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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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gefunden, dass dasselbe Factum sich auch an Tagen wieder-
holt hat, wo man über stürmische, kaltfeuchte Witterung sich
nicht zu beklagen hatte.

Wir haben dieses Factum unter der Benennung des rei-
henweisen Erkrankens abgehandelt, der Leser wolle dies be-
züglich Seite 47, Zeile 4 und Seite 70, Zeile 11 nachlesen.

Scanzoni sagt: Der epidemische Einfluss gebe sich nicht
nur in der Zahl der Erkrankungen, sondern auch in der Art
der Erkrankungen kund, so zwar, dass in manchen Epide-
mien alle Fälle den Charakter der Hyperinose, in andern die
Charaktere der Pyaemie und in andern die Charaktere der
Blutdissolution tragen, ja selbst in den Localisationen zeige
sich der epidemische Einfluss, indem zu gewisser Zeit die
Lymphangoitis, zu einer anderen die Phlebitis etc. etc. den
constanten Sectionsbefund abgeben; alle diese angeführten
Umstände lassen nach Scanzoni keinen Zweifel übrig, dass
gewisse, uns freilich ihrer Wesenheit nach nicht bekannte at-
mosphärische Einflüsse eines der beachtenswerthesten Cau-
salmomente des Puerperalfiebers darstellen.

Was Scanzoni über die Formen des Puerperalfiebers
hier sagt, kann man zwar in vielen Lehrbüchern der Geburts-
hilfe lesen, aber in der Natur nicht beobachten, wir haben
leider vor dem Jahre 1847 auch Gelegenheit gehabt, zahlrei-
chen Sectionen von Puerperen beizuwohnen, wir sind speciell
auf die Formen, unter welchen sich das Puerperalfieber am
Sectionstische darstellt, auch deshalb aufmerksam gewesen,
weil sich damals an der pathologisch-anatomischen Anstalt ein
sonst ausgezeichneter Assistent befand, welcher aus der Be-
schaffenheit der in Puerperal-Leichen vorgefundenen Krank-
heitsproducte die Prognose stellen wollte, ob die Epidemie
sich im Beginne befinde, ob in der Acme oder im Stadium
des Nachlassens, ob die Epidemie Recidiven machen werde
etc. etc. etc. Seine Prognosen gingen natürlich nie in Erfül-
lung, und wir hatten auch deshalb jeden Glauben für diese
Prognosen vollkommen verloren, weil wir, um uns zu über-

gefunden, dass dasselbe Factum sich auch an Tagen wieder-
holt hat, wo man über stürmische, kaltfeuchte Witterung sich
nicht zu beklagen hatte.

Wir haben dieses Factum unter der Benennung des rei-
henweisen Erkrankens abgehandelt, der Leser wolle dies be-
züglich Seite 47, Zeile 4 und Seite 70, Zeile 11 nachlesen.

Scanzoni sagt: Der epidemische Einfluss gebe sich nicht
nur in der Zahl der Erkrankungen, sondern auch in der Art
der Erkrankungen kund, so zwar, dass in manchen Epide-
mien alle Fälle den Charakter der Hyperinose, in andern die
Charaktere der Pyaemie und in andern die Charaktere der
Blutdissolution tragen, ja selbst in den Localisationen zeige
sich der epidemische Einfluss, indem zu gewisser Zeit die
Lymphangoitis, zu einer anderen die Phlebitis etc. etc. den
constanten Sectionsbefund abgeben; alle diese angeführten
Umstände lassen nach Scanzoni keinen Zweifel übrig, dass
gewisse, uns freilich ihrer Wesenheit nach nicht bekannte at-
mosphärische Einflüsse eines der beachtenswerthesten Cau-
salmomente des Puerperalfiebers darstellen.

Was Scanzoni über die Formen des Puerperalfiebers
hier sagt, kann man zwar in vielen Lehrbüchern der Geburts-
hilfe lesen, aber in der Natur nicht beobachten, wir haben
leider vor dem Jahre 1847 auch Gelegenheit gehabt, zahlrei-
chen Sectionen von Puerperen beizuwohnen, wir sind speciell
auf die Formen, unter welchen sich das Puerperalfieber am
Sectionstische darstellt, auch deshalb aufmerksam gewesen,
weil sich damals an der pathologisch-anatomischen Anstalt ein
sonst ausgezeichneter Assistent befand, welcher aus der Be-
schaffenheit der in Puerperal-Leichen vorgefundenen Krank-
heitsproducte die Prognose stellen wollte, ob die Epidemie
sich im Beginne befinde, ob in der Acme oder im Stadium
des Nachlassens, ob die Epidemie Recidiven machen werde
etc. etc. etc. Seine Prognosen gingen natürlich nie in Erfül-
lung, und wir hatten auch deshalb jeden Glauben für diese
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[365/0377] gefunden, dass dasselbe Factum sich auch an Tagen wieder- holt hat, wo man über stürmische, kaltfeuchte Witterung sich nicht zu beklagen hatte. Wir haben dieses Factum unter der Benennung des rei- henweisen Erkrankens abgehandelt, der Leser wolle dies be- züglich Seite 47, Zeile 4 und Seite 70, Zeile 11 nachlesen. Scanzoni sagt: Der epidemische Einfluss gebe sich nicht nur in der Zahl der Erkrankungen, sondern auch in der Art der Erkrankungen kund, so zwar, dass in manchen Epide- mien alle Fälle den Charakter der Hyperinose, in andern die Charaktere der Pyaemie und in andern die Charaktere der Blutdissolution tragen, ja selbst in den Localisationen zeige sich der epidemische Einfluss, indem zu gewisser Zeit die Lymphangoitis, zu einer anderen die Phlebitis etc. etc. den constanten Sectionsbefund abgeben; alle diese angeführten Umstände lassen nach Scanzoni keinen Zweifel übrig, dass gewisse, uns freilich ihrer Wesenheit nach nicht bekannte at- mosphärische Einflüsse eines der beachtenswerthesten Cau- salmomente des Puerperalfiebers darstellen. Was Scanzoni über die Formen des Puerperalfiebers hier sagt, kann man zwar in vielen Lehrbüchern der Geburts- hilfe lesen, aber in der Natur nicht beobachten, wir haben leider vor dem Jahre 1847 auch Gelegenheit gehabt, zahlrei- chen Sectionen von Puerperen beizuwohnen, wir sind speciell auf die Formen, unter welchen sich das Puerperalfieber am Sectionstische darstellt, auch deshalb aufmerksam gewesen, weil sich damals an der pathologisch-anatomischen Anstalt ein sonst ausgezeichneter Assistent befand, welcher aus der Be- schaffenheit der in Puerperal-Leichen vorgefundenen Krank- heitsproducte die Prognose stellen wollte, ob die Epidemie sich im Beginne befinde, ob in der Acme oder im Stadium des Nachlassens, ob die Epidemie Recidiven machen werde etc. etc. etc. Seine Prognosen gingen natürlich nie in Erfül- lung, und wir hatten auch deshalb jeden Glauben für diese Prognosen vollkommen verloren, weil wir, um uns zu über-

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/377>, abgerufen am 11.05.2024.