Im Deutschen wird er zum jambischen Sechtstakter mit dem pse_200.002 gleichen scharfen Einschnitt in der Mitte:
pse_200.003
Der schnelle Tag ist hin; die Nacht schwingt ihre Fahn ..
(Gryphius)
pse_200.004
Diese Zweischenkligkeit gibt ihm den gewissen starren, aber pse_200.005 feierlichen Gang. Nun aber hat man erkannt, daß auch im pse_200.006 Französischen der Alexandriner ein freieres Grundgerüst pse_200.007 haben kann, besonders in neuerer Zeit: in jeder Hälfte zwei pse_200.008 Takte mit Freiheit der Senkungssilben. Dadurch gewinnt pse_200.009 er große Beweglichkeit aus dem Gehalt. Zwei Verse nach pse_200.010 Grammont (Le vers francais) mit dessen Takteinteilung:
pse_200.011
Il etait nu / comme Eve || a son premier / peche.pse_200.012 Nu / comme un plat d'argent ||, nu / comme un mur d'eglise.
pse_200.013
Wie herrlich über dem Grundgerüst sich auch der deutsche pse_200.014 Alexandriner erheben kann, haben R. A. Schröders Übersetzungen pse_200.015 Corneilles und Racines gezeigt.
pse_200.016 Die Strophenformen, also Gebilde mit dem Prinzip der pse_200.017 Wiederkehr, haben auch bestimmte künstlerische Wirkungen. pse_200.018 Das Gepräge einer Strophe tritt um so leichter hervor, pse_200.019 je stärker die einzelnen Formelemente durchdringen. Es pse_200.020 wirkt ähnlich wie das rhythmische Schema gleichsam als pse_200.021 Untergrund und ermöglicht verschiedene Abwandlungen: pse_200.022 nicht nur im zeitlichen Verlauf, sondern auch aus dem Gehalt. pse_200.023 Wie jede Strophe ihren Charakter hat, das kann man pse_200.024 an dem mehr virtuosenhaften Versuch Weinhebers ersehen, pse_200.025 der eine Hölderlinsche Ode einmal in verschiedene Strophenformen pse_200.026 umwandelte und dabei auch den Gehalt veränderte.
pse_200.027 Drei wichtige Formen kennen wir. 1. Das Distichon. Die pse_200.028 Verbindung eines Hexameters mit einem Pentameter (dritter pse_200.029 und sechster Takt besteht bloß aus einer Hebung, sonst wie pse_200.030 Hexameter) zeigt eine wunderbare Vollendung und Geschlossenheit pse_200.031 von eindringlicher Rundung:
pse_200.032
Alle Gestalten sind ähnlich, und keine gleichet der andern;pse_200.033 Und so deutet das Chor auf ein geheimes Gesetz.
pse_200.034 (Goethe, Metamorphose der Pflanze)
pse_200.035
Die Form hat einen so kraftvoll-eindeutigen Abschluß, daß pse_200.036 nur selten auch in großen Distichongedichten der Satz über
pse_200.001
Im Deutschen wird er zum jambischen Sechtstakter mit dem pse_200.002 gleichen scharfen Einschnitt in der Mitte:
pse_200.003
Der schnelle Tag ist hin; die Nacht schwingt ihre Fahn ..
(Gryphius)
pse_200.004
Diese Zweischenkligkeit gibt ihm den gewissen starren, aber pse_200.005 feierlichen Gang. Nun aber hat man erkannt, daß auch im pse_200.006 Französischen der Alexandriner ein freieres Grundgerüst pse_200.007 haben kann, besonders in neuerer Zeit: in jeder Hälfte zwei pse_200.008 Takte mit Freiheit der Senkungssilben. Dadurch gewinnt pse_200.009 er große Beweglichkeit aus dem Gehalt. Zwei Verse nach pse_200.010 Grammont (Le vers français) mit dessen Takteinteilung:
pse_200.011
Il était nu / comme Eve ‖ à son premier / péché.pse_200.012 Nu / comme un plat d'argent ‖, nu / comme un mur d'église.
pse_200.013
Wie herrlich über dem Grundgerüst sich auch der deutsche pse_200.014 Alexandriner erheben kann, haben R. A. Schröders Übersetzungen pse_200.015 Corneilles und Racines gezeigt.
pse_200.016 Die Strophenformen, also Gebilde mit dem Prinzip der pse_200.017 Wiederkehr, haben auch bestimmte künstlerische Wirkungen. pse_200.018 Das Gepräge einer Strophe tritt um so leichter hervor, pse_200.019 je stärker die einzelnen Formelemente durchdringen. Es pse_200.020 wirkt ähnlich wie das rhythmische Schema gleichsam als pse_200.021 Untergrund und ermöglicht verschiedene Abwandlungen: pse_200.022 nicht nur im zeitlichen Verlauf, sondern auch aus dem Gehalt. pse_200.023 Wie jede Strophe ihren Charakter hat, das kann man pse_200.024 an dem mehr virtuosenhaften Versuch Weinhebers ersehen, pse_200.025 der eine Hölderlinsche Ode einmal in verschiedene Strophenformen pse_200.026 umwandelte und dabei auch den Gehalt veränderte.
pse_200.027 Drei wichtige Formen kennen wir. 1. Das Distichon. Die pse_200.028 Verbindung eines Hexameters mit einem Pentameter (dritter pse_200.029 und sechster Takt besteht bloß aus einer Hebung, sonst wie pse_200.030 Hexameter) zeigt eine wunderbare Vollendung und Geschlossenheit pse_200.031 von eindringlicher Rundung:
pse_200.032
Alle Gestalten sind ähnlich, und keine gleichet der andern;pse_200.033 Und so deutet das Chor auf ein geheimes Gesetz.
pse_200.034 (Goethe, Metamorphose der Pflanze)
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Der schnelle Tag ist hin; die Nacht schwingt ihre Fahn ..
(Gryphius)
pse_200.004
Diese Zweischenkligkeit gibt ihm den gewissen starren, aber pse_200.005
feierlichen Gang. Nun aber hat man erkannt, daß auch im pse_200.006
Französischen der Alexandriner ein freieres Grundgerüst pse_200.007
haben kann, besonders in neuerer Zeit: in jeder Hälfte zwei pse_200.008
Takte mit Freiheit der Senkungssilben. Dadurch gewinnt pse_200.009
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Grammont (Le vers français) mit dessen Takteinteilung:
pse_200.011
Il était nu / comme Eve ‖ à son premier / péché. pse_200.012
Nu / comme un plat d'argent ‖, nu / comme un mur d'église.
pse_200.013
Wie herrlich über dem Grundgerüst sich auch der deutsche pse_200.014
Alexandriner erheben kann, haben R. A. Schröders Übersetzungen pse_200.015
Corneilles und Racines gezeigt.
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Die Strophenformen, also Gebilde mit dem Prinzip der pse_200.017
Wiederkehr, haben auch bestimmte künstlerische Wirkungen. pse_200.018
Das Gepräge einer Strophe tritt um so leichter hervor, pse_200.019
je stärker die einzelnen Formelemente durchdringen. Es pse_200.020
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Untergrund und ermöglicht verschiedene Abwandlungen: pse_200.022
nicht nur im zeitlichen Verlauf, sondern auch aus dem Gehalt. pse_200.023
Wie jede Strophe ihren Charakter hat, das kann man pse_200.024
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umwandelte und dabei auch den Gehalt veränderte.
pse_200.027
Drei wichtige Formen kennen wir. 1. Das Distichon. Die pse_200.028
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und sechster Takt besteht bloß aus einer Hebung, sonst wie pse_200.030
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pse_200.032
Alle Gestalten sind ähnlich, und keine gleichet der andern; pse_200.033
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(Goethe, Metamorphose der Pflanze)
pse_200.035
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/216>, abgerufen am 24.11.2024.
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