Untersuchen der Schüler aufhört, welche sich behufs ihrer anderweitigen medicinischen Ausbildung sehr häufig ihre Hände mit zersetzten Stoffen verunreinigen.
Wenn die grosse Sterblichkeit in- und ausserhalb der Gebärhäuser durch atmosphärische Einflüsse bedingt wäre, so wäre das Kindbettfieber eine unverhütbare Krankheit, dass aber das Puerperalfieber verhütbar sei, habe ich schon im Jahre 1847 bewiesen, und um diese Ueberzeugung zur all- gemeinen zu machen, veröffentliche ich ja gegenwärtige Schrift.
Leider, sagt Scanzoni, haben aber die Untersuchungen, diese atmosphärischen, tellurischen und cosmischen Verhält- nisse näher kennen zu lernen, bis jetzt zu keinem positiven Resultat geführt; natürlich, was nicht existirt, kann man nicht kennen lernen, denn in allen Jahreszeiten, in den ver- schiedensten Klimaten, unter allen Arten von Witterungsver- hältnissen wurden Puerperalepidemien beobachtet, und wie denn nicht, denn in allen Jahreszeiten, in den verschiedensten Klimaten und unter allen Arten Witterungsverhältnissen kann inficirt und dadurch eine sogenannte Puerperalepidemie her- vorgerufen werden, und wenn Scanzoni sagt, unser ganzes Wissen über diesen Gegenstand beschränkt sich darauf, dass derartige Epidemien häufiger und bösartiger in den Winter- als in den Sommermonaten auftreten, dass eine während des Winters herrschende Epidemie mit dem Eintreten der wär- meren Jahreszeit nicht selten plötzlich aufhöre, so ist die Beobachtung dieser Facta sehr richtig, und die Erklärung die- ser Facta liegt in dem Umstande, dass der Winter die Zeit des Fleisses für die Schüler ist, während mit beginnender warmer Jahreszeit die Landpartien beginnen, und dem ent- sprechend der Fleiss der Schüler nachlässt, und demjenigen, der nicht glauben will, dass nur die Art der Beschäftigungen der das Gebärhaus Besuchenden, wie solche durch die Jah- reszeit bedingt wird, die Ursache dieser Facta sei, der also glaubt, dass der Winter als solcher die grosse Sterblichkeit veranlasse, dann tragen wir, wie es denn komme, dass an der
Untersuchen der Schüler aufhört, welche sich behufs ihrer anderweitigen medicinischen Ausbildung sehr häufig ihre Hände mit zersetzten Stoffen verunreinigen.
Wenn die grosse Sterblichkeit in- und ausserhalb der Gebärhäuser durch atmosphärische Einflüsse bedingt wäre, so wäre das Kindbettfieber eine unverhütbare Krankheit, dass aber das Puerperalfieber verhütbar sei, habe ich schon im Jahre 1847 bewiesen, und um diese Ueberzeugung zur all- gemeinen zu machen, veröffentliche ich ja gegenwärtige Schrift.
Leider, sagt Scanzoni, haben aber die Untersuchungen, diese atmosphärischen, tellurischen und cosmischen Verhält- nisse näher kennen zu lernen, bis jetzt zu keinem positiven Resultat geführt; natürlich, was nicht existirt, kann man nicht kennen lernen, denn in allen Jahreszeiten, in den ver- schiedensten Klimaten, unter allen Arten von Witterungsver- hältnissen wurden Puerperalepidemien beobachtet, und wie denn nicht, denn in allen Jahreszeiten, in den verschiedensten Klimaten und unter allen Arten Witterungsverhältnissen kann inficirt und dadurch eine sogenannte Puerperalepidemie her- vorgerufen werden, und wenn Scanzoni sagt, unser ganzes Wissen über diesen Gegenstand beschränkt sich darauf, dass derartige Epidemien häufiger und bösartiger in den Winter- als in den Sommermonaten auftreten, dass eine während des Winters herrschende Epidemie mit dem Eintreten der wär- meren Jahreszeit nicht selten plötzlich aufhöre, so ist die Beobachtung dieser Facta sehr richtig, und die Erklärung die- ser Facta liegt in dem Umstande, dass der Winter die Zeit des Fleisses für die Schüler ist, während mit beginnender warmer Jahreszeit die Landpartien beginnen, und dem ent- sprechend der Fleiss der Schüler nachlässt, und demjenigen, der nicht glauben will, dass nur die Art der Beschäftigungen der das Gebärhaus Besuchenden, wie solche durch die Jah- reszeit bedingt wird, die Ursache dieser Facta sei, der also glaubt, dass der Winter als solcher die grosse Sterblichkeit veranlasse, dann tragen wir, wie es denn komme, dass an der
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Untersuchen der Schüler aufhört, welche sich behufs ihrer
anderweitigen medicinischen Ausbildung sehr häufig ihre Hände
mit zersetzten Stoffen verunreinigen.
Wenn die grosse Sterblichkeit in- und ausserhalb der
Gebärhäuser durch atmosphärische Einflüsse bedingt wäre,
so wäre das Kindbettfieber eine unverhütbare Krankheit, dass
aber das Puerperalfieber verhütbar sei, habe ich schon im
Jahre 1847 bewiesen, und um diese Ueberzeugung zur all-
gemeinen zu machen, veröffentliche ich ja gegenwärtige Schrift.
Leider, sagt Scanzoni, haben aber die Untersuchungen,
diese atmosphärischen, tellurischen und cosmischen Verhält-
nisse näher kennen zu lernen, bis jetzt zu keinem positiven
Resultat geführt; natürlich, was nicht existirt, kann man
nicht kennen lernen, denn in allen Jahreszeiten, in den ver-
schiedensten Klimaten, unter allen Arten von Witterungsver-
hältnissen wurden Puerperalepidemien beobachtet, und wie
denn nicht, denn in allen Jahreszeiten, in den verschiedensten
Klimaten und unter allen Arten Witterungsverhältnissen kann
inficirt und dadurch eine sogenannte Puerperalepidemie her-
vorgerufen werden, und wenn Scanzoni sagt, unser ganzes
Wissen über diesen Gegenstand beschränkt sich darauf, dass
derartige Epidemien häufiger und bösartiger in den Winter-
als in den Sommermonaten auftreten, dass eine während des
Winters herrschende Epidemie mit dem Eintreten der wär-
meren Jahreszeit nicht selten plötzlich aufhöre, so ist die
Beobachtung dieser Facta sehr richtig, und die Erklärung die-
ser Facta liegt in dem Umstande, dass der Winter die Zeit
des Fleisses für die Schüler ist, während mit beginnender
warmer Jahreszeit die Landpartien beginnen, und dem ent-
sprechend der Fleiss der Schüler nachlässt, und demjenigen,
der nicht glauben will, dass nur die Art der Beschäftigungen
der das Gebärhaus Besuchenden, wie solche durch die Jah-
reszeit bedingt wird, die Ursache dieser Facta sei, der also
glaubt, dass der Winter als solcher die grosse Sterblichkeit
veranlasse, dann tragen wir, wie es denn komme, dass an der
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/375>, abgerufen am 22.11.2024.
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