Leichenöffnungen gemacht werden,
gleichfalls zu bestimmten Zeiten vorkömmt, ist mehr als hinrei-
chend: dass die Wochenbettfieber-Epidemien auf keine Weise
von einer Uebertragung von Leichentheilen (Semmelweis,
Skoda) abgeleitet werden können.«
Das Wochenbettfieber kömmt allerdings auch auf dem
Lande und in Städten vor, in welchen keine Sectionen ge-
macht werden, aber überall kommen Kranke vor, deren Krank-
heiten einen zersetzten Stoff erzeugen, und überall gibt es
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welche sich mit Geburtshilfe und mit derartigen Kranken be-
schäftigen, und welche aus Unwissenheit Infectionen hervorrufen.
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/433>, abgerufen am 24.11.2024.
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