pse_182.001 einer Wortgruppe, in einem Laut innerhalb eines Wortes. pse_182.002 Ein solcher Laut gewinnt in einem solchen Zusammenhang pse_182.003 gleichsam Selbstwert, je häufiger er wiederkehrt, desto eindringlicher pse_182.004 wirkt er.
pse_182.005 Damit kommen wir zur Frage nach dem Sinngehalt der pse_182.006 Laute. Mit ihm hat sich die Sprachwissenschaft seit Plato und pse_182.007 haben sich die Dichter immer wieder abgegeben. Da ein pse_182.008 Laut eine ganz gefühlsunmittelbare Reaktion ist, scheint eine pse_182.009 Sinndeutung der Laute möglich zu sein. Aber man muß pse_182.010 dabei folgendes beachten: in der Mühle des Alltagsverkehrs pse_182.011 verlieren Laute jeden Sinnwert; nicht im Affekt: man höre, pse_182.012 wie man in der Erregung die t-Laute in "Trottel" und "Depp" pse_182.013 spricht. Weiter: man muß immer das Lautganze in einem pse_182.014 Sprachgebilde beachten, einzelne Laute wirken stärker, andere pse_182.015 schwächer. Zugleich darf man Laute nicht zu scharf und eng pse_182.016 deuten. Man sollte zur Urgeste der einzelnen Laute aus dem pse_182.017 Vergleich vieler Worte in vielen Sprachen, die denselben pse_182.018 Laut aufweisen, vordringen können, nicht ein sehr spezielles pse_182.019 Gefühl einem Laute zumessen. Die Goetheschen Urphänomene pse_182.020 sollten greifbar werden. Dabei sind Vergleiche lehrreich: pse_182.021 das lateinische Wort "felis" geht auf einen anders gestimmten pse_182.022 Erfassungsakt zurück als das Wort "Katze", derselbe Gegenstand pse_182.023 wird beidemal anders erlebt und sprachlich geprägt. pse_182.024 Oder: man versuche in Rilkes Bild "der Glieder angespannte pse_182.025 Stille" das Wort "Ruhe" einzusetzen, in Goethes "Über allen pse_182.026 Gipfeln ist Ruh" das Wort "Stille", um zu erkennen, wie schon pse_182.027 im Lautlichen das eine Mal die Angespanntheit des Horchens, pse_182.028 das andere Mal die Gelöstheit des Friedens Gestalt gewinnt.
pse_182.029 Von den Lautungswerten des Zeitablaufs ist der umfassendste pse_182.030 und entscheidendste der Rhythmus. Um sein Wesen zu pse_182.031 erfassen, gehen wir vom Akzent aus, unter dem wir die Gewichtigkeitsabstufung pse_182.032 der Rede meinen, daß nicht alle lautlichen pse_182.033 Teile einer Rede mit demselben Gewicht gesprochen pse_182.034 werden. Es gibt da verschiedene Stufen. Die Gewichtigkeit pse_182.035 kann lautlich Gestalt gewinnen durch Lautheit, Silbendauer, pse_182.036 Höhe eines Lautes usw. Wie diese Kräfte zusammenwirken, pse_182.037 ist in einzelnen Sprachen verschieden. Rhythmus ist teils umfassender, pse_182.038 teils enger bestimmt als Akzent. Denn Rhythmus
pse_182.001 einer Wortgruppe, in einem Laut innerhalb eines Wortes. pse_182.002 Ein solcher Laut gewinnt in einem solchen Zusammenhang pse_182.003 gleichsam Selbstwert, je häufiger er wiederkehrt, desto eindringlicher pse_182.004 wirkt er.
pse_182.005 Damit kommen wir zur Frage nach dem Sinngehalt der pse_182.006 Laute. Mit ihm hat sich die Sprachwissenschaft seit Plato und pse_182.007 haben sich die Dichter immer wieder abgegeben. Da ein pse_182.008 Laut eine ganz gefühlsunmittelbare Reaktion ist, scheint eine pse_182.009 Sinndeutung der Laute möglich zu sein. Aber man muß pse_182.010 dabei folgendes beachten: in der Mühle des Alltagsverkehrs pse_182.011 verlieren Laute jeden Sinnwert; nicht im Affekt: man höre, pse_182.012 wie man in der Erregung die t-Laute in »Trottel« und »Depp« pse_182.013 spricht. Weiter: man muß immer das Lautganze in einem pse_182.014 Sprachgebilde beachten, einzelne Laute wirken stärker, andere pse_182.015 schwächer. Zugleich darf man Laute nicht zu scharf und eng pse_182.016 deuten. Man sollte zur Urgeste der einzelnen Laute aus dem pse_182.017 Vergleich vieler Worte in vielen Sprachen, die denselben pse_182.018 Laut aufweisen, vordringen können, nicht ein sehr spezielles pse_182.019 Gefühl einem Laute zumessen. Die Goetheschen Urphänomene pse_182.020 sollten greifbar werden. Dabei sind Vergleiche lehrreich: pse_182.021 das lateinische Wort »felis« geht auf einen anders gestimmten pse_182.022 Erfassungsakt zurück als das Wort »Katze«, derselbe Gegenstand pse_182.023 wird beidemal anders erlebt und sprachlich geprägt. pse_182.024 Oder: man versuche in Rilkes Bild »der Glieder angespannte pse_182.025 Stille« das Wort »Ruhe« einzusetzen, in Goethes »Über allen pse_182.026 Gipfeln ist Ruh« das Wort »Stille«, um zu erkennen, wie schon pse_182.027 im Lautlichen das eine Mal die Angespanntheit des Horchens, pse_182.028 das andere Mal die Gelöstheit des Friedens Gestalt gewinnt.
pse_182.029 Von den Lautungswerten des Zeitablaufs ist der umfassendste pse_182.030 und entscheidendste der Rhythmus. Um sein Wesen zu pse_182.031 erfassen, gehen wir vom Akzent aus, unter dem wir die Gewichtigkeitsabstufung pse_182.032 der Rede meinen, daß nicht alle lautlichen pse_182.033 Teile einer Rede mit demselben Gewicht gesprochen pse_182.034 werden. Es gibt da verschiedene Stufen. Die Gewichtigkeit pse_182.035 kann lautlich Gestalt gewinnen durch Lautheit, Silbendauer, pse_182.036 Höhe eines Lautes usw. Wie diese Kräfte zusammenwirken, pse_182.037 ist in einzelnen Sprachen verschieden. Rhythmus ist teils umfassender, pse_182.038 teils enger bestimmt als Akzent. Denn Rhythmus
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einer Wortgruppe, in einem Laut innerhalb eines Wortes. pse_182.002
Ein solcher Laut gewinnt in einem solchen Zusammenhang pse_182.003
gleichsam Selbstwert, je häufiger er wiederkehrt, desto eindringlicher pse_182.004
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pse_182.005
Damit kommen wir zur Frage nach dem Sinngehalt der pse_182.006
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Laut eine ganz gefühlsunmittelbare Reaktion ist, scheint eine pse_182.009
Sinndeutung der Laute möglich zu sein. Aber man muß pse_182.010
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wie man in der Erregung die t-Laute in »Trottel« und »Depp« pse_182.013
spricht. Weiter: man muß immer das Lautganze in einem pse_182.014
Sprachgebilde beachten, einzelne Laute wirken stärker, andere pse_182.015
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Vergleich vieler Worte in vielen Sprachen, die denselben pse_182.018
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Erfassungsakt zurück als das Wort »Katze«, derselbe Gegenstand pse_182.023
wird beidemal anders erlebt und sprachlich geprägt. pse_182.024
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Von den Lautungswerten des Zeitablaufs ist der umfassendste pse_182.030
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/198>, abgerufen am 22.11.2024.
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