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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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Kindbettfieber gestorben, in Folge der langen Geburtsdauer
sind zwar viele Mütter und Kinder schon am Kindbettfieber
gestorben, aber im Sinne Scanzoni's ist noch nie eine Mutter
oder ein Kind am Kindbettfieber gestorben, weil noch nie das
Nervensystem in Folge langer Geburtsdauer auf das Blut
entmischend eingewirkt hat, in Folge von Gemüthsaffecten ist
noch nie eine Wöchnerin am Kindbettfieber gestorben, in
Folge Diätfehler ist noch nie eine Wöchnerin am Kindbett-
fieber gestorben, in Folge von Puerperalmiasma ist noch nie
eine Wöchnerin am Puerperalfieber gestorben, weil das Puer-
peralmiasma im Sinne Scanzoni's nicht existirt.

Sagen Sie uns doch endlich um Gotteswillen, Herr Hof-
rath, was war denn das aetiologische Moment des Kindbett-
fiebers, an dem so viele hundert Wöchnerinnen im Prager
Gebärhause gestorben sind, deren Sectionen beizuwohnen Sie
daselbst Gelegenheit hatten? Der Leser erinnert sich, dass
Scanzoni durch seine eben so genialen als gewissenhaften
Experimente, welche er im Prager Gebärhause mit den Chlor-
waschungen anstellte, zwei wichtige aetiologische Momente
des Kindbettfiebers entdeckte, nämlich den Zufall, im Monate
März und April 1848 wurde ermittelt, dass 31 Wöchnerinnen
zufällig starben, und im Juni, Juli und August 1848 wurde
ermittelt, dass 19 Wöchnerinnen ohne irgend eine nachweis-
bare Ursache starben; wenn daher diese vielen hundert
Wöchnerinnen, deren Sectionen Scanzoni beizuwohnen Gele-
genheit hatte, zum Theil zufällig, zum Theile aber ohne irgend
eine nachweisbare Ursache gestorben sind, und wenn dadurch
der Vorwurf, den ich der Scanzonischen Aetiologie mache,
dass in Folge seiner Aetiologie die Wöchnerinnen nicht mas-
senhaft am Puerperalfieber sterben können, widerlegt ist, so
trägt an diesem meinen Irrthume nur die Geheimnissthuerei
Scanzoni's Schuld, welche ihn verhinderte, mir und der übri-
gen Welt in seiner Aetiologie über diese beiden von ihm
entdeckten so hochwichtigen aetiologischen Momente des
Kindbettfiebers nähere Belehrung zukommen zu lassen.

Semmelweis, Kindbettfieber. 26

Kindbettfieber gestorben, in Folge der langen Geburtsdauer
sind zwar viele Mütter und Kinder schon am Kindbettfieber
gestorben, aber im Sinne Scanzoni’s ist noch nie eine Mutter
oder ein Kind am Kindbettfieber gestorben, weil noch nie das
Nervensystem in Folge langer Geburtsdauer auf das Blut
entmischend eingewirkt hat, in Folge von Gemüthsaffecten ist
noch nie eine Wöchnerin am Kindbettfieber gestorben, in
Folge Diätfehler ist noch nie eine Wöchnerin am Kindbett-
fieber gestorben, in Folge von Puerperalmiasma ist noch nie
eine Wöchnerin am Puerperalfieber gestorben, weil das Puer-
peralmiasma im Sinne Scanzoni’s nicht existirt.

Sagen Sie uns doch endlich um Gotteswillen, Herr Hof-
rath, was war denn das aetiologische Moment des Kindbett-
fiebers, an dem so viele hundert Wöchnerinnen im Prager
Gebärhause gestorben sind, deren Sectionen beizuwohnen Sie
daselbst Gelegenheit hatten? Der Leser erinnert sich, dass
Scanzoni durch seine eben so genialen als gewissenhaften
Experimente, welche er im Prager Gebärhause mit den Chlor-
waschungen anstellte, zwei wichtige aetiologische Momente
des Kindbettfiebers entdeckte, nämlich den Zufall, im Monate
März und April 1848 wurde ermittelt, dass 31 Wöchnerinnen
zufällig starben, und im Juni, Juli und August 1848 wurde
ermittelt, dass 19 Wöchnerinnen ohne irgend eine nachweis-
bare Ursache starben; wenn daher diese vielen hundert
Wöchnerinnen, deren Sectionen Scanzoni beizuwohnen Gele-
genheit hatte, zum Theil zufällig, zum Theile aber ohne irgend
eine nachweisbare Ursache gestorben sind, und wenn dadurch
der Vorwurf, den ich der Scanzonischen Aetíologie mache,
dass in Folge seiner Aetiologie die Wöchnerinnen nicht mas-
senhaft am Puerperalfieber sterben können, widerlegt ist, so
trägt an diesem meinen Irrthume nur die Geheimnissthuerei
Scanzoni’s Schuld, welche ihn verhinderte, mir und der übri-
gen Welt in seiner Aetiologie über diese beiden von ihm
entdeckten so hochwichtigen aetiologischen Momente des
Kindbettfiebers nähere Belehrung zukommen zu lassen.

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[401/0413] Kindbettfieber gestorben, in Folge der langen Geburtsdauer sind zwar viele Mütter und Kinder schon am Kindbettfieber gestorben, aber im Sinne Scanzoni’s ist noch nie eine Mutter oder ein Kind am Kindbettfieber gestorben, weil noch nie das Nervensystem in Folge langer Geburtsdauer auf das Blut entmischend eingewirkt hat, in Folge von Gemüthsaffecten ist noch nie eine Wöchnerin am Kindbettfieber gestorben, in Folge Diätfehler ist noch nie eine Wöchnerin am Kindbett- fieber gestorben, in Folge von Puerperalmiasma ist noch nie eine Wöchnerin am Puerperalfieber gestorben, weil das Puer- peralmiasma im Sinne Scanzoni’s nicht existirt. Sagen Sie uns doch endlich um Gotteswillen, Herr Hof- rath, was war denn das aetiologische Moment des Kindbett- fiebers, an dem so viele hundert Wöchnerinnen im Prager Gebärhause gestorben sind, deren Sectionen beizuwohnen Sie daselbst Gelegenheit hatten? Der Leser erinnert sich, dass Scanzoni durch seine eben so genialen als gewissenhaften Experimente, welche er im Prager Gebärhause mit den Chlor- waschungen anstellte, zwei wichtige aetiologische Momente des Kindbettfiebers entdeckte, nämlich den Zufall, im Monate März und April 1848 wurde ermittelt, dass 31 Wöchnerinnen zufällig starben, und im Juni, Juli und August 1848 wurde ermittelt, dass 19 Wöchnerinnen ohne irgend eine nachweis- bare Ursache starben; wenn daher diese vielen hundert Wöchnerinnen, deren Sectionen Scanzoni beizuwohnen Gele- genheit hatte, zum Theil zufällig, zum Theile aber ohne irgend eine nachweisbare Ursache gestorben sind, und wenn dadurch der Vorwurf, den ich der Scanzonischen Aetíologie mache, dass in Folge seiner Aetiologie die Wöchnerinnen nicht mas- senhaft am Puerperalfieber sterben können, widerlegt ist, so trägt an diesem meinen Irrthume nur die Geheimnissthuerei Scanzoni’s Schuld, welche ihn verhinderte, mir und der übri- gen Welt in seiner Aetiologie über diese beiden von ihm entdeckten so hochwichtigen aetiologischen Momente des Kindbettfiebers nähere Belehrung zukommen zu lassen. Semmelweis, Kindbettfieber. 26

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/413>, abgerufen am 24.11.2024.