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Seckendorff, Veit Ludwig von: Teutscher Fürsten Stat. Frankfurt (Main), 1656.

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Anderer Theil.

4. Ob wol andere hohe Potentaten die keinen Oberherrn in der Welt ha-
ben/ an Christliche Tugenden/ Zucht vnd Erbarkeit/ auch das jenige was an-
dern Leuten ins gemein recht oder vnrecht ist/ oder mit einem Wort an Gött-
liche natürliche vnd aller Völcker recht auch gebunden sind/ so kan man doch in
den wenigsten Fällen/ wenn sie da wieder handeln in dieser Welt sich an ihnen
erholen/ sondern wer zu mahl schwach/ oder Jhr Vnterthan ist/ der muß Jhre
Fähler vnd gewalt Thaten mehrentheils dem Gerechten GOtt zu seiner Zeit zu
richten heim stellen/ Ein Fürst aber des Reichs ist schuldig vnd verbunden dem
jenigen den er beleydiget vnd vnrecht thut/ vnd wieder Recht vnd seine Freyheit
vnd Privilegia, die er etwan rechtmässig erlanget hat/ beschweret/ auff dessen
Klage nach Gelegenheit vnd vnterschied der Falle/ auch des herkommens/ vor des
Reichs hohen Gerichten/ oder in andere Wege wie es diß fals die Reichs. Satzun-
gen vermögen zu antwortten/ vnd was Jhm daselbst entlich zu oder aberkennet
wird/ zu ihun vnd zu lassen/ Also daß sie solcher gestalt die Teutschen Lands-
Herrn nicht allein an oben gemeldete sondern auch die im Röm Reich übliche
sonderbare Rechte vnd gebräuche gewiesen seynd/ vnd darnach Gerechtfertiget
werden/ Doch haben dißfals die Fürsten vnd Herrn vor andern geringen Per-
sonen einen Vorzug/ daß Sie auff gewisse weise vnnd an gewissen Orten nem-
lich nach Vnterschied der Sachen vor einem andern Fürsten des Reichs/
den sie zu einem außträglichen Richter erwehlet oder vor Jhren eigenen
Räthen/ oder am Keyserlichen Hoffe/ oder Kammer-Gericht in Klage ge-
nommen werden/ auch gegen andere Klagen/ damit Jhre angelegenheiten
zu erhaltung Jhres Respects vnd Stats desto wichtiger vnd zur gnüge betrach-
tet vnd Sie nicht vbereylt werden/ wie solches auß des H. Reichs Kammer-
Gerichts Ordnung vnd anderen vom Zustand vnd verfassung des Römischen
Reichs außgegangen Büchern weitläufftig zu befinden.

Bey dem andern Punct da wir gesaget/ daß der Lands-Fürst Macht habe3.
Wie wegen
der Reichs
Satzungen
die Lands-
Fürstliche
Ordnungen
zu mässigen
sind.

Gesetze vnd Ordnung zu machen/ hat er wegen des Reichs über Jhn schwebenden
Bottmässigkeit dahin zu sehen/ daß solche Ordnungen vnd Gesetze nit wieder
die jenigen Gesetze vnnd Ordnungen/ welche dem gantzen Teutschlande durch
Keys. Mayst. vnd die sämptlichen Stände vorgeschrieben/ sondern viel mehr
denselben gemäß vnd nachfolgig seyn/ Es were denn daß Er dieselbe auff seiner
Lande Zustand vmbständlicher vnd genawer einrichten wolte/ oder es were eine
Sache in den Reichs-Ordnungen nicht berühret/ sondern im Mittel gelassen/
oder beträffe eine zweiffel hafftige Rechts frage/ die einer Erklärung bedörffte/
oder es were das Gegenspiel durch lange gewonheiten oder Begnadigung des
Keysers vnd des Reichs in seinem Fürstenthum vnd Land iederzeit gebräuch-
lich gewesen.

Ja
C iij
Anderer Theil.

4. Ob wol andere hohe Potentaten die keinen Oberherrn in der Welt ha-
ben/ an Chriſtliche Tugenden/ Zucht vnd Erbarkeit/ auch das jenige was an-
dern Leuten ins gemein recht oder vnrecht iſt/ oder mit einem Wort an Goͤtt-
liche natuͤrliche vnd aller Voͤlcker recht auch gebunden ſind/ ſo kan man doch in
den wenigſten Faͤllen/ wenn ſie da wieder handeln in dieſer Welt ſich an ihnen
erholen/ ſondern wer zu mahl ſchwach/ oder Jhr Vnterthan iſt/ der muß Jhre
Faͤhler vnd gewalt Thaten mehrentheils dem Gerechten GOtt zu ſeiner Zeit zu
richten heim ſtellen/ Ein Fuͤrſt aber des Reichs iſt ſchuldig vnd verbunden dem
jenigen den er beleydiget vnd vnrecht thut/ vnd wieder Recht vnd ſeine Freyheit
vnd Privilegia, die er etwan rechtmaͤſſig erlanget hat/ beſchweret/ auff deſſen
Klage nach Gelegenheit vnd vnterſchied der Falle/ auch des herkom̃ens/ vor des
Reichs hohen Gerichtẽ/ oder in andere Wege wie es diß fals die Reichs. Satzun-
gen vermoͤgen zu antwortten/ vnd was Jhm daſelbſt entlich zu oder aberkennet
wird/ zu ihun vnd zu laſſen/ Alſo daß ſie ſolcher geſtalt die Teutſchen Lands-
Herrn nicht allein an oben gemeldete ſondern auch die im Roͤm Reich uͤbliche
ſonderbare Rechte vnd gebraͤuche gewieſen ſeynd/ vnd darnach Gerechtfertiget
werden/ Doch haben dißfals die Fuͤrſten vnd Herrn vor andern geringen Per-
ſonen einen Vorzug/ daß Sie auff gewiſſe weiſe vnnd an gewiſſen Orten nem-
lich nach Vnterſchied der Sachen vor einem andern Fuͤrſten des Reichs/
den ſie zu einem außtraͤglichen Richter erwehlet oder vor Jhren eigenen
Raͤthen/ oder am Keyſerlichen Hoffe/ oder Kammer-Gericht in Klage ge-
nommen werden/ auch gegen andere Klagen/ damit Jhre angelegenheiten
zu erhaltung Jhres Reſpects vnd Stats deſto wichtiger vnd zur gnuͤge betrach-
tet vnd Sie nicht vbereylt werden/ wie ſolches auß des H. Reichs Kammer-
Gerichts Ordnung vnd anderen vom Zuſtand vnd verfaſſung des Roͤmiſchen
Reichs außgegangen Buͤchern weitlaͤufftig zu befinden.

Bey dem andern Punct da wir geſaget/ daß der Lands-Fuͤrſt Macht habe3.
Wie wegẽ
der Reichs
Satzungen
die Lands-
Fuͤrſtliche
Ordnungẽ
zu maͤſſigen
ſind.

Geſetze vñ Ordnung zu machen/ hat er wegen des Reichs uͤber Jhn ſchwebenden
Bottmaͤſſigkeit dahin zu ſehen/ daß ſolche Ordnungen vnd Geſetze nit wieder
die jenigen Geſetze vnnd Ordnungen/ welche dem gantzen Teutſchlande durch
Keyſ. Mayſt. vnd die ſaͤmptlichen Staͤnde vorgeſchrieben/ ſondern viel mehr
denſelben gemaͤß vnd nachfolgig ſeyn/ Es were denn daß Er dieſelbe auff ſeiner
Lande Zuſtand vmbſtaͤndlicher vnd genawer einrichten wolte/ oder es were eine
Sache in den Reichs-Ordnungen nicht beruͤhret/ ſondern im Mittel gelaſſen/
oder betraͤffe eine zweiffel hafftige Rechts frage/ die einer Erklaͤrung bedoͤrffte/
oder es were das Gegenſpiel durch lange gewonheiten oder Begnadigung des
Keyſers vnd des Reichs in ſeinem Fuͤrſtenthum vnd Land iederzeit gebraͤuch-
lich geweſen.

Ja
C iij
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[21/0065] Anderer Theil. 4. Ob wol andere hohe Potentaten die keinen Oberherrn in der Welt ha- ben/ an Chriſtliche Tugenden/ Zucht vnd Erbarkeit/ auch das jenige was an- dern Leuten ins gemein recht oder vnrecht iſt/ oder mit einem Wort an Goͤtt- liche natuͤrliche vnd aller Voͤlcker recht auch gebunden ſind/ ſo kan man doch in den wenigſten Faͤllen/ wenn ſie da wieder handeln in dieſer Welt ſich an ihnen erholen/ ſondern wer zu mahl ſchwach/ oder Jhr Vnterthan iſt/ der muß Jhre Faͤhler vnd gewalt Thaten mehrentheils dem Gerechten GOtt zu ſeiner Zeit zu richten heim ſtellen/ Ein Fuͤrſt aber des Reichs iſt ſchuldig vnd verbunden dem jenigen den er beleydiget vnd vnrecht thut/ vnd wieder Recht vnd ſeine Freyheit vnd Privilegia, die er etwan rechtmaͤſſig erlanget hat/ beſchweret/ auff deſſen Klage nach Gelegenheit vnd vnterſchied der Falle/ auch des herkom̃ens/ vor des Reichs hohen Gerichtẽ/ oder in andere Wege wie es diß fals die Reichs. Satzun- gen vermoͤgen zu antwortten/ vnd was Jhm daſelbſt entlich zu oder aberkennet wird/ zu ihun vnd zu laſſen/ Alſo daß ſie ſolcher geſtalt die Teutſchen Lands- Herrn nicht allein an oben gemeldete ſondern auch die im Roͤm Reich uͤbliche ſonderbare Rechte vnd gebraͤuche gewieſen ſeynd/ vnd darnach Gerechtfertiget werden/ Doch haben dißfals die Fuͤrſten vnd Herrn vor andern geringen Per- ſonen einen Vorzug/ daß Sie auff gewiſſe weiſe vnnd an gewiſſen Orten nem- lich nach Vnterſchied der Sachen vor einem andern Fuͤrſten des Reichs/ den ſie zu einem außtraͤglichen Richter erwehlet oder vor Jhren eigenen Raͤthen/ oder am Keyſerlichen Hoffe/ oder Kammer-Gericht in Klage ge- nommen werden/ auch gegen andere Klagen/ damit Jhre angelegenheiten zu erhaltung Jhres Reſpects vnd Stats deſto wichtiger vnd zur gnuͤge betrach- tet vnd Sie nicht vbereylt werden/ wie ſolches auß des H. Reichs Kammer- Gerichts Ordnung vnd anderen vom Zuſtand vnd verfaſſung des Roͤmiſchen Reichs außgegangen Buͤchern weitlaͤufftig zu befinden. Bey dem andern Punct da wir geſaget/ daß der Lands-Fuͤrſt Macht habe Geſetze vñ Ordnung zu machen/ hat er wegen des Reichs uͤber Jhn ſchwebenden Bottmaͤſſigkeit dahin zu ſehen/ daß ſolche Ordnungen vnd Geſetze nit wieder die jenigen Geſetze vnnd Ordnungen/ welche dem gantzen Teutſchlande durch Keyſ. Mayſt. vnd die ſaͤmptlichen Staͤnde vorgeſchrieben/ ſondern viel mehr denſelben gemaͤß vnd nachfolgig ſeyn/ Es were denn daß Er dieſelbe auff ſeiner Lande Zuſtand vmbſtaͤndlicher vnd genawer einrichten wolte/ oder es were eine Sache in den Reichs-Ordnungen nicht beruͤhret/ ſondern im Mittel gelaſſen/ oder betraͤffe eine zweiffel hafftige Rechts frage/ die einer Erklaͤrung bedoͤrffte/ oder es were das Gegenſpiel durch lange gewonheiten oder Begnadigung des Keyſers vnd des Reichs in ſeinem Fuͤrſtenthum vnd Land iederzeit gebraͤuch- lich geweſen. 3. Wie wegẽ der Reichs Satzungen die Lands- Fuͤrſtliche Ordnungẽ zu maͤſſigen ſind. Ja C iij

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Zitationshilfe: Seckendorff, Veit Ludwig von: Teutscher Fürsten Stat. Frankfurt (Main), 1656, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seckendorff_fuerstenstaat_1656/65>, abgerufen am 23.11.2024.