nicht Kreissende, nicht Wöchnerinnen sind, dieselbe Krank- heit hervor. Wenn Gemüthsaffecte so eine furchtbare Schäd- lichkeit sind, wie Scanzoni glaubt, so fragen wir, warum brin- gen denn Gemüthsaffecte bei Männern, bei Frauen, welche nicht Schwangere, nicht Kreissende, nicht Wöchnerinnen sind, nicht auch dieselbe Krankheit hervor; nachdem es aber Factum ist, dass Gemüthsaffecte bei Männern und bei Frauen, welche nicht im Puerperio sind, keine Pyaemie hervorrufen, so wolle uns Scanzoni erklären, in welchen Verhältnissen es liege, dass im Puerperio der schädliche Einfluss von Gemüthsaffecten der- art modificirt werde, dass er bei Wöchnerinnen Pyaemie her- vorzubringen im Stande ist.
Aufs Puerperium oder auf die den Schwangeren eigen- thümliche Blutmischung kann Scanzoni sich nicht berufen, denn wir haben schon bewiesen, dass in diesem Verhältnisse die praedisponirende Ursache des Puerperalfiebers nicht liege, wir haben bewiesen, dass die praedisponirende Ursache des Puerperalfiebers eine resorbirende Fläche sei; wie verhalten sich nun Gemüthsaffecte zur resorbirenden Fläche?
Mittelst Zahlen können wir zwar nicht beweisen, dass das Puerperalfieber ausserhalb der Gebärhäuser nicht durch Gemüthsaffecte hervorgerufen werde, weil uns über das ausser- halb der Gebärhäuser vorkommende Puerperalfieber keine Zahlen zur Disposition stehen. Aber Scanzoni hält, wie es die Consequenz mit sich bringt, Gemüthsaffecte auch für einen aetio- logischen Moment des Kindbettfiebers, welches in Gebärhäu- sern vorkommt, er glaubt in Gemüthsaffecten eine der Ursa- chen gefunden zu haben, welche es machen, dass die Sterb- lichkeit an der I. Gebärklinik zu Wien grösser ist, als an der II. Gebärklinik.
Nun dass dem nicht so sei, dass Gemüthsaffecte an der I. Gebärklinik kein Puerperalfieber hervorgebracht haben, das können wir durch Zahlen beweisen, und von der I. Ge- bärklinik wird dann der Schluss auf die übrigen Gebärhäuser, so
nicht Kreissende, nicht Wöchnerinnen sind, dieselbe Krank- heit hervor. Wenn Gemüthsaffecte so eine furchtbare Schäd- lichkeit sind, wie Scanzoni glaubt, so fragen wir, warum brin- gen denn Gemüthsaffecte bei Männern, bei Frauen, welche nicht Schwangere, nicht Kreissende, nicht Wöchnerinnen sind, nicht auch dieselbe Krankheit hervor; nachdem es aber Factum ist, dass Gemüthsaffecte bei Männern und bei Frauen, welche nicht im Puerperio sind, keine Pyaemie hervorrufen, so wolle uns Scanzoni erklären, in welchen Verhältnissen es liege, dass im Puerperio der schädliche Einfluss von Gemüthsaffecten der- art modificirt werde, dass er bei Wöchnerinnen Pyaemie her- vorzubringen im Stande ist.
Aufs Puerperium oder auf die den Schwangeren eigen- thümliche Blutmischung kann Scanzoni sich nicht berufen, denn wir haben schon bewiesen, dass in diesem Verhältnisse die praedisponirende Ursache des Puerperalfiebers nicht liege, wir haben bewiesen, dass die praedisponirende Ursache des Puerperalfiebers eine resorbirende Fläche sei; wie verhalten sich nun Gemüthsaffecte zur resorbirenden Fläche?
Mittelst Zahlen können wir zwar nicht beweisen, dass das Puerperalfieber ausserhalb der Gebärhäuser nicht durch Gemüthsaffecte hervorgerufen werde, weil uns über das ausser- halb der Gebärhäuser vorkommende Puerperalfieber keine Zahlen zur Disposition stehen. Aber Scanzoni hält, wie es die Consequenz mit sich bringt, Gemüthsaffecte auch für einen aetio- logischen Moment des Kindbettfiebers, welches in Gebärhäu- sern vorkommt, er glaubt in Gemüthsaffecten eine der Ursa- chen gefunden zu haben, welche es machen, dass die Sterb- lichkeit an der I. Gebärklinik zu Wien grösser ist, als an der II. Gebärklinik.
Nun dass dem nicht so sei, dass Gemüthsaffecte an der I. Gebärklinik kein Puerperalfieber hervorgebracht haben, das können wir durch Zahlen beweisen, und von der I. Ge- bärklinik wird dann der Schluss auf die übrigen Gebärhäuser, so
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nicht Kreissende, nicht Wöchnerinnen sind, dieselbe Krank-
heit hervor. Wenn Gemüthsaffecte so eine furchtbare Schäd-
lichkeit sind, wie Scanzoni glaubt, so fragen wir, warum brin-
gen denn Gemüthsaffecte bei Männern, bei Frauen, welche
nicht Schwangere, nicht Kreissende, nicht Wöchnerinnen sind,
nicht auch dieselbe Krankheit hervor; nachdem es aber Factum
ist, dass Gemüthsaffecte bei Männern und bei Frauen, welche
nicht im Puerperio sind, keine Pyaemie hervorrufen, so wolle
uns Scanzoni erklären, in welchen Verhältnissen es liege, dass
im Puerperio der schädliche Einfluss von Gemüthsaffecten der-
art modificirt werde, dass er bei Wöchnerinnen Pyaemie her-
vorzubringen im Stande ist.
Aufs Puerperium oder auf die den Schwangeren eigen-
thümliche Blutmischung kann Scanzoni sich nicht berufen,
denn wir haben schon bewiesen, dass in diesem Verhältnisse
die praedisponirende Ursache des Puerperalfiebers nicht liege,
wir haben bewiesen, dass die praedisponirende Ursache des
Puerperalfiebers eine resorbirende Fläche sei; wie verhalten
sich nun Gemüthsaffecte zur resorbirenden Fläche?
Mittelst Zahlen können wir zwar nicht beweisen, dass
das Puerperalfieber ausserhalb der Gebärhäuser nicht durch
Gemüthsaffecte hervorgerufen werde, weil uns über das ausser-
halb der Gebärhäuser vorkommende Puerperalfieber keine
Zahlen zur Disposition stehen. Aber Scanzoni hält, wie es die
Consequenz mit sich bringt, Gemüthsaffecte auch für einen aetio-
logischen Moment des Kindbettfiebers, welches in Gebärhäu-
sern vorkommt, er glaubt in Gemüthsaffecten eine der Ursa-
chen gefunden zu haben, welche es machen, dass die Sterb-
lichkeit an der I. Gebärklinik zu Wien grösser ist, als an der
II. Gebärklinik.
Nun dass dem nicht so sei, dass Gemüthsaffecte an der
I. Gebärklinik kein Puerperalfieber hervorgebracht haben,
das können wir durch Zahlen beweisen, und von der I. Ge-
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/389>, abgerufen am 25.11.2024.
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