Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

Bild:
<< vorherige Seite

Dritter Abschnitt.
von dem englischen Ingenieur Winans eingeführte Cigarrenform. Als Material
dient gewöhnlich Stahlblech. Das Heben und Senken geschieht durch Aus- und
Einpumpen von Wasser in Verbindung mit auszulösenden Gewichten am Kiel für
den Fall, daß die Pumpmaschine gelegentlich einmal versagen sollte. Als Treib-
vorrichtung dient ausschließlich die Schiffsschraube; zum Lenken benützt man senk-
rechte und wagerechte Ruder. Da es besondere Schwierigkeiten verursacht, unter
Wasser eine bestimmte Richtung einzuhalten, und der Compaß zu diesem Zwecke
nicht genügt, besitzen die meisten Unterseeboote auf Deck einen kuppelförmigen, mit
Fenstern versehenen Commandothurm, durch welchen im geeigneten Augenblicke
auch rasch die Luft im Innenraume erneuert werden kann. Im Uebrigen erfolgt
die Luftversorgung ohne Schwierigkeit durch Mitnahme von comprimirter Luft.
[Abbildung] Fig. 525.

Nordenfelt-Boot. (Querschnitt.)

Außerdem besitzen diese Fahr-
zeuge entsprechende Vorrichtungen
zum Anbringen von Torpedos
an dem als Angriffsobject dienen-
den Schiffe, worauf sie sich in
sichere Entfernung zurückziehen
und durch einen Leitungsdraht
mittelst Elektricität die Explosion
bewirken. Die neuesten Unter-
seeboote sind, wie wir sehen
werden, nach einem anderen
Principe construirt.

Eine der ersten Construc-
tionen solcher Boote, welche der
Beachtung werth erschien, war jene des Schweden Thorsten Nordenfelt. Sein
submarines Fahrzeug hat im Großen und Ganzen die Cigarrenform; es ist 30.4 Meter
lang und hat einen Durchmesser von 3.6 Meter an der breitesten Stelle, von welcher
es sich nach den beiden Enden hin entsprechend verjüngt. Das Fahrzeug wird durch
Dampf bewegt, der, so lange es auf dem Wasser liegt, in gewöhnlichen Kesseln
erzeugt wird. Die Kesseln liefern mehr Dampf als verbraucht wird; derselbe
wird daher in besonderen Fangkesseln condensirt und giebt alsdann die bewegende
Kraft für die unterseeische Fahrt, die fünf bis sechs Stunden währen kann, was
jedenfalls ausreichend ist. Der Constructeur hatte im Auge, daß sein Fahrzeug sich
etwa 1500 bis 1000 Meter vom feindlichen Schiffe entfernt so weit versenken
sollte, daß nur die Glaskuppel des Commandothurmes über Wasser bliebe, um erst
bei einer Annäherung bis auf 500 Meter völlig unterzutauchen.

Nordenfelt hatte sein Boot für eine Tauchungstiefe von 19 Meter ge-
baut. In der Mitte befindet sich auf jeder Seite eine um eine senkrechte Achse
drehbare Taucherschraube, durch welche das Boot, nachdem man den Schornstein
abgenommen und die Oeffnung desselben geschlossen, bis auf die genannte Tiefe

Dritter Abſchnitt.
von dem engliſchen Ingenieur Winans eingeführte Cigarrenform. Als Material
dient gewöhnlich Stahlblech. Das Heben und Senken geſchieht durch Aus- und
Einpumpen von Waſſer in Verbindung mit auszulöſenden Gewichten am Kiel für
den Fall, daß die Pumpmaſchine gelegentlich einmal verſagen ſollte. Als Treib-
vorrichtung dient ausſchließlich die Schiffsſchraube; zum Lenken benützt man ſenk-
rechte und wagerechte Ruder. Da es beſondere Schwierigkeiten verurſacht, unter
Waſſer eine beſtimmte Richtung einzuhalten, und der Compaß zu dieſem Zwecke
nicht genügt, beſitzen die meiſten Unterſeeboote auf Deck einen kuppelförmigen, mit
Fenſtern verſehenen Commandothurm, durch welchen im geeigneten Augenblicke
auch raſch die Luft im Innenraume erneuert werden kann. Im Uebrigen erfolgt
die Luftverſorgung ohne Schwierigkeit durch Mitnahme von comprimirter Luft.
[Abbildung] Fig. 525.

Nordenfelt-Boot. (Querſchnitt.)

Außerdem beſitzen dieſe Fahr-
zeuge entſprechende Vorrichtungen
zum Anbringen von Torpedos
an dem als Angriffsobject dienen-
den Schiffe, worauf ſie ſich in
ſichere Entfernung zurückziehen
und durch einen Leitungsdraht
mittelſt Elektricität die Exploſion
bewirken. Die neueſten Unter-
ſeeboote ſind, wie wir ſehen
werden, nach einem anderen
Principe conſtruirt.

Eine der erſten Conſtruc-
tionen ſolcher Boote, welche der
Beachtung werth erſchien, war jene des Schweden Thorſten Nordenfelt. Sein
ſubmarines Fahrzeug hat im Großen und Ganzen die Cigarrenform; es iſt 30‧4 Meter
lang und hat einen Durchmeſſer von 3‧6 Meter an der breiteſten Stelle, von welcher
es ſich nach den beiden Enden hin entſprechend verjüngt. Das Fahrzeug wird durch
Dampf bewegt, der, ſo lange es auf dem Waſſer liegt, in gewöhnlichen Keſſeln
erzeugt wird. Die Keſſeln liefern mehr Dampf als verbraucht wird; derſelbe
wird daher in beſonderen Fangkeſſeln condenſirt und giebt alsdann die bewegende
Kraft für die unterſeeiſche Fahrt, die fünf bis ſechs Stunden währen kann, was
jedenfalls ausreichend iſt. Der Conſtructeur hatte im Auge, daß ſein Fahrzeug ſich
etwa 1500 bis 1000 Meter vom feindlichen Schiffe entfernt ſo weit verſenken
ſollte, daß nur die Glaskuppel des Commandothurmes über Waſſer bliebe, um erſt
bei einer Annäherung bis auf 500 Meter völlig unterzutauchen.

Nordenfelt hatte ſein Boot für eine Tauchungstiefe von 19 Meter ge-
baut. In der Mitte befindet ſich auf jeder Seite eine um eine ſenkrechte Achſe
drehbare Taucherſchraube, durch welche das Boot, nachdem man den Schornſtein
abgenommen und die Oeffnung desſelben geſchloſſen, bis auf die genannte Tiefe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0740" n="666"/><fw place="top" type="header">Dritter Ab&#x017F;chnitt.</fw><lb/>
von dem engli&#x017F;chen Ingenieur <hi rendition="#g">Winans</hi> eingeführte Cigarrenform. Als Material<lb/>
dient gewöhnlich Stahlblech. Das Heben und Senken ge&#x017F;chieht durch Aus- und<lb/>
Einpumpen von Wa&#x017F;&#x017F;er in Verbindung mit auszulö&#x017F;enden Gewichten am Kiel für<lb/>
den Fall, daß die Pumpma&#x017F;chine gelegentlich einmal ver&#x017F;agen &#x017F;ollte. Als Treib-<lb/>
vorrichtung dient aus&#x017F;chließlich die Schiffs&#x017F;chraube; zum Lenken benützt man &#x017F;enk-<lb/>
rechte und wagerechte Ruder. Da es be&#x017F;ondere Schwierigkeiten verur&#x017F;acht, unter<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er eine be&#x017F;timmte Richtung einzuhalten, und der Compaß zu die&#x017F;em Zwecke<lb/>
nicht genügt, be&#x017F;itzen die mei&#x017F;ten Unter&#x017F;eeboote auf Deck einen kuppelförmigen, mit<lb/>
Fen&#x017F;tern ver&#x017F;ehenen Commandothurm, durch welchen im geeigneten Augenblicke<lb/>
auch ra&#x017F;ch die Luft im Innenraume erneuert werden kann. Im Uebrigen erfolgt<lb/>
die Luftver&#x017F;orgung ohne Schwierigkeit durch Mitnahme von comprimirter Luft.<lb/><figure><head>Fig. 525.</head><p> Nordenfelt-Boot. (Quer&#x017F;chnitt.)</p></figure> Außerdem be&#x017F;itzen die&#x017F;e Fahr-<lb/>
zeuge ent&#x017F;prechende Vorrichtungen<lb/>
zum Anbringen von Torpedos<lb/>
an dem als Angriffsobject dienen-<lb/>
den Schiffe, worauf &#x017F;ie &#x017F;ich in<lb/>
&#x017F;ichere Entfernung zurückziehen<lb/>
und durch einen Leitungsdraht<lb/>
mittel&#x017F;t Elektricität die Explo&#x017F;ion<lb/>
bewirken. Die neue&#x017F;ten Unter-<lb/>
&#x017F;eeboote &#x017F;ind, wie wir &#x017F;ehen<lb/>
werden, nach einem anderen<lb/>
Principe con&#x017F;truirt.</p><lb/>
              <p>Eine der er&#x017F;ten Con&#x017F;truc-<lb/>
tionen &#x017F;olcher Boote, welche der<lb/>
Beachtung werth er&#x017F;chien, war jene des Schweden <hi rendition="#g">Thor&#x017F;ten Nordenfelt</hi>. Sein<lb/>
&#x017F;ubmarines Fahrzeug hat im Großen und Ganzen die Cigarrenform; es i&#x017F;t 30&#x2027;4 Meter<lb/>
lang und hat einen Durchme&#x017F;&#x017F;er von 3&#x2027;6 Meter an der breite&#x017F;ten Stelle, von welcher<lb/>
es &#x017F;ich nach den beiden Enden hin ent&#x017F;prechend verjüngt. Das Fahrzeug wird durch<lb/>
Dampf bewegt, der, &#x017F;o lange es auf dem Wa&#x017F;&#x017F;er liegt, in gewöhnlichen Ke&#x017F;&#x017F;eln<lb/>
erzeugt wird. Die Ke&#x017F;&#x017F;eln liefern mehr Dampf als verbraucht wird; der&#x017F;elbe<lb/>
wird daher in be&#x017F;onderen Fangke&#x017F;&#x017F;eln conden&#x017F;irt und giebt alsdann die bewegende<lb/>
Kraft für die unter&#x017F;eei&#x017F;che Fahrt, die fünf bis &#x017F;echs Stunden währen kann, was<lb/>
jedenfalls ausreichend i&#x017F;t. Der Con&#x017F;tructeur hatte im Auge, daß &#x017F;ein Fahrzeug &#x017F;ich<lb/>
etwa 1500 bis 1000 Meter vom feindlichen Schiffe entfernt &#x017F;o weit ver&#x017F;enken<lb/>
&#x017F;ollte, daß nur die Glaskuppel des Commandothurmes über Wa&#x017F;&#x017F;er bliebe, um er&#x017F;t<lb/>
bei einer Annäherung bis auf 500 Meter völlig unterzutauchen.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Nordenfelt</hi> hatte &#x017F;ein Boot für eine Tauchungstiefe von 19 Meter ge-<lb/>
baut. In der Mitte befindet &#x017F;ich auf jeder Seite eine um eine &#x017F;enkrechte Ach&#x017F;e<lb/>
drehbare Taucher&#x017F;chraube, durch welche das Boot, nachdem man den Schorn&#x017F;tein<lb/>
abgenommen und die Oeffnung des&#x017F;elben ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, bis auf die genannte Tiefe<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[666/0740] Dritter Abſchnitt. von dem engliſchen Ingenieur Winans eingeführte Cigarrenform. Als Material dient gewöhnlich Stahlblech. Das Heben und Senken geſchieht durch Aus- und Einpumpen von Waſſer in Verbindung mit auszulöſenden Gewichten am Kiel für den Fall, daß die Pumpmaſchine gelegentlich einmal verſagen ſollte. Als Treib- vorrichtung dient ausſchließlich die Schiffsſchraube; zum Lenken benützt man ſenk- rechte und wagerechte Ruder. Da es beſondere Schwierigkeiten verurſacht, unter Waſſer eine beſtimmte Richtung einzuhalten, und der Compaß zu dieſem Zwecke nicht genügt, beſitzen die meiſten Unterſeeboote auf Deck einen kuppelförmigen, mit Fenſtern verſehenen Commandothurm, durch welchen im geeigneten Augenblicke auch raſch die Luft im Innenraume erneuert werden kann. Im Uebrigen erfolgt die Luftverſorgung ohne Schwierigkeit durch Mitnahme von comprimirter Luft. [Abbildung Fig. 525. Nordenfelt-Boot. (Querſchnitt.)] Außerdem beſitzen dieſe Fahr- zeuge entſprechende Vorrichtungen zum Anbringen von Torpedos an dem als Angriffsobject dienen- den Schiffe, worauf ſie ſich in ſichere Entfernung zurückziehen und durch einen Leitungsdraht mittelſt Elektricität die Exploſion bewirken. Die neueſten Unter- ſeeboote ſind, wie wir ſehen werden, nach einem anderen Principe conſtruirt. Eine der erſten Conſtruc- tionen ſolcher Boote, welche der Beachtung werth erſchien, war jene des Schweden Thorſten Nordenfelt. Sein ſubmarines Fahrzeug hat im Großen und Ganzen die Cigarrenform; es iſt 30‧4 Meter lang und hat einen Durchmeſſer von 3‧6 Meter an der breiteſten Stelle, von welcher es ſich nach den beiden Enden hin entſprechend verjüngt. Das Fahrzeug wird durch Dampf bewegt, der, ſo lange es auf dem Waſſer liegt, in gewöhnlichen Keſſeln erzeugt wird. Die Keſſeln liefern mehr Dampf als verbraucht wird; derſelbe wird daher in beſonderen Fangkeſſeln condenſirt und giebt alsdann die bewegende Kraft für die unterſeeiſche Fahrt, die fünf bis ſechs Stunden währen kann, was jedenfalls ausreichend iſt. Der Conſtructeur hatte im Auge, daß ſein Fahrzeug ſich etwa 1500 bis 1000 Meter vom feindlichen Schiffe entfernt ſo weit verſenken ſollte, daß nur die Glaskuppel des Commandothurmes über Waſſer bliebe, um erſt bei einer Annäherung bis auf 500 Meter völlig unterzutauchen. Nordenfelt hatte ſein Boot für eine Tauchungstiefe von 19 Meter ge- baut. In der Mitte befindet ſich auf jeder Seite eine um eine ſenkrechte Achſe drehbare Taucherſchraube, durch welche das Boot, nachdem man den Schornſtein abgenommen und die Oeffnung desſelben geſchloſſen, bis auf die genannte Tiefe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/740
Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 666. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/740>, abgerufen am 22.11.2024.