man sah ein, daß sie einem solchen Hagel von ziemlich schweren Geschossen, wie sie von den schnellfeuernden Kanonen verfeuert werden, kaum gewachsen seien, und daß es ihnen nicht viel helfen würde, wenn sie sich auch mit denselben Geschützen be- wehren, weil diese gegen Schlachtschiffe kaum etwas ausrichten können. Und so ent- wickelte sich das letzte Stadium des homerischen Kampfes, die Suche nach Torpedo- fahrzeugen, die in der Nähe des Feindes auf kurze Zeit halb oder ganz unter- tauchen und damit der Wirkung der Geschosse entrückt sind. Sobald diese Frage gelöst sein wird, bekommt das Torpedoboot wieder Oberwasser. Wir sind aber von der Lösung noch ziemlich entfernt.
Zu den bekanntesten, bei den meisten Marinen eingeführten Schnellfeuer- geschützen zählt die Construction von Hotchkiß. Gleich Nordenfelt, dem Er- finder der verunglückten Mitrailleuse, und
[Abbildung]
Fig. 581.
Hotchkiß-Schnellfeuergeschütz.
Anderen (z. B. Gatling) ging Hotchkiß bei seinem Bestreben, den Kriegsschiffen ein wirksames Kampfmittel gegen die Tor- pedoboote zu liefern und das Feuer der Infanterie im Felde zu unterstützen, von dem alten Gedanken der Vereinigung mehrerer Läufe und der dadurch er- reichten erhöhten Schußleistung aus. So entstand das ursprüngliche Hotchkiß- Geschütz, welches unter anderen bei der deutschen Marine eingeführt ist, wo es den Namen 3.7 Centimeter-Revolver- kanoneführt. Wie aus der beigegebenen Abbildung (Fig. 580) ersichtlich, welche die 5.3 Centimeter-Kanone des Genannten veranschaulicht, gehen die zu einem Bündel vereinigten fünf Läufe beim Drehen vermittelst einer rechts sichtbaren seitlichen Kurbel vor einem feststehenden Rückstoß- boden vorbei, hinter welchem ein Schlagbolzenschloß und die Vorrichtungen für die Zufuhr und Abfuhr der Patronen liegen. Diese werden durch die Kurbel bewegt und es wird das Schloß ausgelöst, wenn ein Lauf die vorderste Stellung erreicht hat. Zu einem Schuß gehört also eine ganze Kurbelumdrehung, was natürlich eine geringe Feuergeschwindigkeit bedingt. Thatsächlich bringt es Hotchkiß mit diesem Geschütze nur auf etwa 80 Schuß in der Minute, also auf 16 Schuß aus jedem Rohre, während das gleichfalls ziemlich verbreitete zehnläufige Gatling-Geschütz 1000--1200 Schuß in 60 Secunden abgeben kann. Bei Hotchkiß erfolgt die Patronen- zufuhr durch Einlegen von einzelnen Patronen in den Ladetrichter, aus dem sie durch ihr eigenes Gewicht vor den Ladekolben fallen. Die Läufe sind beweglich und geben ein ununterbrochenes Feuer ab, während die französische Mitrailleuse und ihre Abarten salvenweise feuern und die Läufe hier fest sind. Diese Mitrailleuse
Das Geſchützweſen.
man ſah ein, daß ſie einem ſolchen Hagel von ziemlich ſchweren Geſchoſſen, wie ſie von den ſchnellfeuernden Kanonen verfeuert werden, kaum gewachſen ſeien, und daß es ihnen nicht viel helfen würde, wenn ſie ſich auch mit denſelben Geſchützen be- wehren, weil dieſe gegen Schlachtſchiffe kaum etwas ausrichten können. Und ſo ent- wickelte ſich das letzte Stadium des homeriſchen Kampfes, die Suche nach Torpedo- fahrzeugen, die in der Nähe des Feindes auf kurze Zeit halb oder ganz unter- tauchen und damit der Wirkung der Geſchoſſe entrückt ſind. Sobald dieſe Frage gelöſt ſein wird, bekommt das Torpedoboot wieder Oberwaſſer. Wir ſind aber von der Löſung noch ziemlich entfernt.
Zu den bekannteſten, bei den meiſten Marinen eingeführten Schnellfeuer- geſchützen zählt die Conſtruction von Hotchkiß. Gleich Nordenfelt, dem Er- finder der verunglückten Mitrailleuſe, und
[Abbildung]
Fig. 581.
Hotchkiß-Schnellfeuergeſchütz.
Anderen (z. B. Gatling) ging Hotchkiß bei ſeinem Beſtreben, den Kriegsſchiffen ein wirkſames Kampfmittel gegen die Tor- pedoboote zu liefern und das Feuer der Infanterie im Felde zu unterſtützen, von dem alten Gedanken der Vereinigung mehrerer Läufe und der dadurch er- reichten erhöhten Schußleiſtung aus. So entſtand das urſprüngliche Hotchkiß- Geſchütz, welches unter anderen bei der deutſchen Marine eingeführt iſt, wo es den Namen 3‧7 Centimeter-Revolver- kanoneführt. Wie aus der beigegebenen Abbildung (Fig. 580) erſichtlich, welche die 5‧3 Centimeter-Kanone des Genannten veranſchaulicht, gehen die zu einem Bündel vereinigten fünf Läufe beim Drehen vermittelſt einer rechts ſichtbaren ſeitlichen Kurbel vor einem feſtſtehenden Rückſtoß- boden vorbei, hinter welchem ein Schlagbolzenſchloß und die Vorrichtungen für die Zufuhr und Abfuhr der Patronen liegen. Dieſe werden durch die Kurbel bewegt und es wird das Schloß ausgelöſt, wenn ein Lauf die vorderſte Stellung erreicht hat. Zu einem Schuß gehört alſo eine ganze Kurbelumdrehung, was natürlich eine geringe Feuergeſchwindigkeit bedingt. Thatſächlich bringt es Hotchkiß mit dieſem Geſchütze nur auf etwa 80 Schuß in der Minute, alſo auf 16 Schuß aus jedem Rohre, während das gleichfalls ziemlich verbreitete zehnläufige Gatling-Geſchütz 1000—1200 Schuß in 60 Secunden abgeben kann. Bei Hotchkiß erfolgt die Patronen- zufuhr durch Einlegen von einzelnen Patronen in den Ladetrichter, aus dem ſie durch ihr eigenes Gewicht vor den Ladekolben fallen. Die Läufe ſind beweglich und geben ein ununterbrochenes Feuer ab, während die franzöſiſche Mitrailleuſe und ihre Abarten ſalvenweiſe feuern und die Läufe hier feſt ſind. Dieſe Mitrailleuſe
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Das Geſchützweſen.
man ſah ein, daß ſie einem ſolchen Hagel von ziemlich ſchweren Geſchoſſen, wie ſie
von den ſchnellfeuernden Kanonen verfeuert werden, kaum gewachſen ſeien, und daß
es ihnen nicht viel helfen würde, wenn ſie ſich auch mit denſelben Geſchützen be-
wehren, weil dieſe gegen Schlachtſchiffe kaum etwas ausrichten können. Und ſo ent-
wickelte ſich das letzte Stadium des homeriſchen Kampfes, die Suche nach Torpedo-
fahrzeugen, die in der Nähe des Feindes auf kurze Zeit halb oder ganz unter-
tauchen und damit der Wirkung der Geſchoſſe entrückt ſind. Sobald dieſe Frage
gelöſt ſein wird, bekommt das Torpedoboot wieder Oberwaſſer. Wir ſind aber von
der Löſung noch ziemlich entfernt.
Zu den bekannteſten, bei den meiſten Marinen eingeführten Schnellfeuer-
geſchützen zählt die Conſtruction von Hotchkiß. Gleich Nordenfelt, dem Er-
finder der verunglückten Mitrailleuſe, und
[Abbildung Fig. 581. Hotchkiß-Schnellfeuergeſchütz.]
Anderen (z. B. Gatling) ging Hotchkiß
bei ſeinem Beſtreben, den Kriegsſchiffen
ein wirkſames Kampfmittel gegen die Tor-
pedoboote zu liefern und das Feuer der
Infanterie im Felde zu unterſtützen, von
dem alten Gedanken der Vereinigung
mehrerer Läufe und der dadurch er-
reichten erhöhten Schußleiſtung aus. So
entſtand das urſprüngliche Hotchkiß-
Geſchütz, welches unter anderen bei der
deutſchen Marine eingeführt iſt, wo es
den Namen 3‧7 Centimeter-Revolver-
kanoneführt. Wie aus der beigegebenen
Abbildung (Fig. 580) erſichtlich, welche
die 5‧3 Centimeter-Kanone des Genannten
veranſchaulicht, gehen die zu einem Bündel vereinigten fünf Läufe beim Drehen
vermittelſt einer rechts ſichtbaren ſeitlichen Kurbel vor einem feſtſtehenden Rückſtoß-
boden vorbei, hinter welchem ein Schlagbolzenſchloß und die Vorrichtungen für die
Zufuhr und Abfuhr der Patronen liegen. Dieſe werden durch die Kurbel bewegt
und es wird das Schloß ausgelöſt, wenn ein Lauf die vorderſte Stellung erreicht
hat. Zu einem Schuß gehört alſo eine ganze Kurbelumdrehung, was natürlich eine
geringe Feuergeſchwindigkeit bedingt. Thatſächlich bringt es Hotchkiß mit dieſem
Geſchütze nur auf etwa 80 Schuß in der Minute, alſo auf 16 Schuß aus jedem
Rohre, während das gleichfalls ziemlich verbreitete zehnläufige Gatling-Geſchütz
1000—1200 Schuß in 60 Secunden abgeben kann. Bei Hotchkiß erfolgt die Patronen-
zufuhr durch Einlegen von einzelnen Patronen in den Ladetrichter, aus dem ſie
durch ihr eigenes Gewicht vor den Ladekolben fallen. Die Läufe ſind beweglich und
geben ein ununterbrochenes Feuer ab, während die franzöſiſche Mitrailleuſe und
ihre Abarten ſalvenweiſe feuern und die Läufe hier feſt ſind. Dieſe Mitrailleuſe
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 727. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/803>, abgerufen am 23.11.2024.
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