pse_548.001 dadurch für uns, was sie innerlich bewegt. Es wird also nicht pse_548.002 das, was in ihr vorgeht, unmittelbar dargestellt, sondern pse_548.003 schon in der Spiegelung und Formung durch die Person. Die pse_548.004 dritte Möglichkeit bezeichnet man heute als die Technik des pse_548.005 Bewußtseinsstroms (stream of consciousness technique). Die pse_548.006 Vorgänge der Seele, Gefühle, Strebungen, Willensimpulse, pse_548.007 Gedanken, Urteile, Wahrnehmungen, Vorstellungen usw. pse_548.008 werden in der Fülle, Verquicktheit und oft scheinbaren Verworrenheit, pse_548.009 so wie sie miteinander und nacheinander ablaufen, pse_548.010 auf längere Strecken oder durch ein ganzes Buch beinahe pse_548.011 peinlich genau registriert und sprachlich dargestellt. Man behauptet pse_548.012 dabei, daß hier jede Deutung durch den Erzähler pse_548.013 fehle. Natürlich kann in einem Buch die Person wechseln, pse_548.014 deren Bewußtseinsstrom dargestellt wird. Als Beispiel kann pse_548.015 etwa vor allem V. Woolfs "Mrs. Dalloway" dienen, aber auch pse_548.016 andere Romane dieser Dichterin und bis zu einem gewissen pse_548.017 Grad auch "Der Tod des Vergil" von Hermann Broch. Man pse_548.018 hat nun zu fragen, worin die künstlerische Eigenart und Möglichkeit pse_548.019 solcher Gestaltung besteht, worin also solche Technik pse_548.020 sich von psychologischer Registrierung unterscheidet. Zunächst pse_548.021 vermag der echte Sprachkünstler solche Darstellungen pse_548.022 in den Bereich der reinen Sprachkunst zu heben. Er vermag pse_548.023 durch den Rhythmus, den Satzablauf, durch die Aufeinanderfolge pse_548.024 von Ausrufen, Anrufen und Bildern sogleich eine seelische pse_548.025 Lage in ihrer Fülle zu formen und in ihrem Ablauf fühlbar pse_548.026 zu machen. Vor allem aber sind die sprachlichen Bilder pse_548.027 imstande, solche Vorgänge kraftvoll herauszuformen und pse_548.028 damit dem Innersten zugänglich zu machen. Es ist eine Darstellung, pse_548.029 die wirklich das Innerste eines Menschen gestaltet pse_548.030 und damit zugleich durch die Eigentümlichkeit der Sprache pse_548.031 überhaupt verwesentlicht. Solche Darstellung ist aber zugleich pse_548.032 künstlerische Gestaltung im Großen. Zunächst liegt trotz pse_548.033 allem doch eine Deutung durch den Erzähler vor, denn die pse_548.034 Auswahl dessen, was er da im Bewußtsein der von ihm geschaffenen pse_548.035 Personen ablaufen läßt, ist seine Gestaltung, und pse_548.036 zugleich wird dadurch die Art dieser Person deutlich. Ferner pse_548.037 hängt es nun vom Dichter ab, wie er diese Abläufe folgen pse_548.038 läßt, wie er sie in eine bestimmte Bewegung mit Wellenbergen
pse_548.001 dadurch für uns, was sie innerlich bewegt. Es wird also nicht pse_548.002 das, was in ihr vorgeht, unmittelbar dargestellt, sondern pse_548.003 schon in der Spiegelung und Formung durch die Person. Die pse_548.004 dritte Möglichkeit bezeichnet man heute als die Technik des pse_548.005 Bewußtseinsstroms (stream of consciousness technique). Die pse_548.006 Vorgänge der Seele, Gefühle, Strebungen, Willensimpulse, pse_548.007 Gedanken, Urteile, Wahrnehmungen, Vorstellungen usw. pse_548.008 werden in der Fülle, Verquicktheit und oft scheinbaren Verworrenheit, pse_548.009 so wie sie miteinander und nacheinander ablaufen, pse_548.010 auf längere Strecken oder durch ein ganzes Buch beinahe pse_548.011 peinlich genau registriert und sprachlich dargestellt. Man behauptet pse_548.012 dabei, daß hier jede Deutung durch den Erzähler pse_548.013 fehle. Natürlich kann in einem Buch die Person wechseln, pse_548.014 deren Bewußtseinsstrom dargestellt wird. Als Beispiel kann pse_548.015 etwa vor allem V. Woolfs »Mrs. Dalloway« dienen, aber auch pse_548.016 andere Romane dieser Dichterin und bis zu einem gewissen pse_548.017 Grad auch »Der Tod des Vergil« von Hermann Broch. Man pse_548.018 hat nun zu fragen, worin die künstlerische Eigenart und Möglichkeit pse_548.019 solcher Gestaltung besteht, worin also solche Technik pse_548.020 sich von psychologischer Registrierung unterscheidet. Zunächst pse_548.021 vermag der echte Sprachkünstler solche Darstellungen pse_548.022 in den Bereich der reinen Sprachkunst zu heben. Er vermag pse_548.023 durch den Rhythmus, den Satzablauf, durch die Aufeinanderfolge pse_548.024 von Ausrufen, Anrufen und Bildern sogleich eine seelische pse_548.025 Lage in ihrer Fülle zu formen und in ihrem Ablauf fühlbar pse_548.026 zu machen. Vor allem aber sind die sprachlichen Bilder pse_548.027 imstande, solche Vorgänge kraftvoll herauszuformen und pse_548.028 damit dem Innersten zugänglich zu machen. Es ist eine Darstellung, pse_548.029 die wirklich das Innerste eines Menschen gestaltet pse_548.030 und damit zugleich durch die Eigentümlichkeit der Sprache pse_548.031 überhaupt verwesentlicht. Solche Darstellung ist aber zugleich pse_548.032 künstlerische Gestaltung im Großen. Zunächst liegt trotz pse_548.033 allem doch eine Deutung durch den Erzähler vor, denn die pse_548.034 Auswahl dessen, was er da im Bewußtsein der von ihm geschaffenen pse_548.035 Personen ablaufen läßt, ist seine Gestaltung, und pse_548.036 zugleich wird dadurch die Art dieser Person deutlich. Ferner pse_548.037 hängt es nun vom Dichter ab, wie er diese Abläufe folgen pse_548.038 läßt, wie er sie in eine bestimmte Bewegung mit Wellenbergen
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dadurch für uns, was sie innerlich bewegt. Es wird also nicht pse_548.002
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Bewußtseinsstroms (stream of consciousness technique). Die pse_548.006
Vorgänge der Seele, Gefühle, Strebungen, Willensimpulse, pse_548.007
Gedanken, Urteile, Wahrnehmungen, Vorstellungen usw. pse_548.008
werden in der Fülle, Verquicktheit und oft scheinbaren Verworrenheit, pse_548.009
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auf längere Strecken oder durch ein ganzes Buch beinahe pse_548.011
peinlich genau registriert und sprachlich dargestellt. Man behauptet pse_548.012
dabei, daß hier jede Deutung durch den Erzähler pse_548.013
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deren Bewußtseinsstrom dargestellt wird. Als Beispiel kann pse_548.015
etwa vor allem V. Woolfs »Mrs. Dalloway« dienen, aber auch pse_548.016
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die wirklich das Innerste eines Menschen gestaltet pse_548.030
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überhaupt verwesentlicht. Solche Darstellung ist aber zugleich pse_548.032
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/564>, abgerufen am 22.11.2024.
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