Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

in der Stille des Grabes. Ihre lebensrettende Thätigkeit als
Kliniker zu Prag hat der trauernde Menschenfreund erkannt
in den hunderten von verstorbenen Wöchnerinnen, deren Sectio-
nen Sie im Prager Gebärhause beizuwohnen Gelegenheit hatten.

Und je länger ich über Ihre Wirksamkeit als Kliniker
zu Würzburg*) nachdenke, desto möglicher scheint es mir,
dass Ihre Opposition gegen mich nicht so sehr aus Ihrer Un-
wissenheit über die Entstehung und Verhütung des Kindbett-
fiebers, als vielmehr aus bösem Willen entspringt, denn Sie
haben, Herr Hofrath, von den in der Würzburger Klinik inner-
halb sechs Jahren 1639 verpflegten Wöchnerinnen nur 20 am
Kindbettfieber verloren, also sind innerhalb sechs Jahren, die-
selbe Basis für die Selbstinfectionsfälle angenommen wie im
Wiener Gebärhause, nur vier Infectionsfälle von aussen vor-
gekommen, ein Resultat, welches meiner gelungensten Lei-
stung nahe kommt, denn ich habe innerhalb sechs Jahren im
Gebärhause des St. Rochusspitales zu Pest von 933 Wöchne-
rinnen acht am Kindbettfieber verloren, und darunter war
ein Fall eine Infection von aussen.

Kiwisch hat an der Würzburger Klinik in einem Jahre,
in welchem sagt er nicht, von 102 Wöchnerinnen 27 am Puer-
peralfieber verloren, es steht daher Ihre Sterblichkeit zur
Sterblichkeit Kiwisch's wie 20 Todte zu 432 Todten.

Und als Kliniker zu Prag haben Sie innerhalb der 15
Monate, von welchen Sie uns die Rapporte mittheilen, noch
59 Fälle von Infection von aussen gehabt.

Herr Hofrath sind der Welt Rechenschaft schuldig, wie
so es kommt, dass Sie durch sechs Jahre einen so günstigen
Gesundheitszustand der Wöchnerinnen hatten, an derselben
Anstalt, an welcher Kiwisch eine grössere Sterblichkeit hatte,
als selbe je an der I. Gebärklinik zu Wien vorgekommen. Ki-
wisch hatte 26 Percent Sterblichkeit. An der I. Gebärklinik
war die Sterblichkeit in Jahren nie über 15 Percent.

*) Beiträge zur Geburtskunde und Gynaecologie. Herausgegeben von Dr.
T. W. von Scanzoni. Würzburg 1858. III. Band.

in der Stille des Grabes. Ihre lebensrettende Thätigkeit als
Kliniker zu Prag hat der trauernde Menschenfreund erkannt
in den hunderten von verstorbenen Wöchnerinnen, deren Sectio-
nen Sie im Prager Gebärhause beizuwohnen Gelegenheit hatten.

Und je länger ich über Ihre Wirksamkeit als Kliniker
zu Würzburg*) nachdenke, desto möglicher scheint es mir,
dass Ihre Opposition gegen mich nicht so sehr aus Ihrer Un-
wissenheit über die Entstehung und Verhütung des Kindbett-
fiebers, als vielmehr aus bösem Willen entspringt, denn Sie
haben, Herr Hofrath, von den in der Würzburger Klinik inner-
halb sechs Jahren 1639 verpflegten Wöchnerinnen nur 20 am
Kindbettfieber verloren, also sind innerhalb sechs Jahren, die-
selbe Basis für die Selbstinfectionsfälle angenommen wie im
Wiener Gebärhause, nur vier Infectionsfälle von aussen vor-
gekommen, ein Resultat, welches meiner gelungensten Lei-
stung nahe kommt, denn ich habe innerhalb sechs Jahren im
Gebärhause des St. Rochusspitales zu Pest von 933 Wöchne-
rinnen acht am Kindbettfieber verloren, und darunter war
ein Fall eine Infection von aussen.

Kiwisch hat an der Würzburger Klinik in einem Jahre,
in welchem sagt er nicht, von 102 Wöchnerinnen 27 am Puer-
peralfieber verloren, es steht daher Ihre Sterblichkeit zur
Sterblichkeit Kiwisch’s wie 20 Todte zu 432 Todten.

Und als Kliniker zu Prag haben Sie innerhalb der 15
Monate, von welchen Sie uns die Rapporte mittheilen, noch
59 Fälle von Infection von aussen gehabt.

Herr Hofrath sind der Welt Rechenschaft schuldig, wie
so es kommt, dass Sie durch sechs Jahre einen so günstigen
Gesundheitszustand der Wöchnerinnen hatten, an derselben
Anstalt, an welcher Kiwisch eine grössere Sterblichkeit hatte,
als selbe je an der I. Gebärklinik zu Wien vorgekommen. Ki-
wisch hatte 26 Percent Sterblichkeit. An der I. Gebärklinik
war die Sterblichkeit in Jahren nie über 15 Percent.

*) Beiträge zur Geburtskunde und Gynaecologie. Herausgegeben von Dr.
T. W. von Scanzoni. Würzburg 1858. III. Band.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0426" n="414"/>
in der Stille des Grabes. Ihre lebensrettende Thätigkeit als<lb/>
Kliniker zu Prag hat der trauernde Menschenfreund erkannt<lb/>
in den hunderten von verstorbenen Wöchnerinnen, deren Sectio-<lb/>
nen Sie im Prager Gebärhause beizuwohnen Gelegenheit hatten.</p><lb/>
        <p>Und je länger ich über Ihre Wirksamkeit als Kliniker<lb/>
zu Würzburg<note place="foot" n="*)">Beiträge zur Geburtskunde und Gynaecologie. Herausgegeben von Dr.<lb/>
T. W. von Scanzoni. Würzburg 1858. III. Band.</note> nachdenke, desto möglicher scheint es mir,<lb/>
dass Ihre Opposition gegen mich nicht so sehr aus Ihrer Un-<lb/>
wissenheit über die Entstehung und Verhütung des Kindbett-<lb/>
fiebers, als vielmehr aus bösem Willen entspringt, denn Sie<lb/>
haben, Herr Hofrath, von den in der Würzburger Klinik inner-<lb/>
halb sechs Jahren 1639 verpflegten Wöchnerinnen nur 20 am<lb/>
Kindbettfieber verloren, also sind innerhalb sechs Jahren, die-<lb/>
selbe Basis für die Selbstinfectionsfälle angenommen wie im<lb/>
Wiener Gebärhause, nur vier Infectionsfälle von aussen vor-<lb/>
gekommen, ein Resultat, welches meiner gelungensten Lei-<lb/>
stung nahe kommt, denn ich habe innerhalb sechs Jahren im<lb/>
Gebärhause des St. Rochusspitales zu Pest von 933 Wöchne-<lb/>
rinnen acht am Kindbettfieber verloren, und darunter war<lb/>
ein Fall eine Infection von aussen.</p><lb/>
        <p>Kiwisch hat an der Würzburger Klinik in einem Jahre,<lb/>
in welchem sagt er nicht, von 102 Wöchnerinnen 27 am Puer-<lb/>
peralfieber verloren, es steht daher Ihre Sterblichkeit zur<lb/>
Sterblichkeit Kiwisch&#x2019;s wie 20 Todte zu 432 Todten.</p><lb/>
        <p>Und als Kliniker zu Prag haben Sie innerhalb der 15<lb/>
Monate, von welchen Sie uns die Rapporte mittheilen, noch<lb/>
59 Fälle von Infection von aussen gehabt.</p><lb/>
        <p>Herr Hofrath sind der Welt Rechenschaft schuldig, wie<lb/>
so es kommt, dass Sie durch sechs Jahre einen so günstigen<lb/>
Gesundheitszustand der Wöchnerinnen hatten, an derselben<lb/>
Anstalt, an welcher Kiwisch eine grössere Sterblichkeit hatte,<lb/>
als selbe je an der I. Gebärklinik zu Wien vorgekommen. Ki-<lb/>
wisch hatte 26 Percent Sterblichkeit. An der I. Gebärklinik<lb/>
war die Sterblichkeit in Jahren nie über 15 Percent.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[414/0426] in der Stille des Grabes. Ihre lebensrettende Thätigkeit als Kliniker zu Prag hat der trauernde Menschenfreund erkannt in den hunderten von verstorbenen Wöchnerinnen, deren Sectio- nen Sie im Prager Gebärhause beizuwohnen Gelegenheit hatten. Und je länger ich über Ihre Wirksamkeit als Kliniker zu Würzburg *) nachdenke, desto möglicher scheint es mir, dass Ihre Opposition gegen mich nicht so sehr aus Ihrer Un- wissenheit über die Entstehung und Verhütung des Kindbett- fiebers, als vielmehr aus bösem Willen entspringt, denn Sie haben, Herr Hofrath, von den in der Würzburger Klinik inner- halb sechs Jahren 1639 verpflegten Wöchnerinnen nur 20 am Kindbettfieber verloren, also sind innerhalb sechs Jahren, die- selbe Basis für die Selbstinfectionsfälle angenommen wie im Wiener Gebärhause, nur vier Infectionsfälle von aussen vor- gekommen, ein Resultat, welches meiner gelungensten Lei- stung nahe kommt, denn ich habe innerhalb sechs Jahren im Gebärhause des St. Rochusspitales zu Pest von 933 Wöchne- rinnen acht am Kindbettfieber verloren, und darunter war ein Fall eine Infection von aussen. Kiwisch hat an der Würzburger Klinik in einem Jahre, in welchem sagt er nicht, von 102 Wöchnerinnen 27 am Puer- peralfieber verloren, es steht daher Ihre Sterblichkeit zur Sterblichkeit Kiwisch’s wie 20 Todte zu 432 Todten. Und als Kliniker zu Prag haben Sie innerhalb der 15 Monate, von welchen Sie uns die Rapporte mittheilen, noch 59 Fälle von Infection von aussen gehabt. Herr Hofrath sind der Welt Rechenschaft schuldig, wie so es kommt, dass Sie durch sechs Jahre einen so günstigen Gesundheitszustand der Wöchnerinnen hatten, an derselben Anstalt, an welcher Kiwisch eine grössere Sterblichkeit hatte, als selbe je an der I. Gebärklinik zu Wien vorgekommen. Ki- wisch hatte 26 Percent Sterblichkeit. An der I. Gebärklinik war die Sterblichkeit in Jahren nie über 15 Percent. *) Beiträge zur Geburtskunde und Gynaecologie. Herausgegeben von Dr. T. W. von Scanzoni. Würzburg 1858. III. Band.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/426
Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/426>, abgerufen am 11.05.2024.