Neben derlei Experimenten hat die Kriegsverwaltung der Vereinigten Staaten nicht verabsäumt, auch für die Vermehrung ihres Küstenschutzmateriales zu sorgen, und man muß gestehen, daß nach dieser Richtung -- und zwar parallel mit den Fortschritten des Kriegsschiffbaues -- viel geleistet worden ist. Es war gerade die artilleristische Ausrüstung der früheren Kriegsschiffe, welche von fachmännischer Seite am abfälligsten beurtheilt wurde. Mit dem Material der Küstenvertheidi- gungswerke stand es noch weit schlimmer. Seit einigen Jahren ist hierin eine bedeutsame Wendung eingetreten. Es sind vornehmlich jene schweren, für Küsten- batterien bestimmten 12zölligen gezogenen Stahlhinterlader, welche im Arsenal zu Waterfield, New-York, fertiggestellt wurden, in Verwendung gekommen. Die Flugweite der 750 englische Pfund schweren Projectile reicht bis auf 11 englische Meilen, und sind dieselben im Stande, Panzerplatten von 30 Zoll (englisch) durchzuschlagen. Neben diesen 12zölligen Stahlhinterladerkanonen sind auch 8- und 10zöllige in Verwendung genommen worden. Große Aufmerksamkeit hat man ferner der Armirung der Küstenwerke mit weittragenden Mörsern geschenkt. Der Caliber der- selben ist gleichfalls 12 englische Zoll, die Tragweite der Projectile 6 englische Meilen. Diese Mörser sind in Gruppen in Versenkungen aufgestellt, so daß sie förmliche Salven abgeben können. Die Geschosse durchschlagen auf die angegebene Entfernung mit Leichtigkeit 4 1/2zöllige Panzerplatten, also die dicksten, welche zur Zeit als Verdeckpanzer in Anwendung kommen.
In den Vereinigten Staaten hat man früher als anderwärts erkannt, daß die Schießluken der Vertheidigungsgeschütze dem feindlichen Feuer willkommene Ziele abgeben, um jene zu demontiren. Auch "das Feuern über Bank" setzt das Geschütz dem feindlichen Feuer aus. Um diesen Uebelständen abzuhelfen, hat die Marineverwaltung vor mehreren Jahren eine Lafettentype zur allgemeinen Ein- führung für Hafen-Armirungen angenommen, welche es gestattet, das Geschütz hinter den Schutzwällen zu laden und sodann mittelst einer besonderen Vorrichtung über die Kante der Brustwehr zu heben, den Schuß zu bewerkstelligen und hierauf das Geschützrohr wieder herabzusenken, so daß dieses dem Blicke des Feindes gänzlich entzogen wird. Diese sogenannte Versenkungslafette rührt von Buffington und Crozier her. Nach dem ursprünglichen Programm (1894) sollten innerhalb sieben Jahren alle Vertheidigungswerke der großen Häfen an der atlantischen Küste der Unionsstaaten mit dieser Lafette ausgerüstet sein.
Die hier in Frage kommenden Geschütze sind 8zöllige Stahlgeschütze von großer Durchschlagskraft, die selbst Panzerplatten von stärkeren Dimensionen ge- fährlich werden können. Es ist von allgemeinem Interesse, die Einrichtung dieser Geschütze kennen zu lernen. Soll die Ladung der auf der Versenkungslafette ruhen- den Kanone erfolgen, so wird das Rohr durch Drehung eines Speichenrades aus seiner Hochstellung (im "Feuern über Bank") so weit herabgesenkt, daß das Projectil eingeführt werden kann, wobei ein kleiner Krahn in Action tritt. Nach bewirkter Ladung wird das Rohr in Hochstellung gebracht und ist somit schußbereit. Dies
Erſter Abſchnitt.
Neben derlei Experimenten hat die Kriegsverwaltung der Vereinigten Staaten nicht verabſäumt, auch für die Vermehrung ihres Küſtenſchutzmateriales zu ſorgen, und man muß geſtehen, daß nach dieſer Richtung — und zwar parallel mit den Fortſchritten des Kriegsſchiffbaues — viel geleiſtet worden iſt. Es war gerade die artilleriſtiſche Ausrüſtung der früheren Kriegsſchiffe, welche von fachmänniſcher Seite am abfälligſten beurtheilt wurde. Mit dem Material der Küſtenvertheidi- gungswerke ſtand es noch weit ſchlimmer. Seit einigen Jahren iſt hierin eine bedeutſame Wendung eingetreten. Es ſind vornehmlich jene ſchweren, für Küſten- batterien beſtimmten 12zölligen gezogenen Stahlhinterlader, welche im Arſenal zu Waterfield, New-York, fertiggeſtellt wurden, in Verwendung gekommen. Die Flugweite der 750 engliſche Pfund ſchweren Projectile reicht bis auf 11 engliſche Meilen, und ſind dieſelben im Stande, Panzerplatten von 30 Zoll (engliſch) durchzuſchlagen. Neben dieſen 12zölligen Stahlhinterladerkanonen ſind auch 8- und 10zöllige in Verwendung genommen worden. Große Aufmerkſamkeit hat man ferner der Armirung der Küſtenwerke mit weittragenden Mörſern geſchenkt. Der Caliber der- ſelben iſt gleichfalls 12 engliſche Zoll, die Tragweite der Projectile 6 engliſche Meilen. Dieſe Mörſer ſind in Gruppen in Verſenkungen aufgeſtellt, ſo daß ſie förmliche Salven abgeben können. Die Geſchoſſe durchſchlagen auf die angegebene Entfernung mit Leichtigkeit 4 ½zöllige Panzerplatten, alſo die dickſten, welche zur Zeit als Verdeckpanzer in Anwendung kommen.
In den Vereinigten Staaten hat man früher als anderwärts erkannt, daß die Schießluken der Vertheidigungsgeſchütze dem feindlichen Feuer willkommene Ziele abgeben, um jene zu demontiren. Auch »das Feuern über Bank« ſetzt das Geſchütz dem feindlichen Feuer aus. Um dieſen Uebelſtänden abzuhelfen, hat die Marineverwaltung vor mehreren Jahren eine Lafettentype zur allgemeinen Ein- führung für Hafen-Armirungen angenommen, welche es geſtattet, das Geſchütz hinter den Schutzwällen zu laden und ſodann mittelſt einer beſonderen Vorrichtung über die Kante der Bruſtwehr zu heben, den Schuß zu bewerkſtelligen und hierauf das Geſchützrohr wieder herabzuſenken, ſo daß dieſes dem Blicke des Feindes gänzlich entzogen wird. Dieſe ſogenannte Verſenkungslafette rührt von Buffington und Crozier her. Nach dem urſprünglichen Programm (1894) ſollten innerhalb ſieben Jahren alle Vertheidigungswerke der großen Häfen an der atlantiſchen Küſte der Unionsſtaaten mit dieſer Lafette ausgerüſtet ſein.
Die hier in Frage kommenden Geſchütze ſind 8zöllige Stahlgeſchütze von großer Durchſchlagskraft, die ſelbſt Panzerplatten von ſtärkeren Dimenſionen ge- fährlich werden können. Es iſt von allgemeinem Intereſſe, die Einrichtung dieſer Geſchütze kennen zu lernen. Soll die Ladung der auf der Verſenkungslafette ruhen- den Kanone erfolgen, ſo wird das Rohr durch Drehung eines Speichenrades aus ſeiner Hochſtellung (im »Feuern über Bank«) ſo weit herabgeſenkt, daß das Projectil eingeführt werden kann, wobei ein kleiner Krahn in Action tritt. Nach bewirkter Ladung wird das Rohr in Hochſtellung gebracht und iſt ſomit ſchußbereit. Dies
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Neben derlei Experimenten hat die Kriegsverwaltung der Vereinigten Staaten
nicht verabſäumt, auch für die Vermehrung ihres Küſtenſchutzmateriales zu ſorgen,
und man muß geſtehen, daß nach dieſer Richtung — und zwar parallel mit den
Fortſchritten des Kriegsſchiffbaues — viel geleiſtet worden iſt. Es war gerade die
artilleriſtiſche Ausrüſtung der früheren Kriegsſchiffe, welche von fachmänniſcher
Seite am abfälligſten beurtheilt wurde. Mit dem Material der Küſtenvertheidi-
gungswerke ſtand es noch weit ſchlimmer. Seit einigen Jahren iſt hierin eine
bedeutſame Wendung eingetreten. Es ſind vornehmlich jene ſchweren, für Küſten-
batterien beſtimmten 12zölligen gezogenen Stahlhinterlader, welche im Arſenal zu
Waterfield, New-York, fertiggeſtellt wurden, in Verwendung gekommen. Die Flugweite
der 750 engliſche Pfund ſchweren Projectile reicht bis auf 11 engliſche Meilen,
und ſind dieſelben im Stande, Panzerplatten von 30 Zoll (engliſch) durchzuſchlagen.
Neben dieſen 12zölligen Stahlhinterladerkanonen ſind auch 8- und 10zöllige in
Verwendung genommen worden. Große Aufmerkſamkeit hat man ferner der
Armirung der Küſtenwerke mit weittragenden Mörſern geſchenkt. Der Caliber der-
ſelben iſt gleichfalls 12 engliſche Zoll, die Tragweite der Projectile 6 engliſche
Meilen. Dieſe Mörſer ſind in Gruppen in Verſenkungen aufgeſtellt, ſo daß ſie
förmliche Salven abgeben können. Die Geſchoſſe durchſchlagen auf die angegebene
Entfernung mit Leichtigkeit 4 ½zöllige Panzerplatten, alſo die dickſten, welche zur
Zeit als Verdeckpanzer in Anwendung kommen.
In den Vereinigten Staaten hat man früher als anderwärts erkannt, daß
die Schießluken der Vertheidigungsgeſchütze dem feindlichen Feuer willkommene
Ziele abgeben, um jene zu demontiren. Auch »das Feuern über Bank« ſetzt das
Geſchütz dem feindlichen Feuer aus. Um dieſen Uebelſtänden abzuhelfen, hat die
Marineverwaltung vor mehreren Jahren eine Lafettentype zur allgemeinen Ein-
führung für Hafen-Armirungen angenommen, welche es geſtattet, das Geſchütz hinter
den Schutzwällen zu laden und ſodann mittelſt einer beſonderen Vorrichtung über
die Kante der Bruſtwehr zu heben, den Schuß zu bewerkſtelligen und hierauf das
Geſchützrohr wieder herabzuſenken, ſo daß dieſes dem Blicke des Feindes gänzlich
entzogen wird. Dieſe ſogenannte Verſenkungslafette rührt von Buffington
und Crozier her. Nach dem urſprünglichen Programm (1894) ſollten innerhalb
ſieben Jahren alle Vertheidigungswerke der großen Häfen an der atlantiſchen Küſte
der Unionsſtaaten mit dieſer Lafette ausgerüſtet ſein.
Die hier in Frage kommenden Geſchütze ſind 8zöllige Stahlgeſchütze von
großer Durchſchlagskraft, die ſelbſt Panzerplatten von ſtärkeren Dimenſionen ge-
fährlich werden können. Es iſt von allgemeinem Intereſſe, die Einrichtung dieſer
Geſchütze kennen zu lernen. Soll die Ladung der auf der Verſenkungslafette ruhen-
den Kanone erfolgen, ſo wird das Rohr durch Drehung eines Speichenrades aus
ſeiner Hochſtellung (im »Feuern über Bank«) ſo weit herabgeſenkt, daß das Projectil
eingeführt werden kann, wobei ein kleiner Krahn in Action tritt. Nach bewirkter
Ladung wird das Rohr in Hochſtellung gebracht und iſt ſomit ſchußbereit. Dies
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 772. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/854>, abgerufen am 23.11.2024.
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