Ende August des abgelaufenen Jahres, war ich so glücklich, an der dortigen Klinik nicht mehr diese fürchterliche Krank- heit zahlreicher zu beobachten.
"Durch diese zwei Beobachtungen wollte ich weiter nichts dargethan haben, als dass man bei grösserer Aufmerksamkeit im Stande ist, die Entstehungsweise der zahlreichen Erkran- kungen an den Gebäranstalten hin und wieder nachzuweisen.
"Uebrigens wurde auf diese Entstehungsweise schon von Semmelweis hingedeutet, und auch an der hiesigen Klinik für Hebammen wurde in diesem Herbste eine ähnliche Beob- achtung gemacht, wie mir mein Freund, Dr. Späth, vertrau- lich mittheilte.
"Ich halte es für eine Gewissenssache, diese Beobachtun- gen zu veröffentlichen, denn wenn ich auch nicht damit gesagt haben will, dass darin die einzige Entstehungsweise dieser Seuchen liegt, so kann doch die Beobachtung der dadurch entstandenen Rücksichten für die Eintheilung und Einrichtung der Gebäranstalten grosser praktischer Vortheil erlangt wer- den. In dieser Beziehung halte ich es für eine dringende Noth- wendigkeit, in grösseren Gebäranstalten mehrere Geburts- zimmer in Bereitschaft zu halten, um im oben eintretenden Falle die verzögerten Geburten von den gewöhnlichen zu iso- liren. Dass diese Isolirung auch bei Ertheilung des Unterrichts beobachtet werden muss, versteht sich von selbst.
"Von der oben ausgesprochenen Ansicht ausgehend, dass nämlich von der Uebertragung der faulenden deleteren Stoffe die Ausbreitung der Wochenkrankheiten an grösseren Gebär- anstalten abhängt, suchte ich auch nach Möglichkeit diese Ur- sache zu beseitigen, und traf deshalb an der unter meiner Lei- tung stehenden Anstalt folgende Vorkehrungsmassregeln:
"1. Ich theilte den Unterricht derartig ein, dass die ein- zelnen Gebärenden niemals von mehr als fünf Schülern unter- sucht wurden, nachdem es einem jeden Zuhörer auferlegt wor- den war, mit Chlorkalklösung die Hände zu waschen.
Ende August des abgelaufenen Jahres, war ich so glücklich, an der dortigen Klinik nicht mehr diese fürchterliche Krank- heit zahlreicher zu beobachten.
»Durch diese zwei Beobachtungen wollte ich weiter nichts dargethan haben, als dass man bei grösserer Aufmerksamkeit im Stande ist, die Entstehungsweise der zahlreichen Erkran- kungen an den Gebäranstalten hin und wieder nachzuweisen.
»Uebrigens wurde auf diese Entstehungsweise schon von Semmelweis hingedeutet, und auch an der hiesigen Klinik für Hebammen wurde in diesem Herbste eine ähnliche Beob- achtung gemacht, wie mir mein Freund, Dr. Späth, vertrau- lich mittheilte.
»Ich halte es für eine Gewissenssache, diese Beobachtun- gen zu veröffentlichen, denn wenn ich auch nicht damit gesagt haben will, dass darin die einzige Entstehungsweise dieser Seuchen liegt, so kann doch die Beobachtung der dadurch entstandenen Rücksichten für die Eintheilung und Einrichtung der Gebäranstalten grosser praktischer Vortheil erlangt wer- den. In dieser Beziehung halte ich es für eine dringende Noth- wendigkeit, in grösseren Gebäranstalten mehrere Geburts- zimmer in Bereitschaft zu halten, um im oben eintretenden Falle die verzögerten Geburten von den gewöhnlichen zu iso- liren. Dass diese Isolirung auch bei Ertheilung des Unterrichts beobachtet werden muss, versteht sich von selbst.
»Von der oben ausgesprochenen Ansicht ausgehend, dass nämlich von der Uebertragung der faulenden deleteren Stoffe die Ausbreitung der Wochenkrankheiten an grösseren Gebär- anstalten abhängt, suchte ich auch nach Möglichkeit diese Ur- sache zu beseitigen, und traf deshalb an der unter meiner Lei- tung stehenden Anstalt folgende Vorkehrungsmassregeln:
»1. Ich theilte den Unterricht derartig ein, dass die ein- zelnen Gebärenden niemals von mehr als fünf Schülern unter- sucht wurden, nachdem es einem jeden Zuhörer auferlegt wor- den war, mit Chlorkalklösung die Hände zu waschen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0162"n="150"/>
Ende August des abgelaufenen Jahres, war ich so glücklich,<lb/>
an der dortigen Klinik nicht mehr diese fürchterliche Krank-<lb/>
heit zahlreicher zu beobachten.</p><lb/><p>»Durch diese zwei Beobachtungen wollte ich weiter nichts<lb/>
dargethan haben, als dass man bei grösserer Aufmerksamkeit<lb/>
im Stande ist, die Entstehungsweise der zahlreichen Erkran-<lb/>
kungen an den Gebäranstalten hin und wieder nachzuweisen.</p><lb/><p>»Uebrigens wurde auf diese Entstehungsweise schon von<lb/><hirendition="#g">Semmelweis</hi> hingedeutet, und auch an der hiesigen Klinik<lb/>
für Hebammen wurde in diesem Herbste eine ähnliche Beob-<lb/>
achtung gemacht, wie mir mein Freund, Dr. <hirendition="#g">Späth</hi>, vertrau-<lb/>
lich mittheilte.</p><lb/><p>»Ich halte es für eine Gewissenssache, diese Beobachtun-<lb/>
gen zu veröffentlichen, denn wenn ich auch nicht damit gesagt<lb/>
haben will, dass darin die einzige Entstehungsweise dieser<lb/>
Seuchen liegt, so kann doch die Beobachtung der dadurch<lb/>
entstandenen Rücksichten für die Eintheilung und Einrichtung<lb/>
der Gebäranstalten grosser praktischer Vortheil erlangt wer-<lb/>
den. In dieser Beziehung halte ich es für eine dringende Noth-<lb/>
wendigkeit, in grösseren Gebäranstalten mehrere Geburts-<lb/>
zimmer in Bereitschaft zu halten, um im oben eintretenden<lb/>
Falle die verzögerten Geburten von den gewöhnlichen zu iso-<lb/>
liren. Dass diese Isolirung auch bei Ertheilung des Unterrichts<lb/>
beobachtet werden muss, versteht sich von selbst.</p><lb/><p>»Von der oben ausgesprochenen Ansicht ausgehend, dass<lb/>
nämlich von der Uebertragung der faulenden deleteren Stoffe<lb/>
die Ausbreitung der Wochenkrankheiten an grösseren Gebär-<lb/>
anstalten abhängt, suchte ich auch nach Möglichkeit diese Ur-<lb/>
sache zu beseitigen, und traf deshalb an der unter meiner Lei-<lb/>
tung stehenden Anstalt folgende Vorkehrungsmassregeln:</p><lb/><p>»1. Ich theilte den Unterricht derartig ein, dass die ein-<lb/>
zelnen Gebärenden niemals von mehr als fünf Schülern unter-<lb/>
sucht wurden, nachdem es einem jeden Zuhörer auferlegt wor-<lb/>
den war, mit Chlorkalklösung die Hände zu waschen.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[150/0162]
Ende August des abgelaufenen Jahres, war ich so glücklich,
an der dortigen Klinik nicht mehr diese fürchterliche Krank-
heit zahlreicher zu beobachten.
»Durch diese zwei Beobachtungen wollte ich weiter nichts
dargethan haben, als dass man bei grösserer Aufmerksamkeit
im Stande ist, die Entstehungsweise der zahlreichen Erkran-
kungen an den Gebäranstalten hin und wieder nachzuweisen.
»Uebrigens wurde auf diese Entstehungsweise schon von
Semmelweis hingedeutet, und auch an der hiesigen Klinik
für Hebammen wurde in diesem Herbste eine ähnliche Beob-
achtung gemacht, wie mir mein Freund, Dr. Späth, vertrau-
lich mittheilte.
»Ich halte es für eine Gewissenssache, diese Beobachtun-
gen zu veröffentlichen, denn wenn ich auch nicht damit gesagt
haben will, dass darin die einzige Entstehungsweise dieser
Seuchen liegt, so kann doch die Beobachtung der dadurch
entstandenen Rücksichten für die Eintheilung und Einrichtung
der Gebäranstalten grosser praktischer Vortheil erlangt wer-
den. In dieser Beziehung halte ich es für eine dringende Noth-
wendigkeit, in grösseren Gebäranstalten mehrere Geburts-
zimmer in Bereitschaft zu halten, um im oben eintretenden
Falle die verzögerten Geburten von den gewöhnlichen zu iso-
liren. Dass diese Isolirung auch bei Ertheilung des Unterrichts
beobachtet werden muss, versteht sich von selbst.
»Von der oben ausgesprochenen Ansicht ausgehend, dass
nämlich von der Uebertragung der faulenden deleteren Stoffe
die Ausbreitung der Wochenkrankheiten an grösseren Gebär-
anstalten abhängt, suchte ich auch nach Möglichkeit diese Ur-
sache zu beseitigen, und traf deshalb an der unter meiner Lei-
tung stehenden Anstalt folgende Vorkehrungsmassregeln:
»1. Ich theilte den Unterricht derartig ein, dass die ein-
zelnen Gebärenden niemals von mehr als fünf Schülern unter-
sucht wurden, nachdem es einem jeden Zuhörer auferlegt wor-
den war, mit Chlorkalklösung die Hände zu waschen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/162>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.