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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959.

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und in die Darstellung hereingezogen. Die Darstellung pse_555.002
des Bewußtseinsstromes führt dazu, das, was eben im pse_555.003
Bewußtsein als Erinnerung auftaucht, in die Erzählung einzuflechten. pse_555.004
Besonders deutlich finden wir das in Romanen von pse_555.005
V. Woolf, Faulkner, James Joyce und Broch. Die Zeitlinie pse_555.006
wird hier aufgelöst, denn die Zeitkontinuität ist nicht das pse_555.007
Maßgebende, sondern die vergangenen Vorgänge werden in pse_555.008
einen inneren Raum der Bedeutsamkeit eingefügt. Dieses pse_555.009
Menscheninnere und sein Ablauf ist jetzt das Maßgebende; pse_555.010
wie die Welt sich in einem solchen Bewußtseinsstrom spiegelt pse_555.011
und wieder aufbaut, das wird gestaltet. 3. Das Zeitkontinuum pse_555.012
wird zerschlagen, um den Wert der irdischen Zeit fragwürdig pse_555.013
zu machen und Ewiges, Dauerndes ahnen zu lassen. Ansätze pse_555.014
dazu finden wir schon im Barockroman. Dann sind hier die pse_555.015
Josephsromane von Thomas Mann zu erwähnen mit ihrer pse_555.016
sogenannten mythischen Vergegenwärtigung und Wiederholung pse_555.017
der Figuren: Jakob, Israel, Abraham-Isaak. Auch pse_555.018
E. Langgässers "Unauslöschliches Siegel" zerstört aus diesem pse_555.019
Grunde den einlinigen Zeitverlauf. Eine andere Art der Abweichung pse_555.020
von der Einlinigkeit einer Vorgangsdarstellung pse_555.021
liegt vor, wenn die Fülle der Welt in einzelne Handlungsstränge pse_555.022
und Vorgangsgruppen auseinandergelegt wird, die pse_555.023
zeitlich nebeneinander liegen. So wird die Fülle der Welt in pse_555.024
einem solchen Nebeneinander versinnbildet. Beispiele dafür pse_555.025
bieten wieder viele Barockromane, dann Gutzkows Romane pse_555.026
des Nebeneinander und die "Brüder Karamasow".

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Moderne Romane weisen noch weitere Züge auf, die für die pse_555.028
Architektonik wesentlich sind. Gerade die Fülle des zu gestaltenden pse_555.029
Weltstoffes zwingt zu einem sorgfältigen Bau, der pse_555.030
bewußt konstruiert wird und dessen Sorgfalt und Konstruiertheit pse_555.031
auch den Lesern deutlich gemacht werden soll. Es werden pse_555.032
ganze Essays eingeschoben, um alle möglichen Bereiche einzubeziehen. pse_555.033
Damit ist freilich die Gefahr einer überhandnehmenden pse_555.034
Intellektualität gegeben, statt des künstlerischen pse_555.035
Bildes entstehen Aussagen intellektueller Art, denen es auf pse_555.036
ihre Richtigkeit, nie auf die Schönheit ankommt. Zu solchen pse_555.037
bedenklichen Versuchen gehört auch das Montieren von pse_555.038
Wirklichkeitsstücken, so wie man aus Zeitungsfetzen und

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und in die Darstellung hereingezogen. Die Darstellung pse_555.002
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Bewußtsein als Erinnerung auftaucht, in die Erzählung einzuflechten. pse_555.004
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und Vorgangsgruppen auseinandergelegt wird, die pse_555.023
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einem solchen Nebeneinander versinnbildet. Beispiele dafür pse_555.025
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des Nebeneinander und die »Brüder Karamasow«.

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Moderne Romane weisen noch weitere Züge auf, die für die pse_555.028
Architektonik wesentlich sind. Gerade die Fülle des zu gestaltenden pse_555.029
Weltstoffes zwingt zu einem sorgfältigen Bau, der pse_555.030
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auch den Lesern deutlich gemacht werden soll. Es werden pse_555.032
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Damit ist freilich die Gefahr einer überhandnehmenden pse_555.034
Intellektualität gegeben, statt des künstlerischen pse_555.035
Bildes entstehen Aussagen intellektueller Art, denen es auf pse_555.036
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Zitationshilfe: Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/571>, abgerufen am 25.11.2024.