Kindbettfiebers auch ausserhalb der Gebärhäuser benützt werden; diesem verderblichen Gebahren kann nur durch ein solches Gesetz ein Ende gemacht werden, auf welches wir früher hingedeutet haben. Wenn in Folge dieses Gesetzes die Schüler in den Gebärhäusern reine Hände haben werden, dann wird auch der feurigste Vortrag für die epidemischen Einflüsse keine Epidemie hervorzubringen im Stande sein; während ohne dieses Gesetz bei mit zersetzten Stoffen verun- reinigten Händen, durch solche Vorträge die Vorsicht des Schülers eingeschläfert, und dadurch das Kindbettfieber ver- vielfältigt wird. Wir beschwören daher sämmtliche Regierungen um die Erlassung eines solchen Gesetzes, damit nicht ferner- hin das gebärende Geschlecht mehr als decimirt werde, damit nicht fernerhin schon der noch ungebornen Frucht der Todes- keim eingeimpft werde, und zwar gerade von denjenigen, welche zu deren Erhaltung berufen sind.
Ein solches Gesetz ist der anderweitigen medicinischen Ausbildung nicht hinderlich, weil der praktischen Geburts- hilfe nur eine verhältnissmässig kurze Zeit gewidmet wird. Ein solches Gesetz würde aber den praktisch-geburtshilflichen Unterricht dadurch wesentlich fördern, da es dann nicht mehr so wie jetzt geschehen würde, dass die belehrendsten Fälle sich ereignen, während die Schüler anderweitig beschäftigt sind.
Es ist überall Sitte, dem praktisch-geburtshilflichen Un- terrichte einen theoretischen vorauszuschicken. Mit diesem theoretischen Unterrichte müssten die Operationsübungen an Leichen verbunden sein, den Sectionen der im Gebärhause Verstorbenen müssten die Schulen der theoretischen Vorle- sungen beigezogen werden, damit die Schüler schon vor ihrer Aufnahme in das Gebärhaus mit der pathologischen Anatomie des Kindbettfiebers, mit den geburtshilflichen Operationen an der Leiche vertraut werden, um solche Beschäftigungen während ihres Aufenthaltes im Gebärhause entbehren zu können.
Durch ein solches Gesetz wird zwar die ergiebigste, aber es werden nicht alle Quellen gestopft, aus welchen der die
Kindbettfiebers auch ausserhalb der Gebärhäuser benützt werden; diesem verderblichen Gebahren kann nur durch ein solches Gesetz ein Ende gemacht werden, auf welches wir früher hingedeutet haben. Wenn in Folge dieses Gesetzes die Schüler in den Gebärhäusern reine Hände haben werden, dann wird auch der feurigste Vortrag für die epidemischen Einflüsse keine Epidemie hervorzubringen im Stande sein; während ohne dieses Gesetz bei mit zersetzten Stoffen verun- reinigten Händen, durch solche Vorträge die Vorsicht des Schülers eingeschläfert, und dadurch das Kindbettfieber ver- vielfältigt wird. Wir beschwören daher sämmtliche Regierungen um die Erlassung eines solchen Gesetzes, damit nicht ferner- hin das gebärende Geschlecht mehr als decimirt werde, damit nicht fernerhin schon der noch ungebornen Frucht der Todes- keim eingeimpft werde, und zwar gerade von denjenigen, welche zu deren Erhaltung berufen sind.
Ein solches Gesetz ist der anderweitigen medicinischen Ausbildung nicht hinderlich, weil der praktischen Geburts- hilfe nur eine verhältnissmässig kurze Zeit gewidmet wird. Ein solches Gesetz würde aber den praktisch-geburtshilflichen Unterricht dadurch wesentlich fördern, da es dann nicht mehr so wie jetzt geschehen würde, dass die belehrendsten Fälle sich ereignen, während die Schüler anderweitig beschäftigt sind.
Es ist überall Sitte, dem praktisch-geburtshilflichen Un- terrichte einen theoretischen vorauszuschicken. Mit diesem theoretischen Unterrichte müssten die Operationsübungen an Leichen verbunden sein, den Sectionen der im Gebärhause Verstorbenen müssten die Schulen der theoretischen Vorle- sungen beigezogen werden, damit die Schüler schon vor ihrer Aufnahme in das Gebärhaus mit der pathologischen Anatomie des Kindbettfiebers, mit den geburtshilflichen Operationen an der Leiche vertraut werden, um solche Beschäftigungen während ihres Aufenthaltes im Gebärhause entbehren zu können.
Durch ein solches Gesetz wird zwar die ergiebigste, aber es werden nicht alle Quellen gestopft, aus welchen der die
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Kindbettfiebers auch ausserhalb der Gebärhäuser benützt
werden; diesem verderblichen Gebahren kann nur durch ein
solches Gesetz ein Ende gemacht werden, auf welches wir
früher hingedeutet haben. Wenn in Folge dieses Gesetzes die
Schüler in den Gebärhäusern reine Hände haben werden,
dann wird auch der feurigste Vortrag für die epidemischen
Einflüsse keine Epidemie hervorzubringen im Stande sein;
während ohne dieses Gesetz bei mit zersetzten Stoffen verun-
reinigten Händen, durch solche Vorträge die Vorsicht des
Schülers eingeschläfert, und dadurch das Kindbettfieber ver-
vielfältigt wird. Wir beschwören daher sämmtliche Regierungen
um die Erlassung eines solchen Gesetzes, damit nicht ferner-
hin das gebärende Geschlecht mehr als decimirt werde, damit
nicht fernerhin schon der noch ungebornen Frucht der Todes-
keim eingeimpft werde, und zwar gerade von denjenigen,
welche zu deren Erhaltung berufen sind.
Ein solches Gesetz ist der anderweitigen medicinischen
Ausbildung nicht hinderlich, weil der praktischen Geburts-
hilfe nur eine verhältnissmässig kurze Zeit gewidmet wird.
Ein solches Gesetz würde aber den praktisch-geburtshilflichen
Unterricht dadurch wesentlich fördern, da es dann nicht mehr
so wie jetzt geschehen würde, dass die belehrendsten Fälle
sich ereignen, während die Schüler anderweitig beschäftigt sind.
Es ist überall Sitte, dem praktisch-geburtshilflichen Un-
terrichte einen theoretischen vorauszuschicken. Mit diesem
theoretischen Unterrichte müssten die Operationsübungen an
Leichen verbunden sein, den Sectionen der im Gebärhause
Verstorbenen müssten die Schulen der theoretischen Vorle-
sungen beigezogen werden, damit die Schüler schon vor ihrer
Aufnahme in das Gebärhaus mit der pathologischen Anatomie
des Kindbettfiebers, mit den geburtshilflichen Operationen
an der Leiche vertraut werden, um solche Beschäftigungen
während ihres Aufenthaltes im Gebärhause entbehren zu können.
Durch ein solches Gesetz wird zwar die ergiebigste, aber
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/280>, abgerufen am 22.11.2024.
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