im Prager Gebärhaus blos von der Endometritis hunderte beobachtet.
Da wir aber bewiesen, dass man diese hunderte von ört- lichen Entzündungen verhüten kann, so ist damit zugleich be- wiesen, dass diese hunderte von Entzündungen auch durch Resorption eines zersetzten Stoffes entstehen.
Nun wollen wir zur Aetiologie des eigentlichen Puerpe- ralfiebers Scanzoni's übergehen. Scanzoni sagt: "Wenn sich Kiwisch dahin ausspricht, dass der puerperale Zustand des Weibes als die erste nothwendige Bedingung für die Entste- hung des Puerperalfiebers zu betrachten sei, so wird ihm ge- wiss Niemand beistimmen, der Gelegenheit gehabt hat, aus- gedehntere Erfahrungen und Beobachtungen über diesen Ge- genstand zu sammeln."
Der Leser weiss, dass wir im Jahre 1847 bewiesen, dass das Kindbettfieber eine verhütbare Krankheit sei, dass daher derjenige für die Verheerungen des Kindbettfiebers verant- wortlich ist, welcher diese Verheerungen nach dem Jahre 1847 nicht verhütete.
Scanzoni brüstet sich noch im Jahre 1853 mit ausge- dehnteren Erfahrungen über das Kindbettfieber, als sie selbst Kiwisch gemacht. Er hat also alles das, was bis zum Jahre 1853 zu Gunsten meiner Lehre über die Entstehung des Kind- bettfiebers erschien, mit so wenig Verständniss gelesen, dass er nicht einmal ahnt, welch ein Urtheil er über sich selbst fällt, wenn er sich noch im Jahre 1853 mit ausgedehnteren Erfahrungen brüstet.
Wir stimmen mit Scanzoni überein, wenn er gegen Ki- wisch behauptet, dass der puerperale Zustand des Weibes nicht die erste nothwendige Bedingung für die Entstehung des Puerperalfiebers sei, wir theilen aber seine Ansicht nicht, wenn er behauptet, die eigentliche prädisponirende Ursache des Puerperalfiebers sei die eigenthümliche Blutmischung der Schwangeren.
im Prager Gebärhaus blos von der Endometritis hunderte beobachtet.
Da wir aber bewiesen, dass man diese hunderte von ört- lichen Entzündungen verhüten kann, so ist damit zugleich be- wiesen, dass diese hunderte von Entzündungen auch durch Resorption eines zersetzten Stoffes entstehen.
Nun wollen wir zur Aetiologie des eigentlichen Puerpe- ralfiebers Scanzoni’s übergehen. Scanzoni sagt: »Wenn sich Kiwisch dahin ausspricht, dass der puerperale Zustand des Weibes als die erste nothwendige Bedingung für die Entste- hung des Puerperalfiebers zu betrachten sei, so wird ihm ge- wiss Niemand beistimmen, der Gelegenheit gehabt hat, aus- gedehntere Erfahrungen und Beobachtungen über diesen Ge- genstand zu sammeln.«
Der Leser weiss, dass wir im Jahre 1847 bewiesen, dass das Kindbettfieber eine verhütbare Krankheit sei, dass daher derjenige für die Verheerungen des Kindbettfiebers verant- wortlich ist, welcher diese Verheerungen nach dem Jahre 1847 nicht verhütete.
Scanzoni brüstet sich noch im Jahre 1853 mit ausge- dehnteren Erfahrungen über das Kindbettfieber, als sie selbst Kiwisch gemacht. Er hat also alles das, was bis zum Jahre 1853 zu Gunsten meiner Lehre über die Entstehung des Kind- bettfiebers erschien, mit so wenig Verständniss gelesen, dass er nicht einmal ahnt, welch ein Urtheil er über sich selbst fällt, wenn er sich noch im Jahre 1853 mit ausgedehnteren Erfahrungen brüstet.
Wir stimmen mit Scanzoni überein, wenn er gegen Ki- wisch behauptet, dass der puerperale Zustand des Weibes nicht die erste nothwendige Bedingung für die Entstehung des Puerperalfiebers sei, wir theilen aber seine Ansicht nicht, wenn er behauptet, die eigentliche prädisponirende Ursache des Puerperalfiebers sei die eigenthümliche Blutmischung der Schwangeren.
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im Prager Gebärhaus blos von der Endometritis hunderte
beobachtet.
Da wir aber bewiesen, dass man diese hunderte von ört-
lichen Entzündungen verhüten kann, so ist damit zugleich be-
wiesen, dass diese hunderte von Entzündungen auch durch
Resorption eines zersetzten Stoffes entstehen.
Nun wollen wir zur Aetiologie des eigentlichen Puerpe-
ralfiebers Scanzoni’s übergehen. Scanzoni sagt: »Wenn sich
Kiwisch dahin ausspricht, dass der puerperale Zustand des
Weibes als die erste nothwendige Bedingung für die Entste-
hung des Puerperalfiebers zu betrachten sei, so wird ihm ge-
wiss Niemand beistimmen, der Gelegenheit gehabt hat, aus-
gedehntere Erfahrungen und Beobachtungen über diesen Ge-
genstand zu sammeln.«
Der Leser weiss, dass wir im Jahre 1847 bewiesen, dass
das Kindbettfieber eine verhütbare Krankheit sei, dass daher
derjenige für die Verheerungen des Kindbettfiebers verant-
wortlich ist, welcher diese Verheerungen nach dem Jahre 1847
nicht verhütete.
Scanzoni brüstet sich noch im Jahre 1853 mit ausge-
dehnteren Erfahrungen über das Kindbettfieber, als sie selbst
Kiwisch gemacht. Er hat also alles das, was bis zum Jahre
1853 zu Gunsten meiner Lehre über die Entstehung des Kind-
bettfiebers erschien, mit so wenig Verständniss gelesen, dass
er nicht einmal ahnt, welch ein Urtheil er über sich selbst
fällt, wenn er sich noch im Jahre 1853 mit ausgedehnteren
Erfahrungen brüstet.
Wir stimmen mit Scanzoni überein, wenn er gegen Ki-
wisch behauptet, dass der puerperale Zustand des Weibes
nicht die erste nothwendige Bedingung für die Entstehung des
Puerperalfiebers sei, wir theilen aber seine Ansicht nicht,
wenn er behauptet, die eigentliche prädisponirende Ursache
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/370>, abgerufen am 22.11.2024.
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